Es ist 12.15 Uhr als im Bistum Würzburg die Glocken läuten. In der Stadtpfarrkirche Bad Neustadts genauso wie im mächtigen Kiliansdom in Würzburg. Weihbischof Ulrich Boom hatte am Morgen alle Pfarrgemeinden im Bistum dazu aufgerufen, diesen besonderen Moment akustisch zu begleiten. Als Boom um kurz nach Zwölf im Dom den Namen des neuen Würzburger Bischofs bekannt gibt, dominiert aber zunächst ein anderes Geräusch das Gotteshaus: Applaus.
Noch eine halbe Stunde zuvor geht es eher ruhig zu zwischen den Kirchenbänken. Während vorne in Altarnähe Journalisten ihre Kameras aufbauen und sich mit Mikrofonen in Position bringen, sind nur vereinzelt Plätze im Dom besetzt. Manch ein Besucher ist nur als Tourist dort. „Wir kommen aus Thailand und sind gerade per Bus und Zug in Europa unterwegs“, erzählt eine junge Frau auf Englisch, die gerade mit zwei Freundinen in einer der hinteren Reihen Platz genommen hat.
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Andere sind Gläubige und wissen nicht, was hier heute passieren soll. So wie eine Würzburgerin ein paar Reihen weiter vorne. Sie betet für einen Freund, der operiert wird. „Ich wusste nicht, dass heute der neue Bischof bekannt gegeben wird“, ist sie sichtlich überrascht. Bestimmt sei dies aber ein gutes Zeichen.
Größerer Arbeitseinsatz für den Sicherheitsdienst
Je näher der Uhrzeiger an die Zwölf heranrückt, umso mehr Menschen strömen in den Dom. Hier eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter – in der Hand ein Blumenstrauß –, dort eine ältere Frau, im Schlepptau ihr Mann und weitere Bekannte. Die Kirchenbänke füllen sich. „Ich habe heute Morgen über Facebook erfahren, dass der neue Bischof bekannt gegeben wird“, erzählt Michael Leis. Der 25-Jährige studiert Theologie in Würzburg und ist gleich mit mehreren Kommilitonen gekommen.
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Weitere Besucher haben die für Gläubige frohe Kunde am Morgen über Radio oder Internet erfahren. „Wir sind gleich losgefahren“, sagt ein älteres Ehepaar. Schließlich erlebe man das nicht alle Tage.
Es ist der 89. Bischof, der heute verkündet wird, weiß Isolde Kunz vom Sicherheitsdienst im Dom zu berichten. Sie und ihre Kollegen passen jeden Tag unter anderem auf, dass in der Kirche nichts gestohlen wird. Am frühen Morgen sei sie informiert worden, „dass es heute einen größeren Arbeitseinsatz im Dom gibt“. Den Grund habe man ihr aber nicht gesagt.
Ein liberaler Visionär
Um punkt 12 Uhr ist die Kirche voll besetzt. Es ist mucksmäuschenstill, als Weihbischof Boom übers Mikrofon verkündet, dass nach fünf Monaten der Sedisvakanz in Würzburg der Papst in Rom einen neuen Bischof ernannt hat. Als der Name Franz Jung fällt, applaudieren die Gläubigen, zu Ehren des neuen Würzburger Oberhirten erklingt die Orgel mit dem „Salve Regina“ („Gegrüßet seist du Königin“), der Weihbischof stimmt den Gesang an. Für wen hier geklatscht und gesungen wird, das wissen wohl nur die wenigsten im Dom. „Als der Weihbischof den Namen preisgab, haben wir gleich mal gegoogelt“, sagt etwa der Würzburger Gerold Neudert später lächelnd.
In Kirchenkreisen gilt der 51-jährige Jung, zuletzt Generalvikar des Bistums Speyer, als jemand der anpackt. Ein Liberaler mit Visionen. „Da vollzieht sich ein Generationenwechsel“, sagt der emeritierte Bischof Friedhelm Hofmann. „Jung ist so lange Priester, wie ich Bischof bin“, lacht der 75-Jährige. 1992 wurde Jung zum Priester, Hofmann zum Bischof geweiht.
Traditioneller Personaltausch zwischen Würzburg und Speyer
Auch dass Würzburg und Speyer aus personeller Sicht eine gemeinsame kirchengeschichtliche Vergangenheit haben, wissen an diesem Mittag wohl nur wenige im Dom. „Immer wieder hat es Priester gegeben, die aus der Diözese Würzburg zu Bischöfen von Speyer ernannt wurden“, erklärt Boom und erinnert an Michael Kardinal Faulhaber aus Heidenfeld (Lkr. Schweinfurt) und Anton Schlembach aus Großwenkheim (Lkr. Bad Kissingen). „Jetzt kommt ein Priester der Diözese Speyer zu uns.“
Um 12.15 Uhr läuten die Glocken des Kiliansdoms. Die Besucher strömen aus der Kirche. „Es ist beeindruckend, welche Macht dieses Glockengeläut ausstrahlt“, sagt Sabine Sorge aus Veitshöchheim (Lkr. Würzburg). Sie und ihr Mann sind noch ganz beeindruckt von der Zeremonie. „Das passiert ja nicht alle Tage.“ Sabine Sorge hofft, dass mit Jung frischer Wind ins Bistum einzieht. „Da er für solch einen hohen Geistlichen recht jung ist, bringt er bestimmt auch Kontinuität ins Amt. Ich wünsche ihm viel Erfolg“, sagt ihr Mann.