
Wenn Martin Rückert über die aktuellen Großprojekte bei Wolz Nautic spricht, tut er dies ganz sachlich. Der Stolz in seiner Stimme ist trotzdem nicht zu überhören. Rückert arbeitet im Vertrieb und ist Head of Business Development bei Wolz Nautic, beschäftigt sich also mit neuen Geschäftsfeldern und Produkten, die für das Unternehmen, das sich auf hochwertige Schiffsbodenbeläge spezialisiert hat, langfristig von Interesse sein könnten. In den vergangenen zwei Jahren konnte Wolz Nautic gleich drei Aufträge für Schiffe mit einer jeweils ganz besonderen Historie an Land ziehen, die das Unternehmen auch in neuen Kreisen bekannt machen.
Eigentlich gilt große Diskretion
Dass Rückert und seine Kollegen offen über ein Projekt reden können, ist in ihrer Branche eher selten. Hat man bei Wolz Nautic etwa einen Auftrag für das Schiffsdeck einer Megayacht erhalten, ist meist äußerste Diskretion gefragt. Die Eigner, darunter Oligarchen und Superreiche aus aller Welt, sind sehr verschlossen und zählen auf Verschwiegenheit.
Nun aber hat man in Acholshausen (Lkr. Würzburg) drei Großprojekte gleichzeitig in Arbeit – hinter denen zur Abwechslung keine vermögende Einzelperson steht. Das prestigeträchtigste ist die Mitarbeit an der Instandsetzung der Gorch Fock II. Das weltweit bekannte Segelschulschiff der Deutschen Marine, dessen Heimathafen Kiel ist, liegt seit einiger Zeit in Bremerhaven und wird dort an Rumpf, Deck, Takelage und Einrichtung überholt. „Es handelt sich um die größte und grundlegendste Instandsetzung in der Geschichte der Gorch Fock II“, sagt André Hofmann, Head of Marketing & Sales Series Yachts bei Wolz Nautic.
Neben den äußerlichen Reparaturen soll auch die Sicherheit des Schiffes verbessert werden – unter anderem die Kentersicherheit, die Kommunikationseinrichtungen und die Rettungsmittel.
Neue Technologie für die Gorch Fock II
Beim neuen Teakdeck kommt der Spezialist aus Acholshausen ins Spiel: Wolz Nautic ist mit der Vermessung, Fertigung und Verlegung des Decks beauftragt. Während das bisherige aus sehr starkem Teak bestand, soll beim neuen Deck ein spezieller 3D-gefräster Brandschutzkork als unterste Schicht eingesetzt werden. „Hier kommt eine Technologie zum Tragen, die wir uns über Jahre hinweg erarbeitet haben“, erklärt Martin Rückert. „Durch die neuen Materialien werden die Eigenschaften des Schiffes verändert.“
Die Vorteile von Kork liegen auf der Hand: Zum einen werden das Gewicht des Decks und der Schall verringert, zum anderen nur halb so viel Teakholz verwendet wie bisher – ein Gewinn im Hinblick auf Schnelligkeit und Nachhaltigkeit. „Kork hat sich seit einigen Jahren auf dem Markt durchgesetzt und ist für Wolz Nautic ein sehr zukunftsträchtiges Material“, bestätigt André Hofmann.
Achtköpfige Delegation kam zu Besuch
Für Wolz Nautic ist dieser Auftrag die erste Zusammenarbeit mit der Deutschen Marine. Zwei Tage lang war eine achtköpfige Delegation von Vertretern der Werft und der Marine in Gaukönigshofen und Langensteinach zu Besuch. „Von Seiten der Deutschen Marine wollte man auf Nummer sicher gehen, mit uns den richtigen Partner zu haben“, sagt Michael Wolz, Geschäftsführer von Wolz Nautic. „Auf dem Vorzeigeschiff soll alles passen.“ Dies gelte insbesondere fürs Schiffsdeck, auf das viele Menschen kommen: „Alles muss sauber und gut verarbeitet sein, das ist Pflicht.“ Die Gorch Fock ist kein Ausflugsschiff“, ergänzt Hofmann. An Deck wird gearbeitet, die Materialien müssen auch im Alltag funktionieren.
Beim Besuch im Werk in Langensteinach war selbst der Kapitän zur See Teil der Delegation. „Das ist nicht alltäglich und spiegelt die Wichtigkeit des Projektes wider“, sagt Wolz. Wie kommt man an ein Großprojekt wie das der Gorch Fock II? „Wir haben ein gutes Netzwerk in der Branche, gepaart mit Durchhaltevermögen in der Vertriebsarbeit“, erklärt Hofmann. Insbesondere der persönliche Kontakt zu Werften spiele eine Rolle. Der Auftrag für das Teakdeck der Gorch Fock II etwa wurde von der zuständigen Werft an Wolz Nautic herangetragen – auch wenn im Hintergrund als eigentlicher Kunde die Deutsche Marine steht.
Zwischen dem Erstkontakt im Herbst 2016 und der Vollendung des Projekts liegen zahlreiche Zwischenschritte: Die Vermessung ist für das Frühjahr 2018 geplant und geht dann nahtlos in die Fertigung und Montage über.
Was es mit der „Peking“ auf sich hat
Ende 2019, will man bei Wolz das zweite Großprojekt beendet haben: ein neues Schiffsdeck für die „Peking“ – laut Hofmann „eines der bekanntesten Segelschiffe weltweit“. 1911 wurde es in der Hamburger Werft Blohm & Voss erbaut und war zunächst als Frachtschiff zwischen Chile und Europa vorgesehen.
Nach zahlreichen Verkäufen und verschiedenen Verwendungen, unter anderem als Schulschiff, lag die Peking seit 1976 als Museumsschiff in New York. Als es für das mittlerweile völlig marode Schiff im New Yorker Hafen keinen Platz mehr gab, erklärte sich das Museum 2012 dazu bereit, es zu verschenken – für die Überführung in einen anderen Hafen hätte es aber zuerst für immense Kosten wieder instand gesetzt werden müssen.
Altes Schiff hat große Anziehungskraft im Norden
2015 beschloss man im Deutschen Bundestag, die Peking zurückzuholen und fachgerecht zu restaurieren, um sie danach der Öffentlichkeit im Deutschen Hafenmuseum in Hamburg zugänglich zu machen. Für das Projekt wurden 26 Millionen Euro bereitgestellt. „Für die norddeutsche maritime Gemeinschaft hat die Peking einen großen Stellenwert und übt eine große Anziehungskraft aus“, so Rückert.
Zudem ist das Schiff eines der letzten seiner Art: Weltweit gibt es nur noch vier baugleiche Exemplare. Im Sommer 2017 wurde die Peking mithilfe eines großen Dockschiffs über den Atlantik zurück nach Deutschland transportiert.
Nun soll das Schiff in den ursprünglichen Zustand rückversetzt werden – unter anderem durch das Schiffsdeck von Wolz Nautic: Um es so authentisch wie möglich aussehen zu lassen, besteht das neue Deck aus Oregon Pine, einer Holzart, die dem damals verwendeten Holz „Pitch Pine“ am ähnlichsten ist. Nach einer intensiven Vorabplanung hat man bei Wolz Nautic nun mit den ersten Arbeiten begonnen.
Auch das „Wahrzeichen der Bodenseeschifffahrt“ als Auftrag
Auch der dritte Auftrag von Wolz Nautic hat mit einem Schiff mit besonderer Historie zu tun: der MS Österreich. Das 1928 in Dienst gestellte „Motorschiff Österreich“ erhält eine Generalüberholung und wird in den Zustand von 1928 rückgebaut. So sollen künftige Passagiere einen Eindruck davon bekommen, wie sich das gesellschaftliche Leben auf dem Dampfer in den 1920er Jahren angefühlt haben könnte.
Das Holzdeck wird in Acholshausen gefertigt; im Spätsommer 2018 soll das Projekt abgeschlossen sein. Laut André Hofmann hat auch bei der MS Österreich das gewichts- und schallreduzierende 3-D-Korksystem des Unternehmens den Ausschlag für den Auftrag gegeben. „Die Bodenseenähe und die interessante Mischung der Projektverantwortlichen, darunter Vertreter aus Österreichs Politik und Industrie, machen das Ganze für uns besonders spannend“, so Martin Rückert.
Die MS Österreich war das erste größere Dieselmotorschiff auf dem Bodensee und wurde ursprünglich als „Luxus-Liner“ für Kursdienste und Sonderfahrten erbaut. Über viele Jahre war sein Kaffee- und Tanzsalon Anziehungspunkt für Besucher auf dem Bodensee. 1953 wurde das Schiff nach der Wiederinstandsetzung in Betrieb genommen und gilt seitdem als ein Wahrzeichen der Bodensee-Schifffahrt.
Wolz Nautic

