Eine angenehme Meeresbrise, Sonne, ein kühler Drink, kurzum: Urlaubsgefühle – diese Assoziationen dürften die meisten Menschen mit dem Anblick einer prächtigen Yacht verbinden. Wenn sich Michael Wolz auf einer Yacht befindet, hat er vor allem Augen für eines: den Boden. „Ich suche nach Fehlern anderer Firmen bei der Verarbeitung des Holzes an Deck – Berufskrankheit“, sagt er und lacht.
Michael Wolz und sein Bruder Andreas sind die Geschäftsführer von Wolz Nautic, einem Unternehmen mit Stammsitz in Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg), das sich auf die Herstellung von Teakdecks bei Motor- und Segelyachten spezialisiert hat. Mit 40 000 Quadratmetern Teakdeck, die dort im Jahr hergestellt werden, ist die Firma Weltmarktführer in der Sparte „Schiffsbodenbelag im Außenbereich“; vergleichbare Großproduzenten gibt es weltweit nur zwei bis drei. „Wir sind eine Manufaktur – noch kein industrieller, aber auch kein rein handwerklicher Betrieb mehr“, beschreibt Andreas Wolz sein Unternehmen.
Megayachten als „Sahnehäubchen“
In der Fertigungshalle von Wolz Nautic in Langensteinach riecht es angenehm nach Holz, gearbeitet wird dort unter anderem gerade an einem Auftrag für eine 106 Meter lange Yacht – mit 90 Metern Masthöhe. Es ist eines der größten Segelboote, das je für eine Privatperson gebaut wurde. Ab 100 Metern Länge spricht man von einer Gigayacht, „davon werden nur zirka fünf pro Jahr weltweit fertiggestellt, und zwar in der Regel in Deutschland oder Holland“, so Michael Wolz. „Bei fünf der zehn größten Megayacht-Werften sind wir Lieferant.“ Und auch bei Werften, die Segelyachten bzw. Serienboote herstellen – eine der größten ist Bavaria Yachtbau in Giebelstadt – sei Wolz Nautic gut im Geschäft.
„Serienyachten sind unser Hauptgeschäftsfeld“, sagt André Hofmann, Verantwortlicher für Marketing und Vertrieb im Bereich Serienyachten. Aufträge für Megayachten – als solche werden Boote ab 60 Meter Länge bezeichnet – kämen als „Sahnehäubchen“ dazu. Die Bauzeit für eine Megayacht beträgt etwa drei Jahre, „ein Jahr, ehe die Yacht an den Eigner abgeliefert wird, steigen wir mit unserer Arbeit ein“, so Hofmann.
Wer sich eine Mega- oder gar Gigayacht leistet, wolle vor allem eines: sich präsentieren. „Es geht darum, ein Unikat zu schaffen, etwas, das andere nicht haben“, erklärt Michael Wolz. Russische Oligarchen wie Roman Abramowitsch hätten eine Vorliebe für Motoryachten; Vermögende aus der IT-Branche würden dagegen Segelyachten bevorzugen. Mindestens eine Million Euro pro einem Meter Yacht kann man für derartige Unikate veranschlagen – eine Megayacht von 80 Metern Länge käme somit auf 80 Millionen Euro.
Bootsmarkt als Branche voller Emotionen
Als Trend in Sachen Individualität gelten Ornamente, die zum Teil aus mehreren Hundert Einzelteilen zusammengesetzt werden. „Wir können komplexe Ornamente aus Massivholz in Teakdecks integrieren“, sagt Hofmann. „Dazu setzen wir eine spezielle, per Computer gesteuerte Laser-Schneidanlage ein.“ Durch sie werden Ornamentdetails auf den Millimeter genau gefertigt; auch ausgefallene Wünsche, wie ein Lapislazuli-Stein, der in eine Holzrosette eingefügt werden soll, können auf diese Art realisiert werden. Wie bei einem riesigen Puzzle wird jedes einzelne Bauteil mit einem eigenen Code versehen. Wenn ein Ornamentdetail oder eine Planke kaputt gehen, kann man sie so einzeln nachliefern und ersetzen.
„Der Bootsmarkt ist reine Emotion“, so die Einschätzung von Andreas Wolz. Wenn sich die Menschen sicher fühlten und die Wirtschaft gut laufe, gönne man sich etwas. „Luxus in der Krise nach außen zu tragen, ist dagegen nicht opportun.“ Sehr volatil sei das Geschäft mit Booten daher, stets konjunkturabhängig und schwankend.
Auch die Geschichte von Wolz Nautic kennt Höhen und Tiefen: 1927 gründete Bernhard Wolz sen. eine Schreinerei für hochwertige Möbel. Den internationalen Bootsmarkt erschloss man für das Familienunternehmen, das 1972 an Bernhard Wolz jun. übergegangen war, erst ab 1984. Drei Jahre später begann man, sich auf die Fertigung von Schiffsböden zu spezialisieren. 1989 wurde das Firmengebäude in Gaukönigshofen durch einen Brand komplett zerstört; die Ursache wurde nicht herausgefunden. Nach dem Umzug in eine Schreinerwerkstatt in Kaltensondheim eröffneten 1995 die Brüder Andreas und Michael Wolz, die das Unternehmen fünf Jahre zuvor vom Vater übernommen hatten, den Standort in Acholshausen. Es folgte ein zusätzliches Firmengelände in Unternesselbach; 2006 kam Langensteinach dazu.
Teak aus Myanmar
Im Standort ihres Unternehmens sehen die Wolz-Brüder Vor- und Nachteile. Die Lage in der Mitte Europas sei gut, da man so für alle europäischen Abnehmer etwa gleiche Preise anbieten könne. Der Nachteil an Unterfranken: „Die Menschen hier interessieren sich wenig für Bootsbau“, sagt Andreas Wolz. „Wir sind nun mal nicht direkt am Wasser.“ Michael Wolz beschreibt, was ihn am Bootshandwerk fasziniert: „Wir verknüpfen Traditionelles mit Technologie.“ Bei Wolz Nautic wird die Ausbildung zum Holzmechaniker und zum technischen Produktdesigner angeboten – mit Plätzen für drei bzw. einen Auszubildenden pro Jahr. Potenzielle Bewerber sollten räumliche Vorstellungskraft besitzen, ein mathematisches und handwerkliches Grundverständnis mitbringen sowie offen für Technologie sein. Und für Reisen und fremde Länder: „Wo wir auf Montage gehen, machen andere Urlaub“, wirbt Hofmann.
Zu tun gibt es bei Wolz Nautic zuhauf: 500 000 Meter Holzleisten, das entspricht in etwa 250 Teak-Stämmen, werden pro Jahr zu rund 2000 Schiffsdecks verarbeitet. Auch wenn inzwischen verschiedene Holzarten, Kunststoff und sogar Kork in der Fertigung verwendet werden: „Für den Schiffsbau funktioniert als Holz eigentlich nur Teak“, so Michael Wolz. „Teak erhitzt sich nicht so sehr wie etwa Kunststoff – und man nutzt ein Boot nun mal bei gutem Wetter.“ Auf Kreuzfahrtschiffen zum Beispiel sei für den Pool-Bereich deswegen Holz verpflichtend, „sonst drohen Verbrennungen.“
Während im asiatischen Bereich Teak als „Holz für alle Fälle“ eingesetzt wird – für Gartenmöbel, Telefonmasten und sogar als Brennholz –, können im Bootssektor nur ein sehr kleiner Prozentsatz des gesamten Teakholzes verwendet werden: „Nur das Beste vom Besten“, sagt Michael Wolz. „Für unsere Fertigung kommt ausschließlich Teak aus Myanmar in Frage.“ Der Holzexport in Myanmar ist staatlich geregelt. Etwa 90 Prozent des Holzes kauft man bei Wolz Nautic von zertifizierten europäischen Holzhändlern, den Rest direkt von Sägewerken in Myanmar.
Eine nachhaltige Nutzung des Rohstoffes Teak – vielerorts ist der Urwald in Gefahr, da mehr Biomasse herausgenommen wird, als nachwächst – interessiert indes nicht jeden: „Den Endkunden teilweise schon, die Branche noch zu wenig“, stellt Andreas Wolz nüchtern fest. Sein Unternehmen sei FSC-zertifiziert (FSC ist ein internationales Zertifizierungssystem für Waldwirtschaft, das garantieren soll, dass Holz- und Papierprodukte aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammen, Anmerkung der Redaktion), „zu Krisenzeiten hat das keinen mehr gekümmert.“ Das Zertifikat von Wolz ruhe derzeit, könne aber jederzeit wieder aktiviert werden.
Alles dreht sich ums Image
„Da wir ausschließlich sehr teure Materialien verarbeiten, ist es wichtig, den Verbrauch niedrig zu halten“, erklärt Andreas Wolz. Der sorgfältige Umgang mit dem Teakholz, dazu eine Technologie auf hohem Standard, sicherten Wolz einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz, betont sein Bruder. „Wir arbeiten seit vielen Jahren mit hochpräziser Lasertechnologie, mit Hilfe derer wir auch extrem große Bauteile millimetergenau zuschneiden können. Unsere Mitbewerber haben solche Maschinen nicht.“
Und auch Zeit ist Geld: Bei Wolz Nautic werden alle Bauteile nach Schablone, Vermessung und anhand einer 3D-Zeichnung hergestellt, so dass sie „schlüsselfertig“ sind und nur auf dem Boot verklebt werden müssen. „Früher hat man ein Teakdeck Leiste für Leiste verlegt – und bis zu 20 Stunden pro Quadratmeter gebraucht“, so Hofmann. Dadurch, dass das Ganze heute vorgefertigt sei, benötige man in der Serienfertigung nur noch drei bis vier Stunden pro Quadratmeter, bei Megayachten sechs bis acht Stunden.
„Im Bootsbau ist alles eng getaktet; gegen Ende eines Projekts wird es immer hektisch“, sagt Andreas Wolz. Erklärtes Ziel sei daher, die Arbeitsprozesse zu beschleunigen, dabei aber gewohnt präzise zu arbeiten. Denn am Ende geht es laut Michael Wolz, dem Geschäftsführer mit dem prüfenden Blick, in der Branche vor allem um eines: „das Image.“
Firmendaten
Firma: Wolz Nautic GmbH & Co. KG
Standorte: Acholshausen (Zentrale, Entwicklung/Sonderbau, Kunststoffdeck), Langensteinach (Teakfertigung), Unternesselbach (Innenausbau, Lager)
Gründungsjahr: 1927
Mitarbeiterzahl: 110
Umsatz: 10,3 Millionen Euro (2016)
Hauptprodukte: Schiffsbodenbeläge aus Teak oder Kunststoff; Sonderlösungen für den maritimen Sektor
Eigentümer: seit 2012 Investor (51 Prozent), Gebrüder Wolz (49 Prozent)
Internet: www.wolznautic.de