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Giebelstadt
Giebelstadt: Wird der alte Gutshof zur neuen sozialen Mitte?
Kindergarten und Seniorenbetreuung unter einem Dach unterzubringen, klingt für die Eigentümerinnen und die Giebelstadter Gemeinderäte interessant. Aber die Sache hat einen Haken.
Die beiden Eigentümerinnen wollen den alten Gutshof am nördlichen Ortsrand von Giebelstadt, hier in einer Aufnahme aus dem vergangenen Sommer, wiederbeleben und zu einem sozialen Treffpunkt für die Gemeinde machen. 
Foto: ommdesign, Würzburg | Die beiden Eigentümerinnen wollen den alten Gutshof am nördlichen Ortsrand von Giebelstadt, hier in einer Aufnahme aus dem vergangenen Sommer, wiederbeleben und zu einem sozialen Treffpunkt für die Gemeinde machen. 
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 11.02.2024 04:18 Uhr

Den Gutshof ihrer Großeltern am Ortsrand von Giebelstadt zu erhalten und mit neuem Leben zu füllen, ist für die beiden Schwestern Diane Krüger und Ingrid Sichel eine Herzensangelegenheit. Altengerechte Wohnungen, eine Kindertagesstätte, ein Kulturcafé, ein kleines Museum und sogar ein Ärztehaus könnten in dem stattlichen Gehöft unterkommen, sagen sie. Die Gemeinde und das Diakonische Werk Würzburg unterstützen die Pläne der Geschwister. Um sie umzusetzen sind allerdings weitere Partner nötig. Noch ist das Projekt deshalb eine Gleichung mit vielen Unbekannten. In der jüngsten Gemeinderatssitzung stellten die Geschwister dem Gremium ihre Ideen vor.

Als die Urgroßeltern den Hof in den 1880er Jahren erbauten, lag er noch vor den Toren der Gemeinde. Nahezu unverändert hat er die Zeit überdauert und steht deshalb als zeittypisches Aussiedler-Hofgut unter Denkmalschutz. Inzwischen ist die Siedlung um das stattliche Anwesen herumgewachsen. Nach hinten grenzt die Grundschule an, daneben soll in den kommenden Monaten eine neue Sporthalle gebaut werden. Und in dem Geviert zwischen Gutshof und Bundesstraße entstehen Grünanlagen und ein Großparkplatz.

Giebelstadts neue soziale Mitte

Nach dem Willen des Gemeinderats soll der Bereich am Nordrand des Altorts zur neuen "sozialen Mitte" Giebelstadts werden. Mit den Plänen dafür reifte vor Jahren auch der Gedanke an ein Ärztehaus, das verschiedene Praxen und eine Apotheke unter einem Dach vereint. Als Diana Krüger und Ingrid Sichel 2018 nach dem Tod ihrer Mutter das Anwesen übernahmen, griffen sie diese Idee auf.

Die Beiden haben ihre Kindheit auf dem Hof verbracht, den ihre Großmutter bis in die 1980er Jahre führte. Seitdem ist das Gut in einen Dornröschenschlaf gefallen. "Wir sind die letzte Generation, die noch Beziehung zu dem Hof hat", sagt Ingrid Sichel. "Deshalb ist es uns so wichtig, ihn in die Zukunft zu führen", ergänzt ihre Schwester.

Kulturcafé, Markthalle und Museum

Ingrid Sichel kann sich in dem ehemaligen Stallgebäude eine Markthalle vorstellen, in der regionale Erzeuger ihre Produkte anbieten, und ein Café, das Raum für kleinere Kulturveranstaltungen bietet. Auch für ein Museum wäre Platz, das die Geschichte des Guts und der Landwirtschaft beschreibt und zudem Exponate aus dem übervollen Gemeindearchiv öffentlich zugänglich machen könnte.  "Das wäre für die Gemeinde doch total interessant", denkt Diane Krüger.

"Einen Kindergarten werden wir in den nächsten fünf Jahren nicht bauen können, weil wir den Bedarf nicht nachweisen können."
Helmut Krämer, Bürgermeister

Inzwischen ist auch  Professor Gunter Adams, verantwortlich für die Jugend- und Familienhilfe des Diakonischen Werks Würzburg, auf den Gutshof aufmerksam geworden. In der großen Scheune ließe sich ein Generationen übergreifendes Wohn- und Betreuungskonzept verwirklichen, meint Adams. Der Erziehungswissenschaftler denkt dabei an eine Verbindung zwischen Seniorentagesbetreuung und Kindertagesstätte. Das Modell sei zukunftsweisend. "Wir können uns vorstellen, so etwas unter einem Dach anzubieten", führte Adams vor dem Gemeinderat aus und verwies auf Beispiele, die das Diakonische Werk bereits umgesetzt hat. 

Gemeinsame Betreuung für Alt und Jung

Dabei denkt Gunter Adams an die große Gutsscheune, die sich dafür umbauen ließe, ohne das historische Gepräge des Anwesens zu verändern. Entsprechende Entwürfe hat Architekt Helmut Stahl bereits erarbeitet.  "Das Gebäude passt gut in unsere Philosophie", sagt Adams. Allerdings sei die Finanzierung von staatlichen Förderungen abhängig - und das ist der entscheidende Haken. Staatlich gefördert werden Kindertagesstätten nämlich nur, wenn dafür Bedarf besteht, wie Bürgermeister Helmut Krämer erläuterte.

Jahrelang platzte der Giebelstadter Kindergarten aus allen Nähten. Einige der Gruppen mussten unter behördlicher Duldung als Notgruppen betrieben werden. Inzwischen wurde der Kindergarten aber umgebaut und erweitert und erfüllt den örtlichen Bedarf. 

Behutsame Baulandentwicklung

Direkt gegenüber des Gutshofs liegt ein acht Hektar großes Areal, im Flächennutzungsplan als Giebelstadts größte Baulandreserve ausgewiesen. Wenn das Gebiet bebaut würde, stiege auch der Bedarf an Kindergartenplätzen, sagt Krämer. Allerdings habe sich die Gemeinde verpflichtet, nur behutsam weiteres Bauland zu entwickeln und der Innenentwicklung den Vorrang zu geben. Auf kurze Sicht sei deshalb nicht mit der Erschließung des Baugebiets zu rechnen.

"Wir wollen die Gemeinde auf keinen Fall unter Druck setzen, aber wir müssen irgendwann wissen, wie es weitergeht."
Ingrid Sichel, Miteigentümerin des Gutshofs

"Ich finde die Idee sehr gut, aber einen Kindergarten werden wir in den nächsten fünf Jahren nicht bauen können, weil wir den Bedarf nicht nachweisen können", so Bürgermeister Helmut Krämer in der Sitzung. Den Tenor im Gremium fasste Georg Kuhn (UWG) zusammen: "Das Konzept hat mich begeistert, aber was wir brauchen, ist Geduld."   

Geduld aber haben Ingrid Sichel und Diane Krüger nicht im Überfluss. Spätestens im Herbst wollen sie entscheiden, wie es mit dem Gutshof weitergehen soll, um im kommenden Jahr mit der Umsetzung zu beginnen. Bis dahin müsse sich die Gemeinde entscheiden, sagt Ingrid Sichel. "Wir wollen die Gemeinde auf keinen Fall unter Druck setzen, aber wir müssen irgendwann wissen, wie es weitergeht."

Gemeinderat will in Klausur gehen

Der Gemeinderat steckt damit in einer Zwickmühle. "Eine feste Zusage können wir definitiv nicht machen", stellte Helmut Krämer fest. Wie weit sie den beiden Schwester trotzdem entgegenkommen könne, wollen die Räte zunächst in einem Klausurtreffen diskutieren, so der Bürgermeister weiter. Ob eine unverbindliche Absichtserklärung ausreicht, um ihre Pläne danach auszurichten, müssen Ingrid Krüger und Diane Sichel dann entscheiden.

Wenn die Kindergartenpläne platzen, wäre dies keine Katastrophe, sagt Ingrid Sichel. Es gebe Alternativen und sogar schon Interessenten, etwa für den Umbau zu Büros. Diane Krüger wäre eine soziale Nutzung aber lieber. "Unser Ansatz war von Anfang an, dass wir offen sind für Projekte, die der Gemeinde oder der Gesellschaft zugute kommen", sagt sie. 

 
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