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Würzburg/Schweinfurt
GEW-Forderung nach Extra-Geld ist selbst unter Lehrern umstritten
Die Forderung der Gewerkschaft GEW, den Lehrern Mehrarbeit in den abgesagten Faschingsferien extra zu bezahlen, sorgt für Wirbel. Warum selbst Pädagogen das kritisch sehen.
Unterrichten vor dem Laptop: Corona stellt Lehrer vor neue Herausforderungen.
Foto: SymbolFelix Kästle, dpa | Unterrichten vor dem Laptop: Corona stellt Lehrer vor neue Herausforderungen.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:11 Uhr

Die Forderung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Lehrerinnen und Lehrern die zusätzliche Arbeit in den abgesagten Faschingsferien eigens zu vergüten, sorgt für viel Diskussion. Ein Meinungsbeitrag dieser Redaktion, erschienen unter dem Titel "Forderung nach Zusatz-Geld für Lehrer ist einfach nur dreist", wird in den sozialen Netzwerken kontrovers diskutiert. 

Der Kommentar mache ihn sauer, schreibt etwa der frühere GEW-Bezirksvorsitzende und heutige Würzburger Bürgermeister Martin Heilig (Grüne) bei Facebook. Seine ehemaligen Kollegen gingen "auf dem Zahnfleisch", so Heilig. Die Ferien seien so wichtig "wie Wasser in der Wüste". Deshalb sei  die Forderung nach einer Bezahlung der "erzwungenen Arbeit" nur legitim.

Anders sieht es das GEW-Mitglied Sebastian Rüthlein, Lehrer in Würzburg. Er stimme der Kritik an der GEW-Forderung gerade auch mit Blick auf andere Branchen zu, "wo Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit die Gefahren der Stunde sind". Empört ist die Würzburger Kabarettistin Birgit Süß. Dass gut bezahlte Lehrer "Zusatz-Geld" fordern, während viele Menschen, darunter Künstler und Gastronomen, im Lockdown "nichts verdienen, nichts, keinen Pfennig", sei "arg unsensibel, freundlich gesagt", so Süß bei Facebook.

"Die Ressourcen der Lehrer sind begrenzt"

Derweil betont Florian Kohl, der stellvertretende Landesvorsitzende der GEW, in einem Schreiben an die Redaktion, es gehe der Gewerkschaft nicht darum, "so viel wie möglich für das eigene Klientel herauszuholen". Es gehe ihr auch nicht ums Geld. Vielmehr wolle man klarmachen, "dass das Kultusministerium nicht beliebig mit der Arbeitszeit von Lehrkräften jonglieren kann, so wie es ihm gerade am besten passt". Die Ressourcen der Kollegen seien begrenzt. Es gehe nicht an, so Kohl, die Ferien zu streichen, "ohne an anderer Stelle für spürbare Entlastungen zu sorgen".

Zuletzt hätten sich die Anforderungen an Lehrkräfte "erheblich erhöht", schreibt Kohl. Einen Mehraufwand bedeute nicht zuletzt die notwendige Umstellung von analogem zu digitalem Unterricht. In der Öffentlichkeit aber werde "weiterhin das Bild bedient, dass Lehrkräfte in den letzten Monaten nicht so viel zu tun hatten".  Der GEW-Landesvize ist sicher, dass Beamte, wenn sie streiken dürften, es längst tun würden. "Jetzt stellen sie hoffentlich viele Anträge auf Vergütung der Mehrarbeit. Und hoffen eigentlich nur auf Freizeitausgleich. Denn der ist bei allen bitter nötig."

Lehrerverband kritisiert GEW-Vorgehen

Unterdessen wirft Gerhard Bleß, der Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV)  in Unterfranken, der GEW ein "unverantwortliches Spiel mit den Erwartungen der Lehrerinnen und Lehrer" vor. Der BLLV habe ebenfalls gegen das Streichen der Faschingsferien protestiert, die Forderung nach einer Vergütung der Mehrheit aber sei "rechtlich unhaltbar". Die GEW stoße mit solchen Aktionen "sowohl in der Breite der Lehrerschaft als auch in der Öffentlichkeit zurecht auf Unverständnis und Ablehnung", sagt Bleß. Er vermute, dass die GEW den Ärger nutzen wolle, um im Vorfeld der im Sommer anstehenden Personalratswahlen "Lehrkräfte zu ködern".           

 
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  • J. N.
    Lehrkräfte lassen sich nicht "ködern". Die ich kenne, sind absolut in der Lage, selbstständig zu denken. Gewerkschaftliche Forderungen zeigen dem Arbeitgeber seine Grenzen gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf. Die GEW vertritt die Interessen der Beschäftgten im Bildungsbereich. Das geht nicht im Kuschelkurs, sondern demokratisch-konfrontativ.
    Jörg Nellen, komm. GEW-Bezirksvorsitzender
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  • B. M.
    Das müsste sich mal ein Arbeitgeber in der Ģroßindustrie erlauben. Da wären schon längst die Kundgebungen an der Hahnenhügelbrücke terminiert.
    Auch als Nichtbetroffener finde ich es sehr ungerecht wie das Kultusministerium mit seinen Lehrern umgeht.
    Mit solchen Entscheidungen fördert das Ministerium sicher nicht die Motivation der Lehrer.
    Lehrer zu sein in der heutigen Zeit ist ganz bestimmt nicht Vergnügunssteuerpflichtig. Nicht nur wegen der Pantemie!
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  • T. D.
    Klar, Lehrerbashing kennt man ja seit Schröder („faule Säcke. . . “). Es ist doch ganz einfach. Wenn ich zusätzlich zu meiner Arbeitszeit arbeite(n muss), sind das Mehrarbeit/Überstunden, die bezahlt werden müssen oder es muss andere Ausgleichsmöglichkeiten geben. Das gilt auch für Lehrerinnen und Lehrer.
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  • S. K.
    "Die Ferien seien so wichtig "wie Wasser in der Wüste". Deshalb sei die Forderung nach einer Bezahlung der "erzwungenen Arbeit" nur legitim."

    diesen Satz muss man sich mal richtig auf der Zunge zergehen lassen.

    und in Krankenhäusern und Altenheimen wissen die Leut net
    wo sie zuerst anfangen sollen, sammeln Überstunden ohne Ende
    die sie in ihrer Lebenszeit nie mehr abfeiern können...

    ich glaub echt es geht los!
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  • S. P.
    Arbeitszeit, die normalerweise nicht anfallen würde, jetzt aber anfällt = Mehrarbeit.
    Als Lehrerin am Gymnasium kann ich abseits der Vergütungsdiskussion nur sagen, dass man gerade merkt, dass bei den Schülern die Luft raus ist. Nach wochenlangem alleine vor dem PC sitzen, fehlt die Motivation und eine Pause wäre einfach toll. Schade, dass man das im Ministerium nicht sehen will.
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  • G. W.
    Diese Aktion der GEW ist nichts anderes als Poulismus von links. Gut, dass sie so in die Hose geht. Zwar ist die Belastung durch Corona durchaus hoch, aber allemal besser als Arbeitslosigkeit oder die Not von Selbstständigen, die durch das Raster der Hilfsmaßnahmen.
    Die GEW sollte sich schämen, auch Martin Heiligs Aussage ist eine Schande.

    Ansonsten: Das stammtischhafte pauschale Lehrerinnebashing hier ist eine Zumutung.
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  • R. D.
    Welche Mehrarbeit? Kann das bitte mal ein betroffener erklären und bestätigen?
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  • D. A.
    Wenn man eine Woche mehr arbeitet, in der man mal verschnaufen könnte, ist das durchaus als Mehrarbeit zu bezeichnen.
    Ein(e) FacharbeiterIn, der (die) Überstunden leistet, sollte ja auch immer einen Ausgleich erhalten, in Geld oder Freizeit.

    Die hier angestoßene Diskussion wirkt jedoch wohl leider kontraproduktiv. Die klassische Lehrer-Neid-Debatten erhält somit nur neues Futter.
    Ein bis zwei Brückentage könnte SchülerInnen und Lehrkräften wohl mehr bringen.
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  • R. D.
    Mir geht es nicht um Lehrer Bashing. Ich will nur verstehen wo die Lehrer Mehrarbeit haben. Die eine Woche Ferien habe ich verstanden, wobei in vielen Berufen auch mal unbezahlte Überstunden geleistet werden müssen. Ich hatte irgendwie herausgehört, dass auch das Homeschooling Mehrarbeit sein soll, was ich überhaupt nicht verstehen könnte.
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  • J. N.
    Die Arbeitszeit bayerischer Beamter ist etwas mehr als 40 Wochenstunden. Die sind mit dem Grundmaß von Unterrichtsstunden auf die Jahresarbeitstage so verteilt, dass rechnerisch 30 Urlaubstage bemessen sind wie bei jedem anderen Arbeitnehmer. 30 weitere Ferientage sind für außerunterrichtliche Aufgaben eingerechnet. Wenn das Kultusministerium jetzt fünf Tage Ferien mit Unterricht belegen, nicht mit Konferenzen, Elterngesprächen, Vor- und Nachbereitung, dann ist das eine Erhöhung der Arbeitszeit. Die muss auch im Rechtssystem des bayerischen Staates als "angeordnete Mehrarbeit" durch Freizeitausgleich oder finanziell ausgelichen werden. Das und nichts anderes fordert die GEW.
    Jörg Nellen, komm. GEW-Bezirksvorsitzender
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  • m. w.
    Etwas mehr als 40Std?....41-45-48?
    Vor-und Nacharbeit sind bereits in der regulären Arbeitszeit enthalten.
    30 weitere Ferientage x 8 Std. für außerunterrichtliche Aufgaben sind 240 Stunden für Konferenzen, Elternabende und was noch ????.
    Pflegepersonal wird gerade jetzt täglich zu Überstunden "geködert", in der Zeit in der an Zusammenhalt und Durchhalten appeliert wird.
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