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Würzburg/Lohr
Prozess um Mord an Schüler in Lohr: Turbulenter zweiter Verhandlungstag mit Geständnis - und neuem Verteidiger
Im nicht öffentlichen Prozess um den Tod eines 14-Jährigen in Lohr äußerte sich jetzt der Angeklagte zum Kopfschuss. Seine Anwälte beschreiben ein völlig neues Tatgeschehen.
Großes Medieninteresse am Prozess um Mord an einem 14-Jährigen in Lohr: Der Würzburger Verteidiger Roj Kahlaf bleibt Anwalt des Angeklagten. Die Rechtsanwälte Alexander Stevens und Johannes Makepeace (links hinten) sind nicht mehr dabei. 
Foto: Silvia Gralla | Großes Medieninteresse am Prozess um Mord an einem 14-Jährigen in Lohr: Der Würzburger Verteidiger Roj Kahlaf bleibt Anwalt des Angeklagten.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 17.05.2024 10:42 Uhr

Im Prozess um den Mord an einem 14-Jährigen in Lohr (Lkr. Main-Spessart) hat der 15-jährige Angeklagte die Tötung indirekt gestanden. Sein Verteidiger Roj Khalaf habe in der nichtöffentlichen Sitzung am zweiten Verhandlungstag eine entsprechende Erklärung abgegeben. Das erklärte Martina Pfister-Luz, Sprecherin des Landgerichts Würzburg am Rande des Prozesses.

Anwalt der Nebenklage: Familie des Opfers erleichtert über Geständnis

Der zum Tatzeitpunkt 14 Jahre alte Beschuldigte soll laut Anklage am 8. September 2023 seinen Schulfreund in einer Grünanlage neben dem Schulgebäude in Lohr getötet haben - mit der Pistole, die dem früheren Freund seiner Oma gehörte. Der Jugendliche habe jetzt einen Schuss in den Hinterkopf zugegeben, sagte die Gerichtssprecherin. Es sei aber keine geplante Tat gewesen, sondern spontan passiert.

Am Montagmorgen hatte der Prozess vor dem Landgericht Würzburg mit einem Wechsel in der Verteidigung begonnen. Die drei Anwälte des beschuldigten Schülers seien sich uneinig gewesen über die richtige Strategie, hieß es von Teilnehmern der Sitzung. 

Münchener "Staranwalt" reiste am Montag nicht mehr nach Würzburg

Der Münchner Strafverteidiger Johannes Makepeace verließ nach einer Stunde die Verhandlung und erklärte, er sei auf Wunsch des Mandanten entpflichtet worden. Sein Kollege Alexander Stevens, den einige Medien wegen spektakulärer Auftritte in früheren Strafverfahren als "Staranwalt" bezeichnet hatten, war am Montag gar nicht mehr nach Würzburg gekommen.  

Die Rechtsanwälte Alexander Stevens (links) und Johannes Makepeace, hier zu Prozessbeginn am 3. Mai im Strafjustizzentrum Würzburg, verteidigen den angeklagten Jugendlichen nicht mehr.
Foto: Silvia Gralla | Die Rechtsanwälte Alexander Stevens (links) und Johannes Makepeace, hier zu Prozessbeginn am 3. Mai im Strafjustizzentrum Würzburg, verteidigen den angeklagten Jugendlichen nicht mehr.

Den 15-Jährigen verteidigt Anwalt Roj Khalaf jetzt zusammen mit dem Würzburger Strafverteidiger Hanjo Schrepfer. Beide präsentierten vor Gericht überraschend eine von der Anklage abweichende neue Version der Ereignisse: Das spätere Opfer habe ihren Mandanten zum Tatort bestellt, erklärten sie. Zweck des Treffens, den eine Zeugin vor Gericht indirekt bestätigt haben soll: Das Opfer habe die Waffe, eine Neun-Millimeter-Pistole, kaufen, aber dann nicht bezahlen wollen. "Der Schuss löste sich aus unserer Sicht im Prinzip bei einer Art Kampfgeschehen", sagte Schrepfer, der neue Verteidiger, am Montag auf Nachfrage der Redaktion.

Würzburger Staatsanwalt bleibt bei Tatmotiv Mordlust 

Beide Würzburger Anwälte bemühen sich angesichts der Beweislage eher um Schadensbegrenzung - im Gegensatz zu den Münchner Anwälten Stevens und Makepeace. Diese hatten medienträchtig vor laufender Kamera schon vor Prozessbeginn die Staatsanwaltschaft heftig für "Vorverurteilungen" attackiert. Stevens hatte Vergleiche seines Mandanten mit dem US-Serienmörder Jeffrey Dahmer in den Medien kritisiert.

Der Würzburger Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach nimmt Mordlust als Motiv an und bleibt laut Anklage dabei: Der Jugendliche habe Dahmer verehrt, den zuletzt eine Netflix-Serie porträtiert hatte, und soll ihn im Aussehen nachgeahmt haben: "Die Ähnlichkeit der beiden Gesichter stach einem ins Auge", sagen unabhängig voneinander mehrere Personen, die im Zuge der Ermittlungen dem Angeklagten begegnet sind. 

Angeklagter soll selbst Vergleiche mit Serienmörder Jeffrey Dahmer gezogen haben

Nach Informationen der Redaktion haben Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten ausgesagt, dass der 15-Jährige selbst gegenüber Mitschülern den Vergleich mit Dahmer gezogen hat. Ihnen gegenüber soll er von Serienmördern erzählt haben – auch vom Töten von Menschen mit Axt und Messer. Einem Ermittler zufolge soll der 15-Jährige sich Zeugen gegenüber selbst als Killer bezeichnet haben. 

Der Prozess wird am Freitag, 17. Mai, fortgesetzt.

 
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Kommentare
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  • Barbara Fersch
    liest sich sehr makaber im Nachgang......könnte nach Täterschutz klingen ! Für die Eltern des getöteten Jungen wahrscheinlich schwer nachvollziehbar!
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  • Anette Klotzek
    Ich frage mich gerade, wie es sein kann, dass ein 14 jähriger die Serie sehen durfte! Soweit ich weiß ist sie ab 18 frei gegeben. Hier gehören meiner Meinung nach die Erziehungsberechtigten mit auf die Anklagebank, wenn es stimmt, dass er sich mit Dahmer verglich.
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  • Martin Deeg
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  • Christa Bullmann
    Wie auch immer das Verfahren ausgeht was anderes als die Höchststrafe wäre hier nicht akzeptabel.

    Ist die Berichterstattung so korrekt sollte man sich die maximal Strafe überlegen und danach in die Psychiatrie.

    Mit freundlichen Grüßen

    Johannes Bullmann, MPA
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  • Ingrid Reichelt-Schölch
    Mein Mitgefühl den Eltern!

    Grauenvolle Aktion, besonders wenn man die früheren MP-Infos dazu nachliest. Wenn das stimmt, das wird man hören bzw. lesen, hat sich der Jugendliche von einer mehr als fragwürdigen Netflix-Serie inspiriert, völlig in die Mörderrolle hineingesteigert, entsetzlich verrannt. Sucht nach Anerkennung? Vlt. kommen noch weitere andere Erkenntnisse?

    Das ist eine Entschuldigung, nichts zur Strafmilderung!
    Allerdings, wenn man sich einmal mit Jugendpsychologie beschäftigt und eine gewisse Kenntnis der schwierigen hormonellen Vorgänge in dem Alter hat, dann beleuchtet das das unglückliche Geschehen tiefer. Wobei eine Sperre dieser Serie für unter 18 jährige noch zu niedrig sein kann. Wenn das aufgearbeitet ist, sollte man endlich schauen, ob so etwas, zudem als Serie, überhaupt verfügbar sein sollte, Handlungsbedarf!
    (Vor meckern bitte Artikelinhalt zu der Serie 🥶 lesen)

    Da Gewalt immer mehr zunimmt: Quo vadis Erziehung, Bildung und Pädagogik , Verantwortung…?
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  • Ingrid Reichelt-Schölch
    Korrektur meines Posts: gemeint war, es soll eben keine Entschuldigung sein.
    Doch vielleicht ist es - Teil? - einer Erklärung, was u. a. zu solchen Taten führen kann.
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  • Bernhard Schebler
    Und jetzt, jetzt braucht er überhaupt kein Anwalt mehr, er hat gestanden.
    Die Richter sollen dazu ein hartes Urteil abgeben.
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  • Steffen Cyran
    So einfach ist es leider nicht.

    Der eine hat geschossen, der andere ist tot - ja, soviel ist klar.

    Es geht nun darum, warum und wie die Zusammenhänge sind, denn daran entscheidet es sich, ob es tatsächlich "Mord" war, Totschlag, oder Körperverletzung mit Todesfolge....

    Denn davon hängt ganz maßgeblich das Strafmaß ab.
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  • Harald Zierhut
    Drei Verteidiger! Welch ein Aufwand! Was gibt es da noch groß zu verteidigen? Kopfschuss von hinten - heimtückischer, hinterfotziger geht es wohl kaum. In den USA gibt's für sowas so rund 67 Jahre - aber nicht als Hotelaufenthalt.
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  • Helga Scherendorn
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Trotzdem bin ich glücklich, nicht in den USA zu leben. Weil man sich dort an solche Vorgänge gewöhnt hat und da helfen auch 67 Jahre Gefängnis nichts.
    Ein Geschrei wie hier gibt es dort nur dann, wenn jemand eine Verschärfung der Waffengesetze will.
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  • Hubert Endres
    Herr Haas-Hyronimus. Abwarten. Wir sind bereits auf dem Weg, werden das zweite Amerika. Schauen Sie sich doch die täglichen Meldungen in Sachen Kriminalität an.
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  • Norbert Blatterspiel
    Wer kann sich heutzutage gleichzeitig in einem Strafverfahren, 3 ( Star) Anwälte leisten?????
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  • Peter Koch
    Wer genug Geld hat kann sich das leisten. Das Sozialamt übernimmt die Kosten jedenfalls nicht.
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  • Ingrid Reichelt-Schölch
    Soweit ich weiß zahlt der Staat, wenn nicht genug Einkommen oder Vermögen da ist. Wobei ich nicht weiß, wie viele Anwälte je nach Anklage o.ä.
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  • Peter Koch
    Da könnten Sie einfach googeln und würden herausfinden, dass die Staatskasse exakt einen Pflichtverteidiger bezahlt und das nur wenn es sein muss.
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  • Helga Scherendorn
    Bitte bleiben Sie beim Thema. Im vorherigen Kommentar wird nicht erwähnt, dass der Kommentator selbst das Geld hat.
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  • Martin Deeg
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Versteh ich nicht ganz -

    warum nimmt jemand eine (geladene) Schusswaffe mit, wenn er doch auf niemanden schießen will? Wer in einem Geschäft etwas unbezahlt mitgehen lässt und hat irgendwas als Waffe Nutzbares dabei, wird doch andererseits wegen Diebstahls mit Waffen angeklagt?
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