An diesem Freitag, 3. Mai, beginnt der Prozess um den gewaltsamen Tod eines 14-jährigen Schülers in Lohr (Lkr. Main-Spessart) im vergangenen September. Ein heute 15 Jahre alter Jugendlicher muss sich vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Würzburg verantworten. Die Anklage lautet auf Mord.
Warum wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit hinter verschlossenen Türen verhandelt? Im Interview erklärt die Vorsitzende Richterin Martina Pfister-Luz, in diesem Fall die Sprecherin des Landgerichts, wie die Jugendkammer vorgeht.
Martina Pfister-Luz: In der Regel geht es bei der Jugendkammer nicht um harmlosere Jugendsünden, vielmehr ist die Jugendkammer von Gesetzes wegen insbesondere für schwerere Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsende zuständig. Daher müssen die Richter auch, wie in diesem Fall, über eine Anklage wegen Mordes verhandeln. Was, wie Sie richtig feststellen, eine besondere Herausforderung ist. Natürlich ist das bei solchen Tatvorwürfen immer der Fall, nicht nur bei der Jugendkammer.
Pfister-Luz: Das Gesetz ist da unmissverständlich: Bei Verfahren gegen Jugendliche ist ausnahmslos die Verhandlung einschließlich der Begründung der Entscheidung nicht öffentlich. In diesem Fall ist der Angeklagte Jugendlicher, also ist die Verhandlung nicht öffentlich.
Pfister-Luz: Das ist einerseits Grundlage für eine altersgerechte Prozessgestaltung. Damit soll beispielsweise verhindert werden, dass die Anwesenheit unbeteiligter Beobachter bei den jugendlichen Angeklagten vielleicht zu Verlegenheit oder Einschüchterung führt, oder zu Gehemmtheit. Der Ausschluss der Öffentlichkeit dient aber insbesondere dazu, die Privatsphäre des jugendlichen Angeklagten zu gewährleisten, auch um seine Rückkehr in ein normales Leben, seine Integration, nicht zu behindern.
Pfister-Luz: Ja, genau deshalb will der Gesetzgeber Bloßstellungen, Beschämung und Stigmatisierung als Folgen der Verhandlung vermeiden. Wir müssen ja im Blick behalten, dass verurteilte Jugendliche selbst im Falle der Verurteilung zur Höchststrafe, die bei Jugendlichen zehn Jahre beträgt, mit Mitte 20 wieder ins Leben zurückkehren können. Deshalb muss von vorneherein vermieden werden, dass Angeklagte beziehungsweise verurteilte Jugendliche durch Bekanntwerden von Details aus der Hauptverhandlung stigmatisiert werden.
Pfister-Luz: Nein, auch die Urteilsverkündung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Aber das Landgericht wird die Öffentlichkeit nach dem Urteil im Rahmen des Erlaubten über die Entscheidung informieren.
Pfister-Luz: Als Pressesprecherin des Gerichts werde ich in der Verhandlung insbesondere in entscheidenden Punkten anwesend sein. Im Anschluss werde ich die Medien unterrichten. Das hat natürlich seine Grenzen dort, wo die Berichterstattung Rückschlüsse auf die Identität zulassen könnte - oder wenn es um Details geht, die nicht sachlicher Art sind, sondern den Angeklagten persönlich betreffen.