Nach dem gewaltsamen Tod von George Floydin den USA demonstrieren weltweit Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt und setzen sich für die #blacklivesmatter-Bewegung ein. Auch Enrico Kufuor ist das Thema nicht fremd. Der 32-Jährige, der in Hettstadt (Lkr. Würzburg) wohnt, arbeitet als Basketball-Trainer für die Regionalligamannschaft und die U19-Bundesligamannschaft bei s.Oliver Würzburg. Im Interview spricht der schwarze Deutsche über seine Erfahrungen mit Rassismus und weshalb er die Hoffnung hat, dass sich nach den derzeitigen Protesten wirklich etwas ändert.
Enrico Kufuor: Nein, im Großen und Ganzen nicht. Es passieren aber täglich Kleinigkeiten, die einem weißen Menschen gar nicht auffallen. Wenn ich einen Laden betrete, kommt es vor, dass mir der Sicherheitsdienst die ganze Zeit folgt. Wenn ich eine Kapuze aufhabe, werde ich als 'Gangster' begrüßt. Abends wechseln Menschen auch gerne die Straßenseite, wenn ich ihnen entgegenkomme. Oft werde ich auf Englisch angesprochen, aber ich bin Deutscher in Deutschland. Warum werde ich nicht auf Deutsch angesprochen? Das sind Kleinigkeiten, die permanent vorkommen und die einfach unnötig sind. Aber ansonsten ist mir nicht viel passiert.
Kufuor: Das sind Vorfälle, mit denen man sich einfach abgibt. Man will sein Leben leben und nicht ständig in die Opferrolle fallen. Ich merke allerdings schon, dass ich sehr darauf bedacht bin, wie ich mich verhalte, um eben nicht aufzufallen oder keinem Klischee zu entsprechen.
Kufuor: Man ist abgehärtet, dass es nicht weh tut. Aber in dem Moment fühlt es sich einfach unnötig an. Wenn man den Vorfall anspricht, wird es sofort als Übertreibung hingestellt. Es hat sich auch schon jemand darüber aufgeregt, dass seine Oma nicht mehr Neger sagen darf. Aber das ist doch ein Detail, das bewirkt, dass niemand mehr verletzt wird.
Kufuor: Sehr häufig, das ist die Regel. Ich antworte dann, dass ich aus Berlin komme. Es folgt sofort die Rückfrage, woher ich wirklich komme und ich antworte Tempelhof. Ich versuche mich demonstrativ dem entgegenzustellen. Aber irgendwann antworte ich dann doch, dass mein Vater aus Ghana kommt und meine Mutter deutsch ist. Aber ich bin kulturell deutsch.
Kufuor: Das ist mir gerade sehr wichtig und dass es so viele Demonstranten waren, hat mich definitiv überrascht. Bisher hatte ich das Gefühl, dass das ein Thema für schwarze Menschen ist. Aber Rassismus ist eben nicht das Problem von Minderheiten, wie Schwarzen, Arabern oder Asiaten. Es gibt in der Gesellschaft ein Problem der Mehrheit gegenüber der Minderheit. Es ist gut, dass so viele ihre Teilnahme zeigen. Aber es ist wichtiger, was danach passiert. Dass sich die Menschen, wenn die Demos nicht mehr so groß sind, immer noch mit dem Thema befassen.
Kufuor: Ja, jetzt schreiben viele Weiße darüber, setzen sich damit auseinander und wollen das auch. Das ist aus meiner Sicht sehr erfreulich und das erste Mal, dass dies in dieser Masse passiert. Mich berührt das sehr. Das Gefühl endlich gehört zu werden, war so überwältigend, dass mir die Tränen gekommen sind. Ich habe das Gefühl, dass mehr Menschen Veränderungen wollen. Mehr Menschen suchen das Gespräch, sie versuchen zu verstehen, wie auch sie etwas tun können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich jetzt etwas ändert - und zwar auf der ganzen Welt.
Kufuor: Bei mir haben sich Freunde und Bekannte gemeldet, die mit mir über das Thema reden wollen. Die verstehen wollen, was Schwarze durchmachen, und eben auch reflektieren wollen, ob auch sie Vorurteile haben. Das ist mir noch nie passiert. Solche Gespräche mit Weißen habe ich in meinem Leben bisher nur so intensiv mit meiner Mutter geführt.
Kufuor: Meistens wiegeln sie ab, dass das nicht so gemeint war. Oder sie verdrehen die Augen. Gerne lenken sie auch einfach vom Problem ab. Viele wollen das auch nicht sehen, weil sie sich aber auch nie damit befassen mussten. Ich merke relativ schnell, an wen ich Energie verschwende. Wenn es um Rassismus geht, verstehe ich auch teilweise, wie Menschen reagieren. Ich habe kein Verständnis dafür, aber ich kann es nachvollziehen, da ihr komplettes Weltbild plötzlich auf den Kopf gestellt wird.
Kufuor: Wichtig ist, dass die Menschen es annehmen, wenn jemand sagt, dass etwas rassistisch war. Dass sie einfach versuchen zu verstehen und es nicht als Übertreibung abtun. Genauso gilt das für schwulen- oder frauenfeindliche Dinge. Einfach ein offenes Ohr zu haben. Das ist nicht einfach und dazu gehört viel Selbstreflexion. Und es geht auch nicht darum, dass man sich für Minderheiten verbiegen soll. Aber jeder hat doch ein Recht darauf, sich im eigenen Land wohl zu fühlen.
Kufuor: In Amerika ist Rassismus seit Trump nicht mehr so subtil, vor allem in Gesprächen halten sich die Menschen nicht mehr zurück. Und während es in Deutschland eher Alltagsrassismus gibt, ist er in Amerika viel gewalttätiger. In Deutschland habe ich keine Angst vor der Polizei. Wenn ich in Amerika die Polizei sehe, hoffe ich nur, auf keinen Fall angehalten zu werden.
Kufuor: Hundertprozentig. Das geht vor allem im Mannschaftssport sehr gut. Auf dem Feld wirst du nie nach Herkunft oder Religion beurteilt, sondern nach Leistung. Die meisten Menschen mögen auch Sport und je mehr Diversität sie dann dabei sehen, umso mehr gewöhnen sie sich daran. Es hilft sich damit zu befassen, damit sich die Gesellschaft ändert.
Sie haben eine diskriminierende Erfahrung gemacht oder beobachtet? Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes unter www.antidiskriminierungsstelle.de können Sie Beratung suchen oder das Erlebnis melden.
Bitte lest mal nach was systemic Rassismus bedeutet. Dieses Problem gibt es nicht in Deutschland. Die Amerikaner haben den Rassismus perfektet.
dass das Forum hier nicht repräsentativ für Würzburg und Unterfranken ist, aber der Rassismus hier ist nicht nur latent, sondern tritt oft offen zu Tage.
Ich finde es bedenklich, wenn Menschen genervt oder sogar aggressiv reagieren, nur weil andere um Verständnis und ein bisschen Empathie bitten.
Und es ist durchaus kein importiertes Problem, da machen es sich manche zu leicht. Wir haben hier durch die koloniale Vergangenheit selber auch genug subtile Vorurteile bis hin zum offenen Rassismus. Es schadet nicht, sich diese Vorurteile anzuschauen und bewusst zu machen.
Wenn jemand leugnet, dass es diese Vorurteile gibt, dann braucht man natürlich nicht weiterzureden. Die Leugnung ändert aber leider nichts daran, dass es sie gibt.
Und ganz nebenbei, erst denken, wenn es nötig ist auch fünf Mal, und dann reden ist sowieso immer vorteilhaft.
https://www.bz-berlin.de/berlin/charlottenburg-wilmersdorf/rassismus-skandal-an-berliner-rossmann-kasse
Natürlich dürfen Sie fragen wo er herkommt.
Wenn er antwortet aus Berlin, dann ist er Berliner. Egal wie er aussieht. Was ist daran so schwer zu verstehen?
Oder fragen Sie auch weiße Fremde dannach, wo ihre Eltern wirklich herkommen? Vielleicht ist er ja aus Frankreich, oder Polen, oder..... Aber da ist das ja egal, weil er ist weiß und deswegen bestimmt ein "richtiger" Biodeutscher?
Versetzen Sie sich doch mal in die Lage der Personen.
Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich schon gefragt worden bin, wo ich herkomme. "Aus Würzburg." "Aber doch nicht ursprünglich?" "Doch." "Aber dann sind doch deine Eltern..." usw. Bin ich jetzt jahrzehntelang frankenfremd-feindlich genervt und diskrimiert worden, ohne es zu merken..? Ich erinnere mich eher an nette Gespräche mit Leuten über allerlei Familiengeschichten.
Die Frage nach dem "Woher" als grundsätzlich rassistisch motiviert zu bewerten, ist mir zu undifferenziert und pauschal. Interesse am und Neugier auf den Hintergrund eines anderen sind doch legitim und müssen es auch bleiben können.
Dieser Satz des Interviewten sagt viel: "Mich berührt das sehr. Das Gefühl endlich gehört zu werden, war so überwältigend, dass mir die Tränen gekommen sind."
Es geht um ein ernst genommen werden.
Angehörige einer Mehrheit sollten sich erst einmal zurückhalten und den Angehörigen der Minderheit zuhören und sie in Ihrem Erleben ernst nehmen, anstatt gleich mit Relativierung, Kleinreden oder Rechtfertigung zu kommen.
Absolut grenzwertig finde ich allerdings den Ladendetektiv, der so rein prophylaktisch an den Fersen klebt. Also, für mich wäre das keine Kleinigkeit. Da bin ich echt überrascht, wie locker Hr. Kufuor darüber hinwegsehen kann.
Da haben sie recht...
Wenn man dann allerdings die Herkunft Berlin in Zweifel zieht "wo kommst du wirklich her" ist es eben nicht mehr nur eine nette Gesprächseröffnung.
Denn was soll er Ihnen von Ghana erzählen können, wenn er in Deutschland geboren wurde und möglicherweise nie dort war?
Oder wurden Sie schon mal gefragt, ob Sie wirklich aus Franken (spekulation ich weiß) kommen, oder Ihre Eltern vielleicht nicht doch irgendwo anders her stammen? Und was würden Sie tun, wenn quasi jedes Gespräch mit der Frage nach Ihrer wirklichen Herkunft beginngen würde, obwohl Sie Deutscher sind?