
Wer etwas werden will, möchte sich in der Regel gut verkaufen. Und manche etwas mehr. Um an lukrative Jobs, politische Mandate oder Ministersessel zu kommen, werden Lebensläufe gerne mal auffrisiert. Da führt man halbseidene Abschlüsse aus dem Ausland als seriöse Doktortitel an (Andreas Scheuer). Wertet die reine Unterstützung sozialer Werke zu Mitgliedschaften auf (Annalena Baerbock). Oder es zeigt sich, dass man es bei der eigenen Promotion so gar nicht wissenschaftlich genau genommen und sich ungeniert bei anderen Autoren bedient hat (Karl-Theodor zu Guttenberg, Annette Schavan, Silvana Koch-Mehrin, Franziska Giffey).
Staatsanwaltschaften mit dem Fall befasst
Und dann gibt es derart abenteuerliche Fälle, die selbst langjährige Juristen an Hochschulen fassungslos zurücklassen, Staatsanwälte beschäftigen und die Frage aufwerfen, wie Betrüger ernsthaft zur Rechenschaft zu ziehen sind. So geschehen an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU). Im Mittelpunkt: eine gefälschte Doktorurkunde für eine Promotion, die nie stattgefunden hat – und ein angeblicher Doktorvater, der von Thema und Doktorand nichts weiß. Ein bis dato einmaliger Vorgang an der Uni.
Er fußt auf dem dreisten Lügengebilde eines Hochstaplers aus Österreich, der sich mit dem falschen Doktortitel auf einen gut dotierten Leitungsposten in der staatlichen Kulturbranche seiner Heimat bewirbt – und ihn nach einem Auswahlverfahren tatsächlich auch bekommt. Für wenige Tage. Dann fliegt die Gaunerei auf und der Aufschneider – nennen wir ihn im weiteren Fortgang Alex B. – hochkant hinaus: Seine auf Lateinisch abgefasste Promotionsurkunde, angeblich ausgestellt von der Universität Würzburg, ist eine Fälschung. Noch dazu eine ziemlich dilettantische.
Plagiatsjäger aus Salzburg deckt den Schwindel auf
Vermutlich aber wäre B. heute weiter in Amt und Würden, wäre ihm nicht der Salzburger Plagiatsprüfer Stefan Weber auf die Schliche gekommen und hätte nicht Thomas Trenkler vom Wiener "Kurier" den Skandal öffentlich gemacht. Der Kulturjournalist stößt bei seinen Recherchen auf weitere Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten im Lebenslauf des Herrn "Doktor". So enthüllt er, dass B. sogar seine Religionszugehörigkeit mit einem gefälschten Auszug aus den Kirchenbüchern erfunden und seinem früheren Arbeitgeber vorgegaukelt habe. "Für ehemalige Kollegen", so Trenkler, "war er ein Aufschneider und Hochstapler". Deshalb hätten sie Plagiatsjäger Weber beauftragt, die angebliche Dissertation von B. zu überprüfen.
Dass die Würzburger Promotionsurkunde – von B. im Bewerbungsverfahren lediglich als Scan-Datei vorgelegt – nicht echt ist, bestätigt in Österreich zunächst ein Latein-Professor: Er findet amateurhafte Fehler in der Übersetzung. Schon die Bezeichnung „Universitate Julio-Maximiliano“ ist als weiblich-männliches Konstrukt falsch. Und während Würzburg ordnungsgemäß mit Herbipolis bzw. Herbipolensis ins Lateinische übertragen wird, lautet die Angabe des Geburtsortes "cuius patriam Regensburg" – statt eines korrekten "Ratisbona".
Von den österreichischen Enthüllern mit der fragwürdigen Doktorarbeit konfrontiert, setzt die Universität Würzburg eigene Untersuchungen zum ehemaligen Studenten und angeblichen Doktoranden B. in Gang. Das Uni-Justiziariat nimmt Kontakt auf zur Studierendenkanzlei, der betreffenden Fakultät, zur Uni-Bibliothek – wo eigentlich eine Promotion verfügbar sein müsste. Und zum angeblichen Doktorvater, den im Jahr 2000 emeritierten Mathematik-Didaktiker Prof. Hans-Joachim Vollrath. Dieser wird auch direkt vom Plagiatsjäger aus Salzburg kontaktiert und fällt aus allen Wolken.
Angeblicher Doktorvater an Uni Würzburg: "Ich kenne ihn nicht"
Im Gespräch mit dieser Redaktion zeigt sich der 86-Jährige betroffen darüber, von einem Hochstapler "in eine solche Geschichte hineingezogen zu werden". B. habe definitiv nicht – wie von diesem behauptet – eine Doktorarbeit bei ihm verteidigt. "Ich kenne ihn nicht. Und ich weiß genau, wer bei mir promoviert hat!" Immerhin war B. an der JMU eingeschrieben –für die Fächer Politikwissenschaft, Soziologie und Informatik im Nebenfach. Zu einem Abschluss brachte er es laut Uni nicht.
Seine Dissertation will er in den 90er Jahren an der Würzburger "Hochschule für Tonkunst" begonnen haben. Nur gibt und gab es eine solche nie. Von B. genannte und längst verstorbene Professoren waren an der Hochschule für Musik tätig. Und die angebliche Doktorarbeit existiert weder in der Uni-Bibliothek, noch kann B. selbst ein Exemplar davon vorlegen: "Ich finde sie auch nicht", sagt er dem Wiener Journalisten Trenkler, die Dissertation liege auf dem Dachboden seiner Schwiegereltern in Bayern. Auftauchen wird das Fantasie-Werk aber auch später nicht.
Promotionsurkunde nicht von Uni Würzburg ausgestellt
Keine Zweifel lässt die Uni an der "Qualität" des eigentlichen Corpus Delicti: "Bei der vorgelegten Urkunde handelt es sich um eine auffallend schlechte Fälschung, die in zahlreichen Details von den üblichen Originalen abweicht – beispielsweise in Wortlaut, Aufbau und Unterschrift", sagt Uni-Sprecher Gunnar Bartsch. Die von B. vorgelegte angebliche Promotionsurkunde der Fakultät für Philosophie sei definitiv nicht von der Universität Würzburg ausgestellt worden.
Auch in der Hochschulleitung ist man verärgert, sieht den Namen der Uni durch einen Betrüger in den Schmutz gezogen. Der damalige Uni-Präsident Alfred Forchel erstattet Anzeige wegen Urkundenfälschung und Titelanmaßung bei der Staatsanwaltschaft Würzburg. Diese nimmt Kontakt mit den Kollegen in Wien auf, dort liegt ebenfalls eine Anzeige gegen B. vor. Und so stellen die Würzburger ihr Verfahren zunächst vorläufig und ein paar Monate später dann endgültig ein, wie Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach bestätigt: "Nach Aktenlage war davon auszugehen, dass nur in Österreich eine gefälschte Promotionsurkunde vorgelegt und wohl auch erstellt wurde."
Da Tatort und Wohnort des Verdächtigen Österreich sind, ist das Verfahren deshalb auch im Nachbarland abgewickelt worden. Dort geht das Strafgesetzbuch im Paragrafen 223 vergleichsweise milde mit der Urkundenfälschung um: Vorgesehen ist eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen. In Deutschland drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn. Noch glimpflicher kommen Fälscher in Österreich mit einer so genannten "Diversion" davon: Ist der Sachverhalt hinreichend geklärt, können Staatsanwaltschaft oder Gericht auf ein förmliches Strafverfahren verzichten.
Betrugsfall mit einer Geldstrafe in Österreich abgeschlossen
So geschieht es im Fall Alex B.: Wie die Wiener Staatsanwältin Nina Bussek auf Anfrage mitteilt, hat der dubiose Doktorand vor einiger Zeit eine Geldstrafe akzeptiert. Damit ist die Sache für ihn erledigt. Wie hoch sie ist, will die Staatsanwaltschaft nicht verraten – es könnten Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse gezogen werden. Laut Gesetz jedenfalls darf die Geldstrafe im Rahmen einer Diversion 180 Tagessätze nicht überschreiten.
So bleibt wohl die größte Bestrafung des falschen Würzburger Doktors sein desaströser Imageverlust in Österreich durch das Bekanntwerden der Gaunerei und die öffentliche Bloßstellung. Von dieser Redaktion zum ganzen Vorgang kontaktiert, äußert sich B. am Telefon nur schmallippig. Eigentlich spreche er nicht mehr Journalisten, da habe er zu viel Misstrauen. Jede Berichterstattung schade ihm, "ich muss doch wieder einen Fuß auf den Boden bekommen". Auf Fragen per E-Mail meldet sich nur sein Anwalt: B. genieße Identitätsschutz nach österreichischem Medienrecht. Weitere Antworten: Fehlanzeige. Auch keinerlei Distanzierung vom eigenen Vergehen. Und so kann man sich an der Uni Würzburg nur abschließend die Augen reiben: eine Promotion als reine Fata Morgana. Immerhin eine, die als solche enttarnt wurde.
Wie heißt es doch so schön: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich...
Im anglo-amerikanischen Raum gibt es keinen "Herrn Doktor", vor dem die Bäckereiverkäuferin einen Kratzfuss macht und schon gar keine angeheiratete "Frau Doktor". Dort spielt der Doktor eine Rolle unter Kollegen, Doctor Miller ist beim Verlassen des Campus einfach wieder Mr. Miller, und in der Medizin ist der "doctor" einfach die Berufsbezeichnung, da ist jeder Arzt "doctor", ob er den Titel hat oder nicht. Also wohltuend professionell und ohne Eitelkeiten, das Ganze.
Es gehören immer zwei dazu: Der, der sich mit dem Titel aufplustert, und der, der vor dem Titel Kratzfüße macht.
Ich bin selber stolz auf meinen Doktortitel, weil ich ihn, wie in den Geisteswissenschaften üblich, ganz alleine und ohne Doktorantenstelle erarbeitet habe, aber ich bin auch so Persönlicheit genug , ich muss meinen Doktor nicht heraushängen lassen.
Welche Parteien haben das völkerrechtlich nicht zu verantwortende Eingreifen in den Kosovokrieg (erste aktive Kriegsbeteiligung nach 1945)von deutscher Seite zu verantworten? Meines Wissens nach SPD und die Grünen.Da sind mir sinnlos verbratene Geldbeträge zur Maut doch lieber als sinnlos geopferte Menschenleben.Außerdem ist die Vergangenheit einiger aktiven Politiker der Grünen auch nicht so lupenrein,denke man nur an Beck und Özdemir.
Der Scheuer hat seinen Prager Doktortitel auch erst abgelegt, nachdem er überhaupt nicht mehr zu halten war.
Integre Politiker sind jedenfalls auch nur durch Zufall in der CDU/CSU zu finden. Und Deutschland ältester 28-jähriger Abgeordneter im Bundestag Philipp Amthor konnte ja nicht einmal eine Legislaturperiode abwarten bis er im Sumpf des Lobbyismus versunken ist.
Deshalb,weil das zu verurteilende Verhalten dieser Politiker auch unter den „stets Offenheit und Ehrlichkeit predigenden Grünen“ bekannt war, sollte man erwarten,daß Baerbock und Giffey daraus gelernt haben,und nicht rotzfrech in die gleiche Kerbe schlagen.Wenn man Verlogenheit und Mißstände aufzeigt,ist man noch lange nicht paranoid oder wahnhaft,Ihr Auftreten dagegen selbstverliebt,verbohrt und unehrlich,Grün halt.
Unehrlichkeit jetzt aber mit Grün zu assoziieren gelingt aber wirklich nur, wenn man die ganzen Gaunereien der Union unter den Teppich kehrt.
Abkassiert im großen Stil auf Kosten der Allgemeinheit haben jedenfalls die Amigos in der Union.
Gibt es keine anderen Dinge im Leben, mit denen man sich beschäftigen könnte, als immer nur vor den schlimmen Grünen zu warnen?