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BERLIN
Nach Plagiatskandalen: Wissenschaft räumt auf
dpa
 |  aktualisiert: 25.02.2015 19:23 Uhr

Jedes Jahr im Februar/März muss sich die deutsche Wissenschaft an einige ihrer schwärzesten Wochen erinnern. Dann jähren sich der Rücktritt des CSU-Jungstars Karl-Theodor zu Guttenberg vom Amt des Verteidigungsministers (1. März 2011) und der Abgang von CDU-Bundesbildungsministerin Annette Schavan (9. Februar 2013).

Beide stürzten über den Verlust ihrer Doktortitel nach hochnotpeinlichen Plagiatsaffären, die in der Öffentlichkeit Zweifel am Wert wissenschaftlicher Arbeit hinterließen.

Universitäten und Forschung versuchen seither, die Fahne der „guten wissenschaftlichen Praxis“ hochzuhalten – mit mehr Betreuung von Doktoranden, klareren Promotionsregeln und dem verstärkten Einsatz von Uni-Ombudsleuten für Plagiat-Verdachtsfälle. Doch es gibt noch Baustellen: etwa das unklare Verhältnis zu Online-Plattformen wie VroniPlag oder das Problem der massenhaften Medizin-Doktorarbeiten, die höheren Maßstäben nicht genügen. Auf die Selbstreinigungskräfte des Systems setzt Schavans Nachfolgerin im Bildungsministerium, Johanna Wanka (CDU). „Es besteht Einigkeit, dass dem Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten (...) einschließlich Promotionsphase eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss“, so ihre Vorgabe. Die Mathematikprofessorin brachte zu Beginn ihrer Amtszeit 2013 eine Verjährungsfrist für Plagiate ins Gespräch – für viele Experten aus wissenschaftsethischen Gründen ein Ding der Unmöglichkeit.

Klare Worte erwartet Wanka bald vom Beratergremium der Regierung, dem Wissenschaftsrat. Dessen Präsident Manfred Prenzel will im Frühjahr eine Bewertung abgeben. Andere Schwergewichte wie Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sehen sich auf einem guten Weg. Beide Organisationen verweisen auf Veranstaltungen zur sauberen wissenschaftlichen Arbeit und auf ähnlich lautende Empfehlungen.

Arbeiten müssten heute auch elektronisch abgegeben werden, damit sie mit einer Plagiatsoftware überprüft werden könnten, erklärte HRK-Präsident Horst Hippler. Mit Enthüllungsplattformen hätten die Hochschulen zwar eigentlich keine Berührungsängste, sagte Hippler. Zugleich geht der HRK-Präsident auf Distanz: „Den Hochschulen geht es beim Thema Plagiate – wohl im Gegensatz zu den Plattformen – nicht um die Prominenz von Promovierenden.“

Konfliktstoff birgt die Promotionspraxis für Mediziner. Von ihnen verlassen 70 Prozent die Uni mit einem Doktortitel. Hippler räumt ein: „In der überwiegenden Zahl handelt es sich um studienbegleitende Doktorarbeiten, die nicht dem Standard der Arbeiten in anderen wissenschaftlichen Fächern entsprechen.“ Er sei dafür, „dass der Doktorgrad in der Medizin nur für solche Dissertationen (...) verliehen werden sollte, die eine eigenständige Forschungsleistung darstellen“.

Plagiatsvorwürfe gegen Politik-Promis

Karl-Theodor zu Guttenberg: Viele Passagen fremder Autoren in der Doktorarbeit des damaligen Verteidigungsministers sorgten 2011 für Aufsehen. Wenig später erkannte die Universität Bayreuth dem CSU-Politiker den Titel ab. Guttenberg trat am 1. März 2011 als Minister zurück.

Annette Schavan: Wenige Tage nach dem Entzug ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf trat die damalige Bundesbildungsministerin am 9. Februar 2013 zurück. Die Hochschule war zu dem Ergebnis gekommen, dass die CDU-Politikerin gut 30 Jahre zuvor „systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte“.

Silvana Koch-Mehrin: Wegen Plagiatspassagen in ihrer Doktorarbeit entzog die Universität Heidelberg der FDP-Politikerin im Juni 2011 den Titel. Koch-Mehrin war bereits zuvor als FDP-Vorsitzende im Europaparlament und als dessen Vizepräsidentin zurückgetreten. Text: dpa

 
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