Zwar waren die ukrainischen Nationalfarben blau und gelb – anders als im vorigen Jahr – dieses Mal nicht präsent, trotzdem haben rund 330 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim 27. Gedächtnislauf von Würzburg nach Gemünden am Samstag nicht nur an die Opfer des verheerenden Bombenangriffs auf die Stadt am 16. März 1945 gedacht. "Würzburg ist eine Stadt der Erinnerungskultur. Der Krieg in der Ukraine zeigt uns, wie unglaublich wichtig das ist", betonte Bürgermeisterin Judith Jörg (CSU), die zusammen mit ihrem Bürgermeister-Kollegen Martin Heilig (Grüne) die Läuferinnen und Läufer vor dem Start im Rathaushof begrüßte.
Der Gedächtnislauf findet regelmäßig am ersten Samstag nach dem 16. März statt und bildet damit den Abschluss der Gedenkveranstaltungen. Die Gedächtnisläufer seien damit Teil der Würzburger Erinnerungskultur, betonte Jörg: "Danke für ihre zahlreiche Teilnahme, sie setzen mit ihrem Lauf ein klares und deutliches Zeichen."
Teilnehmende kommen nicht nur aus der Region
Der Gedächtnislauf, der vom Orga-Team des Würzburg Marathons zusammen mit der Johanniter Unfallhilfe und Kolping Mainfranken veranstaltet wird, findet seit einigen Jahren nicht mehr als Wettbewerb und ohne Zeitnahme statt. Trotzdem nehmen regelmäßig mehrere hundert Menschen teil, nicht nur aus der Region. Einer von ihnen war an diesem Samstag Stefan Wagenbrenner aus Siegburg in NordrheinWestfalen: "Ich bin in Würzburg aufgewachsen, kenne die Geschichte und verbinde ein Stück Heimat damit", sagte er vor dem Start.
Für Simon Freitag aus München ist der Gedächtnislauf ein traditionelles Familien-Event: "Wir machen das inzwischen seit zwanzig Jahren. Entstanden ist es aus Spaß am Laufen. Es ist schön, mit dem Hintergrund des Gedächtnislaufs gemeinsam am Main entlang zu laufen."
Der Gedächtnislauf erinnert seit seiner Premiere am 16. März 1995 an die Flucht der Würzburgerinnen und Würzburger aus der brennenden Stadt: "In dieser Nacht floh jeder, der noch laufen konnte, zum Main und am Main entlang möglichst weit heraus aus der Stadt, um sein Leben zu retten", sagte Veranstaltungsleiter Günter Herrmann und bat die Teilnehmer um eine gemeinsame Schweigeminute "für die Opfer von damals und heute".
Statt eines Startschusses läuteten die Domglocken vom Band
An Stelle eines Startschusses kommt beim Gedächtnislauf das Läuten der Domglocken, das an jedem 16. März von 21.20 Uhr und 21.40 Uhr an den Bombenangriff erinnert, vom Band. Vom Rathaus ging es gemeinsam über die Karmelitenstraße, die Alte Mainbrücke und die Dreikronenstraße zum Viehmarkt-Parkplatz und von dort aus bei fast sommerlichen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein weiter am Main entlang nach Margetshöchheim, Himmelstadt, Karlstadt oder ins 44 Kilometer entfernte Gemünden – diese verlängerte Marathon-Distanz hatten sich an diesem Samstag rund 40 Gedächtnisläuferinnen und -läufer vorgenommen.