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Würzburg
GDL-Vize ist zum Auftakt des Lokführer-Streiks in Würzburg: "Die Bahn will uns kaputt und klein machen"
Der Stellvertreter von Claus Weselsky, Lutz Schreiber, ist am ersten Tag des Warnstreiks nach Würzburg gekommen - mit der Bahn hatte er sich nicht getraut zu fahren.
Lutz Schreiber sprach am Würzburger Bahnhofsplatz vor den rund 50 Streikenden.
Foto: Patty Varasano | Lutz Schreiber sprach am Würzburger Bahnhofsplatz vor den rund 50 Streikenden.
Lara Meißner
 |  aktualisiert: 15.07.2024 18:45 Uhr

Nein, mit der Bahn ist er nicht aus Frankfurt gekommen. "Das war mir heute zu heiß", sagt Lutz Schreiber. "Am Ende hätte ich hier alle warten lassen müssen, wenn mein Zug aufgefallen wäre." Der Vize von GDL-Vorstand Claus Weselsky ist am ersten Streiktag mit dem Auto nach Würzburg gefahren, um an der Seite der rund 50 Streikenden auf dem Bahnhofsvorplatz für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

Vor allem eine Forderung drängt den streikenden Bahnmitarbeitern: die Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Wochenstunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Außerdem fordert die Gewerkschaft eine Entgelterhöhung um 555 Euro, einen Inflationsausgleich und mindestens zwei Ruhetage die Woche.  

Deutsche Bahn hatte versucht, Streik juristisch zu verhindern

Von Mittwochmorgen um 2 Uhr bis Freitagabend um 18 Uhr soll der bundesweite Warnstreik stattfinden. In der Zeit greift ein Notfallfahrplan, bei dem nur 20 Prozent der regulären Züge fahren werden. Mitarbeiter der DB Cargo, der Gütersparte der Deutschen Bahn, hatten schon am Dienstagabend ihre Arbeit niedergelegt. 

Noch am Dienstagabend hatte die Deutsche Bahn mit einer einstweiligen Verfügung vor dem hessischen Landesarbeitsgericht versucht, den Streik auf juristischem Wege zu verhindern und war gescheitert. "Ja, ich war auch im Saal und hab mir diese Show angeschaut", sagt Schreiber. "Die Bahn will uns kaputt und klein machen." 

Der Eisenbahnverkehr sei "am Boden", viele Menschen seien unzufrieden, Schuld sei der Konzern selbst, so Schreiber. "Eure Berufe müssen wieder attraktiver werden", ruft Schreiber ins Megafon. Der Personalmangel müsse gestoppt werden, sonst würden die Zustände für Mitarbeiter wie Passagiere immer schlimmer werden. 

Angebot der Bahn sei ein "Wischi-Waschi-Papier"

Armin Strauß, Sprecher der Deutschen Bahn, hingegen nennt den GDL-Streik auf der Homepage des Konzerns "völlig unnötig" und eine "Zumutung für die Fahrgäste". Man habe der Gewerkschaft erst in der Vorwoche ein neues Angebot vorgelegt.  Auch dieses Angebot lässt Schreiber in seiner Ansprache nicht unkommentiert: Es sei ein "Wischi-Waschi-Papier" mit "Nebelkerzen" gewesen. Der Streik werde deshalb wie angekündigt mindestens bis Freitag gehen. "Dann werden wir schauen, was die andere Seite tut."

Und was sagen die Passagiere? "Bis jetzt waren alle entspannt", sagt die Mitarbeiterin am Infoschalter des Würzburger Hauptbahnhofs. "Die Leute haben umgeplant, wo es nötig war." Unverständnis oder gar Wut über den Streik habe niemand geäußert. 

Allgemein ist es eher ruhig an diesem Mittwoch in der Bahnhofshalle, es ist weniger los als sonst. "Wir wussten Bescheid und nehmen jetzt den Zug um 13 und nicht um 17 Uhr nach Hamburg, weil nur der heute fährt", sagt etwa Volker Honsowitz aus Lauda-Könisghofen. Er habe Verständnis für die Streiks: "Jeder sollte für seine Arbeit gut bezahlt werden - und hier stinkt der Fisch für mich vor allem am Kopf."

 
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  • Klaus B. Fiederling
    und für solche Unannehmlichkeiten der Fahrgäste gegenüber auch noch soviel Lohnerhöhung wollen, finde ich schlichtweg eine Frechheit sondergleichen.
    Ich hab mal bei Bahn regergiert, was Bahnführer oder Personal im Zug verdienen,
    je nach Arbeitsjahrenzugehörigkeit zwischen 2,5 und 3,500 kommen zusammen.
    Andere Arbeiter bekommen auch nicht mehr im Schnitt. Und Schichtarbeit findet
    heute bei mindestens jeden 3. Berufsteilenehmer statt. Ich hatte auch schon mehrere Schichtmodelle durch, früh von 6-14, 14-22,22-06.00 Uhr. Nicht allein die Bahn müssen arbeiten, andere auch und lassen nicht gleich für 3 Tage die Fahrgäste im Stich wie bei der DB.
    Zum anderen fordert man freundliche Alternativen zum Autofahren, die Bahn macht es
    einem wirklich schwer, als Dauerfahrgast oder Berufspendler umzusteigen auf die ach
    so verlässliche DB! Wieder in staatliche Hände, dann wären Streiks vorbei!
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  • Dietmar Eberth
    "... und für solche Unannehmlichkeiten der Fahrgäste gegenüber auch noch soviel Lohnerhöhung wollen"

    Und sie wollen ernsthaft die Lokführer dafür "bestrafen"? Missstände und fehlende Investitionen bei der Bahn wurde in den letzten Jahrzehnten durch Management und Politik verursacht.

    "Wieder in staatliche Hände, dann wären Streiks vorbei!"

    Öffentlicher Dienst baut überall Beamten zugunsten von Angestellten ab, da diese "preiswerter" sind (zb auch Pensionen vs. Rente) und sie wollen ernsthaft wieder mehr Beamte? Wahnsinn

    Sie sollten nicht auf die einfachen Lösungen der AfD hören.
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  • Klaus B. Fiederling
    Dieser Streik ist völlig hirnrissig und überflüssig. Wenn ich 3 Stunden weniger arbeiten möchte, kann ich auch nicht verlangen, dass ich für die 3 Stunden noch meinen Lohn bezahlt bekomme,
    wie lächerlich ist sowas. Und dann gleich noch eine "Entgelterhöhung um 555 Euro"? Eine Utopie von Forderungen. Ich würde ja nichts sagen, bei einer Erhöhung des regl. Stundenlohns um 1-3 Euro, was auch schon viel wäre, dafür sollte mal die Bahn aber ihre Hausaufgaben richtig machen:
    Pnktlichere Züge und z. T. auch freundlicheres Personal.
    Letzte Woche im ICE passiert: Zug fuhr pünktlich los von Würzburg, was schon mal positiv
    war, dann ging alles glatt bis Ingolstadt. Nach einer kurzen Haltestation hieß es auf einmal:
    wir werden 10-15 Minuten Verspätung haben, wegen Gleisumrangierung bei Dachau. Hä??
    Dachau ist weit weg von Ingolstadt. Was hat das für diese Linie zu bedeuten. Endergebnis war:
    München kam der ICE zu spät an, mein RE-Anschluss war weg und der nachfolgende Richtung Berchdesgaten auch!
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  • Dietmar Eberth
    "Dieser Streik ist völlig hirnrissig und überflüssig."

    97 Prozent der GDL-Mitglieder haben für den Streik gestimmt. Stellen sie sich vor ihr Bauernverbandspräsident würde sich gegen den Protest der Landwirte stellen.

    Ein paar Fakten: Lt. der DB sind die Löhne der Lokführer in den letzten 10 Jahren um 21,36 Prozent gestiegen. Inflation lag in den letzten 10 Jahren bei 23,1 Prozent. Und der Schnitt aller Tarifbeschäftigten hatte ein Plus in den vergangenen zehn Jahren von 28,40 Prozent.
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  • Hiltrud Erhard
    Gier frisst Hirn! Anders kann man diesen Streik nicht bezeichnen.

    Verhandlungen zeichnet sich dadurch aus, dass man einen Kompromiss findet. Nun hat die Bahn ein Papier vorgelegt, welches mir schon viel zu weit geht. Derartige Forderungen oder Abschlüsse sind Gift für diese Gesellschaft.
    Die Methoden, mit denen hier gearbeitet wird, die Wortwahl und auch das Verhalten von Weselsky haben nichts mit dem Verständnis für Tarifautonomie, für Verbesserungen der Arbeitsleistung oder eine Legitimation der Beschneidung der Gesellschaft in ihren Grundrechten zu tun. Diese Methoden gleichen denen von Erpressen. Erpresser sind kriminelle. Das Gericht mag gegen die Bahn entscheiden über die Zulässigkeit oder nicht , denn rechtlich ist Tarif Autonomie ein sehr hohes Gut.
    Aber Gesellschaftspolitisch und sozialökonomisch ist diese Art der Verhandlungsführung Gift! Das ist unredlich und absolut überzogen!
    Daher keine Verhandlung!
    Mit solchen Leuten darf man nicht verhandeln!
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  • Dominik Razlaff
    Eine der wenigen Gewerkschaften die noch gute Abschlüsse erzielen wollen. Die Bahn hat einen Reallohnverlust angeboten, wieso sollte man darauf eingehen? Und wenn die Kernforderung, die 35h Woche die bei Schichtarbeit super wertvoll ist, einfach abgelehnt wird, haben die Lokführer meine Solidarität.
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  • Hiltrud Erhard
    Mein erster Satz trifft voll und ganz zu!
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