Am 19. September 1857 kamen in der Wohnung des Würzburger Kunst- und Handelsgärtners Thomas Bauer acht Männer zusammen - und gründeten einen Gärtnerverein. Aus dem wurde schließlich der Fränkische Gartenbauverein. Ob die acht Männer damals damit rechneten, dass ihr Verein mal der älteste in der Region sein könnte? Mittlerweile ist der Fränkische Gärtnerverein 163 Jahre alt - und am Ende. Er löst sich auf. Es findet sich niemand, der die Vorstandsschaft übernehmen will.
Rolf Richter hat den Verein jahrelang geleitet. Doch nun ist er 78 Jahre alt. Er kann und will diese Aufgabe nicht länger übernehmen.
2011 ist Richter dem Fränkischen Gartenbauverein beigetreten, wenig später übernahm er den Vorsitz. Richter war ab 1982 Leiter der Flurbereinigungsdirektion und später Präsident des Amtes für Ländliche Entwicklung. Er hatte also auch beruflich viel mit Natur und Landschaftspflege zu tun. "Naturverbundenheit und der Gartenbau liegen mir einfach im Blut", sagt er. Schon als Junge habe er im Garten gearbeitet, später auch Biologie studiert.
Ein Altersdurchschnitt von 80 Jahren
Als Richter den Vorsitz übernahm, lang der Altersdurchschnitt der Mitglieder bei 70 Jahren. "Heute liegt er bei 80", sagt Rolf Richter. Es seien zwar auch immer mal wieder junge Menschen beigetreten, doch da fehle die Bereitschaft, sich auch einmal längerfristig zu engagieren.
So wie die Vereinsgründer im Jahr 1857. Die kamen damals überein, dass jeder dem Verein neue Mitglieder zuführen solle und dass man den Hofgärtner Heller ersuchen wolle, die Vorstandschaft zu übernehmen. In wöchentlichen Treffen wurden die Vereinsstatuten weiterentwickelt. In einem Protokoll vom 24. Oktober heißt es, dass dem "wohllöblichen Stadtmagistrate als Polizeibehörde dahier, Anzeige von der Gründung des Vereins" gemacht worden sei. Damit gab es offiziell den "Fränkischen Gartenbauverein".
In seinen Glanzzeiten zählte er 400 Mitglieder. Sein prominentes Aushängeschild ist der berühmte Würzburger Natur- und Japanforscher Philipp Franz von Siebold, der 1864 zum Ehrenmitglied ernannt wurde.
Gärten waren während der Industrialisierung sehr gefragt
Die Voraussetzungen für das Aufblühen des Vereins hatte - ein Jahr vor der Gründung - der Bayerische König Max II. geschaffen, indem er das Versammlungs- und Vereinsrecht stärkte. Vor allem aber hatte er im September 1856 die Aufhebung der Festungseigenschaft der Stadt Würzburg verfügt. Bis zu diesem Zeitpunkt war Würzburg eingeschnürt durch den Mauerring und das vorgelagerte freie Schussfeld, das Glacis, das nicht bepflanzt werden durfte. Doch nun konnten neuen Häuser auf freiem Feld gebaut und Gärten angelegt werden. Die waren besonders gefragt, denn die Industrialisierung brachte immer mehr Landarbeiter in die Stadt - und der Bedarf an Obst und Gemüse wuchs sprunghaft.
Im ersten Jahr stieg die Mitgliederzahl auf 52. Der Verein lud regelmäßige zu Versammlungen ein mit "belehrenden Vorträgen erfahrener Fachmänner in den verschiedenen Zweigen des Gartenbaues und der Botanik". Die Mitglieder berichteten sich gegenseitig von neuen Entdeckungen und Erfahrungen in der Gartenpraxis und der Verein zeigte und verloste neu eingeführter Nutz- und Ziergewächs. Das alles mit dem Ziel, die Gartenkultur zu verbessern. Zum Erreichen dieses Ziels hätte man wohl keinen besseren Vorsitzende finden können als Professor August Schenk vom Botanischen Institut der Universität.
Schon im Gründungsjahr fanden alle 14 Tage Veranstaltungen statt, unter anderem Ausstellungen von Gartenerzeugnissen, "um durch Weckung des Wetteifers untern den Mitgliedern die lokale Entwicklung des Gartenbaues nutzbringend zu fördern und die heimische Ziergärtnerei von dem Ausland und den importierten Blumen mehr und mehr unabhängig zu machen", wie es in der Chronik heißt.
Ein Publikumserfolg: Die Blumenausstellung im "königlichen Residenzschloss"
Ein erste großer Publikumserfolg kam für den Verein im Februar 1958, als "Seine Majestät der König allergnädigt zu bewilligen geruhten", dass "dem Verein zu seiner Blumenausstellung der Gartensalon des königlichen Residenzschlosses überlassen werde". 1800 Besucher kamen und füllten die Vereinskasse mit 1000 Gulden. Es folgten viele weitere Ausstellungen mit Blumen und Gemüse - unter anderem in der "Ludwigshalle" am ehemaligen Alten Bahnhof, wo heute das Mainfranken Theater steht.
1867 organisierte der Vereine seine erste Exkursion nach Wiesentheid, Rüdenhausen und Castell, "um die gräflich Schönbornschen und gräflich Castellschen Hofgärten" anzusehen. Viele weitere solcher Lehrfahrten sollten über die Jahre folgen.
Ein besonderes Ereignis brachte das Jahr 1882, als die königlich-kaiserliche Gartenbaugesellschaft zu Wien unter Mitwirkung des Fränkischen Gartenbauvereins dem ruhmreichen Erforschen der japanischen Flora Philipp Franz von Siebold im Ringpark ein "hehres Denkmal unvergänglicher Dankbarkeit" setzte für die Einführung hunderter schöner Pflanzen des Inselreiches nach Deutschland. Den 100. Geburtstag des großen Würzburger Naturforschers feierte der Gartenbauverein 1896 mit einem großen Festakt im städtischen Schrannensaale.
Wie stark der Verein auch weit über Würzburg hinaus aktiv war, zeigt unter anderen seine Initiative zur Bereicherung des Obstbaus in der Region. So wurden zwischen 1875 und 1906 weit über eine Million von Mitgliedern gezüchtete Obstedelreiser, Obstsetzlinge und veredelte Obstbäumchen in Gemeinden in ganz Frankens abgegeben, in bedürftige Gemeinden sogar gratis. Der Verein wollte erreichen, dass die große Zahl noch brachliegender Grundstücke und Ödungen an den Berghängen des Maintals und seiner Seitentäler mit Obstbäumen bepflanzt werden.
Ein Glanzlicht: die Unterfränkische Jahrhundert-Gartenbau-Ausstellung 1914
Auch der Blumenschmuck-Wettbewerb, den der Verein 1909 erstmals ausgeschrieben hatte, war ein Erfolg. Ein weiteres Glanzlicht in der Vereinsgeschichte war die Unterfränkische Jahrhundert-Gartenbau-Ausstellung 1914 in der Ludwigshalle in Würzburg. Anlass war der 100. Jahrestag der Zugehörigkeit Würzburgs und des größten Teils von Unterfranken zur Krone Bayerns. Die Ausstellung zeigte auf beeindruckend Weise, auf welch hoher Stufe die Blumenkultur und der Obst- und Gartenbau inzwischen stand.
Eine dunkle Stunde brachte der 21. Februar 1934, als der Fränkische Gartenbauverein zwangsweise aufgelöst und in den Verein für Verschönerung und Gartenkultur Würzburg eingegliedert wurde. Die Wiederbelebung kam dann nach dem Krieg im September 1947.
Nach über 70 aktiven Jahren, in denen auch neue Themen wie Friedhofgestaltung, Düngung und Schädlingsbekämpfung, der Naturschutz und Aktivitäten an Schulen angegangen wurden, ist nun nach einem letzten aktiven Vereinsjahr mit Vorträgen und Exkursionen das letzte Kapitel zugeschlagen worden. Im Februar hätte ein neuer Vorstand antreten müssen, doch es hat sich niemand gefunden. So kam die letzte Mitgliederversammlung zum Beschluss, den Verein aufzulösen.
Immerhin gab es aus der Vereinskasse noch zwei Spenden - eine für die Würzburger Umweltstation und deren Projekt Vertikalbegrünung zur Verbesserung des Stadtklimas, die zweite Spende für die Siebold-Gesellschaft, die ihr 25-jähriges Jubiläum feiert.
Rolf Richter, der letzte Vorsitzende des Fränkischen Gartenbauvereins, hat die Hoffnung, dass die guten Initiativen seines Vereins nun weiterleben in anderen Gartenbauvereinen, von denen es noch mehr als 50 in der Region gibt. Gerade auf dem Land seien solche Vereine wichtig für die Dorfverschönerung und die Weiterentwicklung des ländlichen Raumes, sagt Richter. Er selbst tritt jetzt in den Höchberger Gartenbauverein ein. Als einfaches Mitglied.