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Würzburg
Frau entführt und misshandelt: Ex-Freund muss vor Gericht
Im Wald bei Würzburg endete vor einem Jahr das Kidnapping einer jungen Frau aus Hessen. Die Polizei unterschätzte zunächst die Gefährlichkeit des enttäuschten Liebhabers.
Kennzeichen-Scanner an der hessisch-unterfränkischen Grenze führten auf die Spur eines Entführers. Bei Würzburg war die Flucht zu Ende.
Foto: Julian Stratenschulte, dpa | Kennzeichen-Scanner an der hessisch-unterfränkischen Grenze führten auf die Spur eines Entführers. Bei Würzburg war die Flucht zu Ende.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:27 Uhr

Vielleicht wäre der Entführer davongekommen mit seinem misshandelten Opfer, wenn er nicht in Richtung Würzburg gefahren wäre. Drei Tage lang soll ein 30-Jähriger aus Gießen seine Ex-Freundin in der Gewalt gehabt haben, auf einer Irrfahrt über Hessens Straßen mit seinem Mercedes Sprinter. Doch als er auf der Autobahn A3 nach Bayern wechselte, schlug kurz nach der Landesgrenze ein stilles Kontrollgerät in der Einsatzzentrale der Polizei Alarm:Die Kennzeichen waren gestohlen.

Drei Streifenwagen gerammt

Die Polizei nahm die Verfolgung auf. Doch der Fahrer reagierte nicht. Es entwickelte sich eine wilde Jagd, bei der der Fahrer keine Rücksicht kannte: Er rammte mit seinem Sprinter drei Streifenwagen. Doch die Polizisten ließen sich nicht abschütteln. Da bog er kurz vor Würzburg von der Autobahn auf einen Waldweg ab – und blieb mit seinem Transporter im nassen Boden stecken. So endete vor einem Jahr bei Waldbrunn (Lkr. Würzburg) nach 180 Kilometern die abenteuerliche Flucht eines enttäuschten Liebhabers.

Ein Jahr später muss sich der Mann für die Entführung vor Gericht verantworten. "Wir haben Anklage erhoben", sagt auf Anfrage Thomas Hauburger, Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen. "Der Prozess soll im April oder Mai beginnen."

Frau wurde mit Kabelbindern gefesselt

Inzwischen steht fest: Hessische Beamte hatten die Gefährlichkeit des 30-Jährigen zunächst falsch eingeschätzt.Die Qual für die junge Frau war weit schlimmer als zunächst angenommen. Davon wussten die unterfränkischen Polizisten freilich zunächst nichts, als sie an jenem Morgen im März die Verfolgung aufnahmen. Die wunderten sich dann freilich, als sie sahen: Aus dem Auto sprang eine zweite Person, um zu fliehen. Es war laut Würzburger Staatsanwaltschaft die 27-jährige Ex-Lebensgefährtin des Fahrers, die sich "nach derzeitigem Stand der Ermittlungen während der Fahrt gefesselt im Fahrzeug befand", hieß es am Tag danach. Der Geiselnehmer, der wie seine Ex-Partnerin aus dem Raum Gießen stammt, wurde festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Nach heutigem Kenntnisstand sieht es so aus, als habe der Mann in Gießen seiner ehemaligen Partnerin vor deren Haus aufgelauert. Mit einer Schusswaffe soll er sie gezwungen haben, in den Sprinter zu steigen. Dort fesselte er sie mit Kabelbindern. Während der zwei Tage, in der die Frau in seiner Gewalt war, soll es zu sexuellen Übergriffen gekommen sein, sagten Würzburger Ermittler. 

Bereits im Februar war der Mann angezeigt worden

Inzwischen zeigte sich: Es war offenbar nicht die erste Entführung. Bereits zwei Wochen vor der brutalen Aktion hatte sich die 27-Jährige bei der Polizei gemeldet und ihren Ex-Freund der Entführung und Vergewaltigung beschuldigt.

Wie Hauburger bestätigte, hatte die Frau damals angegeben, dass sie von ihrem Ex-Freund schon in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 2018 vor ihrer Wohnung abgepasst worden sei. Bei diesem ersten Versuch habe er sich zu ihr ins Auto gesetzt und sie gezwungen, mehrere Stunden mit ihm herumzufahren. Danach habe er sie zurück zu ihrer Wohnung gebracht und sie dort vergewaltigt, sagte sie aus.

Polizei: Aussage gegen Aussage

Aufgrund dieser Aussage habe die Polizei den Tatverdächtigen bereits damals vorläufig festgenommen. Bei seinen Vernehmungen habe er den Anschuldigungen widersprochen. Die Fahrt mit dem Auto und der Geschlechtsverkehr seien einvernehmlich gewesen, erklärte er. Da ihm diese Aussage nicht zu widerlegen war und auch keine Spuren gefunden wurden, die auf Gewalteinwirkung hätten schließen können, habe man den Verdächtigen damals wieder laufen lassen müssen. Es wurden aber weitere Ermittlungen eingeleitet.

"Wenn zwei Personen aus einer erst kurze Zeit zuvor beendeten Beziehung völlig unterschiedliche Angaben zu gegenseitigen Anschuldigungen tätigen, muss der Sachverhalt genau abgeklärt werden", so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Den Mann deswegen so lange in Haft zu nehmen, sei rechtlich nicht praktizierbar. Allerdings habe man dem 30-Jährigen damals den Kontakt zu seiner Ex-Partnerin untersagt.

 
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