Den Internet-Fahndern der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) in Bamberg ist mit Hilfe der europäischen Justiz-Koordinierungsstelle "Eurojust" in Georgien und Israel ein Doppelschlag gegen organisierten Betrug im Netz gelungen. Bei Razzien in Tiflis und Tel Aviv wurden 15 Objekte durchsucht und elf Verdächtige gefasst, darunter der mutmaßliche Chef der international agierenden Bande. Ein Staatsanwalt aus Würzburg, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht nennen will, war gemeinsam mit zwei Kollegen und 18 bayerischen Polizisten bei dem Einsatz in Israel dabei. Er fand dabei Hinweise auf Opfer "in Unterfranken und weltweit".
Festgenommen wurden acht Männer und drei Frauen im Alter zwischen 27 und 47 Jahren. Laut ZCB-Pressesprecher Nico Goldbeck gehören sie "zur obersten Führungsebene einer kriminellen Organisation, die mit Fake-Onlineplattformen Anleger um vermeintliche Investments in Millionenhöhe gebracht haben sollen". Tatsächlich sollen die Beschuldigten aber allein das Ziel verfolgt haben, die Gelder der arglosen Anleger für sich zu vereinnahmen. Die Ermittler schätzen den Schaden auf mindestens 50 Millionen Euro.
Hunderte gutgläubige Investoren aus Unterfranken
Ins Rollen brachte den Fall die Anzeige eines Betrugsopfers aus der Oberpfalz. Die Spur führte die Ermittler der ZCB dann von weiteren Betrogenen wie Gerd B. aus dem Landkreis Schweinfurt nach Tiflis in Georgien - wo der Großteil seiner ersparten 30 000 Euro längst in den Taschen der Betrüger verschwunden war. Auch Petra S., die in einer Winzergemeinde bei Kitzingen wohnt, fiel auf die Kriminellen herein: per E-Mail überwies sie eine Summe im sechsstelligen Bereich nach Tel Aviv in Israel. Empfänger des Geldes waren auch hier Hintermänner des kriminellen Netzwerkes.
Das Geschäft der Betrüger ist einträglich: "Cybertrading" heißt die kriminelle Masche. "Allein in Deutschland haben wir zehntausend bekanntgewordene Fälle – mit einer hohen Dunkelziffer", bilanziert Nico Goldbeck von der Zentralstelle Cybercrime.
Allein in Unterfranken dürfte die kriminelle Organisation seit 2015 hunderte gutgläubige Investoren in die Falle gelockt haben, schätzen Ermittler. Die Justiz kämpfte lange gegen ein Phantom, das vom Ausland aus agierte und nur schwer greifbar war. Erst im Juni landete einer der zahlreichen Hintermänner einer solchen Bande vor dem Landgericht Würzburg - und im Gefängnis.
Cyber-Betrüger werben mit schnellen Gewinnen
"Mach dich reich in sieben Tagen" - mit solchen Versprechen werden Interessierte auf Cybertrading-Plattformen gelockt, auf denen mit Finanzinstrumenten gehandelt wird. Investoren wie die Geschädigten aus Unterfranken sollen zunächst zwischen 250 und 300 Euro überweisen.
Auf einem Internet-Konto wird ihnen dann von den angeblichen Anlageberatern wenig später angeblich ein satter Gewinn überwiesen - nicht ohne ihnen vorzurechnen, wie viel sie bei einer deutlich höheren Investitionen gewonnen hätten. Die Kunden legen immer mehr Geld nach, "bis in den siebenstelligen Bereich", sagt Goldbeck. Den Ermittlern zufolge werde es aber nie investiert, sondern über mehrere Konten den mutmaßlichen Betrügern zugeschleust.
Die ZCB strebt nun die Auslieferung der vier in Israel Festgenommenen sowie einer in Georgien festgenommenen Person an. Deshalb kann sich der am Fall beteiligte Würzburger Staatsanwalt auch nach seiner Rückkehr nach Unterfranken nicht auf dem Erfolg ausruhen: "Auslieferungen aus Israel sind kompliziert", weiß er aus Erfahrung.