Seit Sommer 2016 legen in Ochsenfurt Hotelschiffe an. In der Stadt ist bisher nur wenig von den Schifffahrtstouristen zu merken. Nun nehmen die Pläne, wie Ochsenfurt in das Programm von Schiffsreisenden eingearbeitet werden kann, langsam konkretere Form an.
Die Zahl der Flusskreuzfahrtschiffe, die an der Anlegestelle am rechten Mainufer vor Anker gehen, habe sich verstetigt, sagt Wolfgang Duscher, Verwaltungsleiter der Stadt Ochsenfurt. Für die Monate Juli bis einschließlich Oktober 2017 lägen bereits 31 feste Buchungen verschiedener Reedereien vor, dazu kämen die Spontanbuchungen. Dass die Hotelschiffe bisher noch keinen merklichen touristischen Aufschwung in die Stadt gebracht haben, begründet Duscher so: „Das größte Problem ist die Zeitschiene – die Erwartungen beim Thema Flusskreuzschifffahrt sind groß, im Marketing der Reederei bewegt sich aber nur langsam etwas.“
Die Anlegestelle in Ochsenfurt ist Eigentum des Flussfahrt-Anbieters Viking River Cruises, einem Weltkonzern mit Schiffen, die in ganz Europa unterwegs sind. „Die Viking-Marketingabteilung hat ihren Sitz in den USA und kümmert sich um langfristige, weltweite Entwicklungen wie etwa die Erschließung des chinesischen Marktes“, so Duscher. Ansprechpartner für die Stadt Ochsenfurt sei daher zunächst die in Basel ansässige Abteilung „Land Operations“, in der die Vor-Ort-Ausflugsprogramme für die Touristen entwickelt werden. Ochsenfurt sei im Katalog der Reederei nicht als reine Anlegestelle, sondern als Anlaufpunkt und touristisches Ziel ausgewiesen, betont Duscher. Die Stadt soll demnach nun auch als Programmpunkt in den Bereich „Land Operations“ aufgenommen werden. „Diesen Prozess versuchen wir zu beschleunigen – indem wir selbst ein Programm ausarbeiten, das wir Viking anbieten.“
Keine Konkurrenz zu Würzburg oder Rothenburg
„Wir wären froh, wenn wir in unserer Planung schon weiter wären“, sagt Viking-Geschäftsführer Thomas Bogler. Zwar werde Ochsenfurt ja bereits angefahren, „unseren Fahrplan auf der Mainstrecke zu halten, ist aber ein Problem – die Schleusen sind ein Zeitkiller“. Für Ochsenfurt gebe es zwei Fahrplanvarianten, die der Marketingabteilung vorlägen. Über diese soll in den nächsten Wochen entschieden werden. Für 2018 sind bisher 65 Anläufe, davon 35 Viking-Schiffe, geplant (im Vergleich: 2017: 45 Anläufe, davon 25 Viking-Schiffe); die Aufenthaltsdauer werde zwischen zwei und sechs Stunden liegen.
Aktuell halten sich die Schiffe bis zu vier Stunden in Ochsenfurt auf. Von dort werden den Passagieren Bus-Ausflüge nach Rothenburg oder zur Residenz nach Würzburg angeboten.
„Wir wissen, dass wir nicht mit diesen Zielen konkurrieren können“, sagt Duscher. „Aber: Die 20 bis 30 Leute pro Schiff, die an keinem dieser Ausflüge teilnehmen möchten, sind unsere Zielgruppe.“ Ihnen will man ein Programm anbieten, das beispielsweise so aussehen könnte: eine einstündige Stadtführung, anschließend ein Kurzausflug nach Sommerhausen; bei der Rückkehr nach Ochsenfurt eine Bierprobe, nach der die Urlauber wieder auf das Schiff zurückkehren.
Den Schiffsreisenden einen Ausflug in die Stadt anzubieten, findet auch Bogler sinnvoll, schließlich müsse man nur über die Alte Mainbrücke gehen, um mitten im Geschehen zu sein. Der Viking-Geschäftsführer kann sich einen Stadtrundgang vorstellen – oder Zeit zur freien Verfügung, die die Gäste zum Bummeln und Souvenir-Kaufen nutzen.
„Ochsenfurter Originale“ laufen „wie eine Eins“
Konkrete Ideen, wie man Schiffstouristen für Ochsenfurt interessieren könnte, hat man auch beim Stadtmarketing. Ein guter Slogan für Ochsenfurt wäre „die Bierstadt im fränkischen Weinland“, findet Anne Derday, Leiterin der städtischen Tourist-Information. Eine Stadtführung mit dem Ochsenfurter Bierbrauer gibt es bereits – sie könnte in leicht abgewandelter Form, mit einem 45-minütigen Stadtrundgang und zwei je etwa 20-minütigen Bierverkostungen, an die Schiffstouristen angepasst werden.
Diese sind laut Thomas Hermann, Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins, anspruchsvoll: „Die Gäste haben auf ihrer Reise schon viele Stadtführungen erlebt und erwarten eine Veranstaltung mit Eventcharakter.“ Ein hoher Qualitätsstandard unter den Gästeführern sei daher Pflicht. „Es reicht nicht, ein enormes historisches Wissen zu haben, man muss es auch unterhaltsam vermitteln können“, betont Derday. Das Angebot an Stadtführungen wurde daher ausgeweitet: Neben der klassischen Variante können sich Gäste seit April auch von einem Nachtwächter oder von „Ochsenfurter Originalen“ führen lassen, zum Beispiel vom „Türmer“, dem „Tratschweib“ oder dem „Bierbrauer“. „Diese Führungen, die teils wie ein Schauspiel gestaltet sind, und bei denen die Führer Kostüme tragen, laufen wie eine Eins“, so Derday.
Dementsprechend sei der Bedarf an qualifizierten Stadtführern gestiegen. Von zehn auf 16 hat sich die Zahl der Gästeführer seit Jahresbeginn erhöht – im Frühjahr konnte man sich in einem von der Stadt geförderten VHS-Kurs zum Gästeführer ausbilden lassen. Etwa ein Drittel der 16 könne eine Führung auch auf Englisch halten, sagt Derday.
Wie wichtig der Hinweis „we speak English“ auch in Geschäften und Cafés sei, betont Hermann. Auch sogenannte „Tax-free-Systeme“ – einfache und für den Händler kostenlose Möglichkeiten, Kunden aus Übersee die Mehrwertsteuer zu erlassen –, seien unverzichtbar. „Spricht man in einem Geschäft kein Englisch und kann seine Waren nicht tax free anbieten, ist man für die Schiffstouristen, von denen der Großteil aus den USA und aus Australien kommt, nicht interessant“, so Hermann. Möchte ein Geschäft vom Schiffstourismus profitieren, gibt es einiges zu beachten, sagt auch Duscher. „Die Geschäftsleute müssen die Zollvorschriften kennen und den Kunden anbieten, die Ware per Kreditkarte zu zahlen sowie größere Sachen nachzuschicken.“
Schifffahrt als Puzzlestück im Gesamtbild
Insgesamt dürfe man nicht zu viel von Schiffstouristen erwarten, ist Derday überzeugt. Sie seien mit all-inclusive-Touristen vergleichbar, die wenig zusätzlich zu ihrem Reisepaket bräuchten. Aber: „Wem es in Ochsenfurt gefallen hat, der erzählt es vielleicht weiter – oder kommt im besten Fall selbst wieder“, hofft Derday. Zudem passiere einiges im Hintergrund, ergänzt Hermann.
Die Zulieferindustrie etwa profitiere durchaus vom Schiffstourismus: Frisches Obst, Gemüse und Brötchen von lokalen Anbietern werden täglich auf den Schiffen benötigt – ebenso wie regelmäßig Abfall entsorgt werden muss.
Im Rathaus betont man, das große Ganze im Blick zu haben. „Wir wollen Ochsenfurt als Marke entwickeln und etablieren“, sagt Duscher. Dazu seien viele kleine Schritte nötig: Touristische Entwicklung sei ein langfristiges Projekt, und die Schifffahrt ein einzelnes Puzzlestück im Gesamtbild. „Tourismus ist schon jetzt eine wichtige Säule für Ochsenfurt“, so Bürgermeister Peter Juks. „Der Fluss und der historische Stadtkern sind wie ein Fünfer im Lotto, das muss man nutzen.“ Neben den Hotelschiffen sieht er die Mainufergestaltung, die Altstadtfähre Nixe, die Pläne zum Flockenwerk und das Projekt „Wohnmobilstellplatz“ als wichtige touristische Themen. „Das sind lauter kleine Rädchen, die irgendwann ein größeres drehen.“
Nach den Pollen kommen dann die Insekten.
Wer will dann noch in Hopferstadt wohnen?
Ätsch ich trau mich mit Namen!!