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WÜRZBURG
Nicht alle Schiffstouristen fahren nach Rothenburg
Flusskreuzfahrtschiffe in Wuerzburg       -  Die Saison der Flusskreuzfahrt auf dem Main beginnt an diesem Samstag. Dann werden wieder täglich bis zu fünf Schiffe in Würzburg anlegen. DANIEL PETER
Foto: Archivfoto: | Die Saison der Flusskreuzfahrt auf dem Main beginnt an diesem Samstag. Dann werden wieder täglich bis zu fünf Schiffe in Würzburg anlegen. DANIEL PETER
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:14 Uhr

Die Meinungen in Einzelhandel und Gastronomie sind geteilt. Der Marketingverein „Würzburg macht Spaß“ (WümS) hat Ende vergangenen Jahres kritisiert, dass Würzburg für die Schiffe nur Parkplatz sei, von dem aus nach Rothenburg fahren. Die lokale Geschäftswelt profitiere kaum von diesen Touristen.

Das ist auch die Erfahrung von Peter Hülsemann. „Bei uns kommen zwar einige in den Laden, lassen aber keine nennenswerten Umsätze da“, sagt der Eigentümer der „Hülsemann Confiserie“ in der Schustergasse.

Nur die Hälfte fährt nach Rothenburg

„Aus städtetouristischer Sicht ist der Schiffstourismus positiv“, meint dagegen der Würzburger Tourismusdirektor Peter Oettinger. Auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit WümS und dem Handelsverband Bayern (HBE) gab es dazu Fakten.

„Nur die Hälfte der Gäste fahren von Würzburg nach Rothenburg. „Denn dieser Ausflug muss bei einigen Veranstaltern extra bezahlt werden.“, sagt Karl Pfaff. Seit 25 Jahren betreut der Gästeführer Kreuzfahrt-Touristen.

Von ihren fünf bis elf Stunden in Würzburg blieben den meisten Gästen nach dem Besuch der Residenz noch zwei bis fünf Stunden zur freien Verfügung in der Innenstadt.

Viele kaufen Souvenirs ein

Diese würden sie mit Einkaufen oder bei Kaffee und Kuchen oder einem Snack verbringen. „Viele nutzen die Gelegenheit deutsche Spezialitäten zu probieren.“

Pfaff schätzt, dass die rund 1000 jährlich anlegenden Schiffe rund 126 000 Touristen nach Würzburg bringen. Angesichts von geschätzten drei Millionen Tagestouristen im Jahr sind das nicht viele. „Aber Schiffstouristen sind zahlungskräftig“, sagt der Gästeführer.

Australier und Amerikaner geben viel Geld aus

Die vorwiegend aus Australien und den USA kommenden Besucher würden mehr Geld ausgeben als andere. 28 Euro pro Tag laut einer 2015 in Bamberg erstellten Studie: das meiste davon für Souvenirs.

30 bis 40 Euro pro Kopf und Tag kommen für Fixkosten wie die Liegegebühr der Schiffe, Bus- und Führungskosten und ähnliches dazu. Auch dieses Geld bleibt in der Region.

Wie können Einzelhändler, Gastronomen oder Weinwirtschaft ein größeres Stück von diesem Kuchen abhaben?

Kreditkarte, englisch und „Tax-free“

„Unsere Gäste erwarten, dass sie auch Kleinstbeträge mit Kreditkarte zahlen können und freuen sich, wenn sie auf englisch bedient werden“, nennt Ulrike Kempe vom australischen Reiseveranstalter Australian Pacific Touring (APT) zwei Punkte.

Einen weiteren erklärt Volker Wedde, HBE-Bezirksgeschäftsführer. Er stellte „Tax-free-Systeme“ vor, das einfache und für Händler kostenlose Möglichkeiten, um Kunden aus Übersee die Mehrwertsteuer zu erlassen.

„Aber wie kommen diese Kunden überhaupt zu mir?“ Die Frage eines Trachtengeschäft-Inhabers ist die zentrale des Abends.

Auf diese bekommen die rund 100 Zuhörer aus Einzelhandel, Gastronomie, Weinwirtschaft und anderen Branchen an diesem Abend aber keine Antwort.

Einkaufsführer sind auf den Schiffen nicht erwünscht

Einkaufsführer erlauben Reiseveranstalter ebenso wenig auf ihren Schiffen, wie zum Beispiel Flyer. „Damit kämen wir in den Ruch, unsere Gäste zu bestimmten Unternehmen zu schleppen und dafür Provisionen zu kassieren“, erklärt Kempe von APT. Australier seien da empfindlich.

WümS-Geschäftsführer Wolfgang Weier und Wedde vom HBE wollen jetzt andere Möglichkeiten ausloten, wie der Einzelhandel zum Beispiel an der Infostele an Anlegestellen werben und informieren kann.

Dass Schiffstourimus längerfristig wirkt und diese Wirkung nicht nur in Euro messbar ist, betont Tourismus-Direktor Oettinger. „Diese Gäste sind Multiplikatoren, die andere Reisende motivieren nach Würzburg zu kommen.“ Außerdem bringen sie internationales Flair in die Stadt und ihre „wunderschönen Schiffe“ bereicherten das Stadtbild.

Daten und Fakten

Anlegestellen für Kreuzfahrtschiffe sind am Ludwigskai, im Alten und im Neuen Hafen. Dort können insgesamt acht Schiffe anlegen. In der Hochsaison zwischen April und Oktober kommen vier bis fünf Kabinenschiffe täglich in die Stadt.

Die meisten Schiffe sind 130 Meter lang, haben 60 Crewmitglieder und durchschnittlich 166 Betten, die im Schnitt zu 80 Prozent ausgelastet sind. Die Gäste kommen zu 47 Prozent aus den USA, zu 35 Prozent aus Australien, der Rest aus Kanada und England. Zwischen 270 und 1000 Euro zahlen sie pro Person für die Nacht in der Doppelkabine. Die Hauptroute geht in zwei Wochen von Amsterdam nach Budapest.

Die WVV-Tochter Würzburger Hafen Gesellschaft (WHG) nimmt pro Schiff zwischen 880 (halbtags) und 1170 Euro (ganztags) an Liegegebühr ein – insgesamt sind das zwischen 860 000 und 1,25 Millionen Euro jährlich. 400 000 Euro hat die WVV zum Beispiel in den Ausbau der Anlegestelle Löwenbrücke investiert.

 
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    Man muss sich schon fragen, warum überhaupt noch so viele Leute gern in Würzburg wohnen? Massentourismus, Schwefelgestank, schlechte Luft, Touristen = Störfaktoren, Arbeitgeber = Schmarotzer und Steuerbetrüger. Der Franke ist von Natur miesgelaunt, grantler und negativ eingestellt. Am Vorurteil scheint doch etwas dran zu sein. Leute, freut euch des Lebens, ihr habt nur eins und macht nicht alles runter und schlecht.
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  • fheilgenthal@t-online.de
    Abgesehen von der beträchtlichen Umweltverschmutzung stellt sich auch die Frage nach dem volkswirtschaftlichen Sinn dieses boomenden Massentourismus-Zweiges. Die Reederei Viking als Beispiel: Die Gründer, mit Wohnsitz in Holland, sind gute Geschäftsleute. Ihr Firmensitz ist in Basel in der Schweiz und das Personal stammt aus Niedriglohnländern. Wohin fließen die Steuern? Bezahlen sie den Mindestlohn?

    Weil Würzburg keine Kapazitäten mehr hat, „spendiert“ Viking Kommunen in der Region Anlegestellen. Beim Argument „kostenlos“ bricht bei manchen Kommunalpolitikern und Touristikleuten blanke Euphorie aus. Wie knallhart das Geschäft ist, zeigt, dass Viking die „spendierten“ Anlegestellen gegen gutes Geld auch an die Konkurrenz vermietet. Übrig bleiben eine Haltestelle für den Bustransfer – vielleicht sogar nach Würzburg - und vor sich hin stinkende Schiffe an bisher unbelasteten Mainufern.
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  • kej0018@aol.com
    Schön, daß so viele Gäste nach Würzburg kommen und hoffentlich einen positiven Eindruck mit nach Hause nehmen.
    Leider gibt es aber auch die Schattenseiten des Schiffstourismus. Zum einen wären da die Abgasemissionen, Schiffsdiesel ist ein besonders mieser und gifthaltiger Treibstoff. Um Stromkosten an der städtischen Anlegestelle zu sparen betreiben viele Schiffe ihre bordeigenen Stromaggregate und womit? Klar, mit schwefelhaltigem Schiffsdiesel, an dem die Würzburger dank der Kessellage der Stadt auch teilhaben dürfen.

    Viel seltener, aber leider auch schon persönlich wahrgenommen, ist die kostengünstige Abwasserentsorgung, die beim Ablegen mal eben versehentlich vorgenommen wird, die Schiffsschrauben verquirlen die trübe Brühe dann auch schön und das ganze stinkt dann zum Himmel.

    Dank angegebener Passagierkapazität der Schiffe sowie gesammelter Erfahrungswerte kann man ja abschätzen, wie hoch in etwa Stromverbrauch und Abwasservolumen sein wird und eine Pauschale einfordern.
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  • peterlesbub
    Vielleicht könnte die von uns Lesern mal teuer bezahlte Tageszeitung recherchieren:
    Nach welchen Kriterien werden die Liegegebühren verrechnet ?
    Nach meiner Kenntnis gab es im Hamburg (natürlich kein Vergleich mit Würzburg) vor Jahren die Hauptemissionen durch den Schiffsverkehr. Jetzt hat man dort die Liegegebühren für Schiffe mit hohen Schadstoffwerten(Schiffsdiesel ist ansonsten Sondermüll !) so drastisch erhöht, dass diese fern bleiben. Gleichzeitig hat man die Entsorgungsgebühr in die Liegegebühr eingerechnet, so dass niemand mehr aus Geiz gezwungen ist, die Siffe ins Hafenbecken zu versenken.
    Eine Neuordnung der Liegegebühren löst natürlich nicht das Problem der durchfahrenden Schiffe.
    Vielleicht wäre es für Herrn Dobrindt besser gewesen, die Zeit , die er in die Automaut gesteckt hat zu verwenden, um das Schiffsproblem in diesem Sinne, gerne europaeinheitlich, anzugehen.
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  • tonili
    "...400 000 Euro hat die WVV zum Beispiel in den Ausbau der Anlegestelle Löwenbrücke investiert."
    Was ja hoffentlich auch in der Region bleibt und von ortsansässigen Firmen ausgeführt wird. grinsen
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