
Als Nilpferddame Amanda bei der "Fastnacht in Franken" im Jahr 2018 den damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer durchs Fernsehen schimpfte, weil der in Berlin bei Koalitionsgesprächen statt in Veitshöchheim war - da war es eigentlich Peter Schmehl, den sie beschimpfte. Der trug die Steadycam, in die Amanda mangels echtem Seehofer motzte.
Mitten drin sein bei "Fastnacht in Franken" vor dem Fernseher: Wenn man diesen Eindruck hat, wenn Volker Heißmann und Martin Rassau durch die Politikerreihen schlendern oder Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sich schier kaputtlacht, dann verdanken wir diese Bilder Peter Schmehl und Johann Albrecht.
Seit 2018 bilden der Kameramann und sein Assistent das Team, das die Prunksitzung näher ins Wohnzimmer bringt. Manchmal fängt eine andere Kamera ein, wie die beiden - gerne auch mal rückwärts - durch die Mainfrankensäle laufen.
Mit Kamera frei im Raum: Ein Federarm fängt alle Stöße ab
Schmehl leistet dabei Schwerstarbeit, seine Steadycam bringt mit allem Zubehör und den Akkus locker 30 Kilogramm auf die Waage. Was das Besondere daran ist, erläutert der 42-Jährige so: Weil ein Federarm alle Stöße abfange, erzeuge diese Kamera wackelfreie Bilder, auch wenn er mit ihr schnell durch den Saal läuft. So könne man sich mit einer Steadycam völlig frei durch den Raum bewegen und den Zuschauern geben, sie wären gerade dabei.
Sportlich müsse man sein. Und er trainiere auch regelmäßig, sagt der Kameramann, sonst könnte er die 30 Kilo nicht fast vier Stunden lang durch den Saal tragen. Dafür dürfe er zwischendurch mal einen Schluck trinken, erzählt Schmehl. Zwar könne er wie alle in der Produktion während der Live-Sendung nicht zur Toilette - "aber ich schwitze es aus".
Peter Schmehl und Johann Albrecht sind ein fest eingespieltes Team und bei "Fastnacht in Franken" an diesem Freitagabend zum achten Mal dabei. "Man braucht absolutes Vertrauen ineinander", sagt Assistent Albrecht. Er könne anhand von Schmehls Bewegungen vorhersagen, was der jetzt vorhabe. Er wisse dann, dass er gleich rückwärts laufe und könne ihn absichern.

Zwar kenne er sein Umfeld und den Saal genau, sagt Schmehl. Aber schon eine Kellnerin oder ein Gast, der zur Toilette geht, könnten ihm in die Queere kommen. Das verhindert der Assistent.
Drum arbeitet der Mann aus Anzing bei München bei der BR-Kultsendung auch am liebsten mit Johann Albrecht zusammen. Der sei quasi sein dritter Arm: Um die Kamera zu führen, zu zoomen und die Bilder dabei scharfzustellen, braucht es drei Hände. Scharfstellen ist deshalb Job von Albrecht, selbst auch Kameramann.
Auch schon mit Helene Fischer gedreht und für Werbefilme
Zur Steadycam kam Schmehl gleich zu Beginn seiner Karriere als Kameramann. Er arbeitete viel in den USA, wo Garrett Brown diese Kamera 1975 erfand. Fasziniert von dieser Technologie, belegte er Workshops und lernte bei Brown selbst den Umgang damit. Die Ausrüstung kostet übrigens schon allein ohne die Kamera selbst zwischen 80.000 und 100.000 Euro.

Die beiden sind keine festen Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, Schmehl hat sich mit seiner Steadycam selbstständig gemacht. Da müsse er sich nicht festlegen, ob er als Fernseh-, Spielfilm- oder Dokumentarfilmer arbeite. Steadycams sind in allen Produktionen gefragt.
So hat er schon Musikvideos mit Helene Fischer gedreht und ist für das diesjährige Champions-League-Finale in München gebucht, er filmt bei Konzerten, Shows, aber auch für Filmproduktionen oder Werbefilme.
Bei guten Gags mitlachen? Für die Kameraleute möglich
Der Job in Veitshöchheim mache ihm und seinem Assistenten besonders viel Spaß. Das Team, die Künstlerrunde, die nette Zusammenarbeit seien schon etwas ganz Besonderes. Seine Familie schaue zu Hause am Fernseher zu und freue sich schon auf den Abend.
Was, wenn die beiden Kameramänner trotz aller Anspannung mal herzhaft über einen Gag lachen müssen? Das stecke der Federarm seiner Steadycam weg, sagt der 42-Jährige. Gelegentlich blicke er über den Rand seines Monitors hinaus und höre auch zu. Alles könnten sie nicht mitbekommen, sagt Albrecht. Wegen der Kopfhörer, über die Redaktion, Regie und Bildregie mit ihnen kommunizierten. Da herrsche schon mal Stimmengewirr und man müsse sich konzentrieren, um keine Anweisung zu verpassen.

Was den beiden nicht entgeht, sind die Reaktionen der Saalgäste, wenn die Steadycam in ihre Richtung schwenkt. Da würden alle gleich sehr aufmerksam, einige angespannt. Vor allem die Politiker wollten dann eine gute Figur machen, sagen die zwei Kameramänner. Wenn Künstler runter von der Bühne zu den Politikern gehen, sei dies stets die größte Herausforderung. Vor allem Volker Heißmann und Martin Rassau seien unberechenbar, weil sie ihren Weg sehr spontan wählen würden. Was auf der Bühne passiert, sei im Gegensatz dazu eher berechenbar.
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Gabriele Rosenkranz-Höhn