Wenn Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern an diesem Freitagabend entspannt vor dem Fernseher Platz nehmen und "Fastnacht in Franken" schauen, sitzt Edith Schneider mit ihren Kollegen in höchster Konzentration vor einer Wand voller Bildschirme. 13 Kameras sorgen in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen dafür, dass dem TV-Publikum nichts entgeht. Ob Blick auf die Bühne oder ins Saalpublikum - welche Kamera gerade live auf Sendung geht, das entschiedet seit 28 Jahren Edith Schneider.
Im gerade mal rund 20 Quadratmeter großen Ü-Wagen vor der Halle sitzt die 63-jährige gebürtige Karlstadterin neben Regisseur Thomas Kornmayer. Und auch Redaktionsleiter Norbert Küber und Redakteur Rüdiger Baumann verfolgen hier den Ablauf der Sendung, geben Hinweise und Anweisungen: "Gib mir noch mal den Söder", heißt es dann beispielsweise. Oder: "Geh noch näher an den Michl Müller ran."
Chefin im Übertragungswagen: Ständig im Gespräch mit den Kameraleuten
Edith Schneider und Regisseur Kornmayer sind die Einzigen, die via Headset mit allen 13 Kameraleuten in Kontakt steht. Ständig haben sie auch die Bilder aller Kameras im Blick. Fast vier Stunden lang muss Schneider voll konzentriert sein. "Und ich bin immer am Reden", sagt die Cutterin, weil sie jeden Kameramann und jede Kamerafrau vorwarnen muss, wenn sie in Kürze ihre Position braucht. Oder wenn sie einen Schwenk möchte oder ein bestimmtes Motiv näher herangeholt haben will.
Wie hält man das durch? Sie nehme während der Live-Übertragung keinen Tropfen Flüssigkeit zu sich, versichert Edith Schneider: "Schon drei Stunden vorher trinke ich nichts mehr." Mal schnell zur Toilette - das geht von 19 bis 23 Uhr schlicht nicht. Bei einem Live-Konzert habe sie mal den Fehler gemacht und vorher etwas getrunken - es sei ein Albtraum geworden.
Seit sie 1988 ihre Ausbildung zur Schnittmeisterin beim Bayerischen Rundfunk begann, lebt Edith Schneider in München. Ihre Vorliebe für den Fasching hatte aus dem heimischen Stetten, einem Ortsteil von Karlstadt (Lkr. Main-Spessart), mitgebracht. In der Winzergemeinde war sie von 1983 bis 1985 die erste Weinprinzessin gewesen und hatte mit ihren Schwestern die "Schneider-Sisters" gegründet. Mit Gesangseinlagen bei Festen und vor allem im Fasching treten die Stettener Schwestern bis zum heutigen Tag auf.
So sei es damals beim BR ihr größter Wunsch gewesen, die Produktion von "Fastnacht in Franken" zu begleiten, sagt Edith Schneider. Schnell durfte sie im Bildschnitt assistieren, seit 1997 zeichnet sie allein dafür verantwortlich. Für die laufende Fastnachtssaison machte die 63-Jährige bereits den Bildschnitt bei den Aufzeichnungen der "Närrische Weinprobe", von "Franken Helau" aus Bad Rodach und der Nachwuchssendung "Fastnacht in Franken - jung und närrisch".
Fastnacht in Franken: Für die Cutterin des BR ist es der Höhepunkt des Jahres
Für sie sei "Fastnacht in Franken" die schönste Produktion im ganzen Jahr, sagt die gebürtige Unterfränkin. Viele Kameraleute seien schon lange dabei, einige so lange wie sie selbst. Da treffe sich in jedem Jahr in Veitshöchheim eine Familie, sagt sie. Und die eigentliche Familie sei ja auch nicht weit, ihre Geschwister würden nach wie vor in Karlstadt leben.
"Fastnacht in Franken" sei auch die längste und die anstrengendste Produktion. Denn die Proben für die Live-Sendung beginnen eineinhalb Wochen davor. Dann wird das 205 Seiten starke Drehbuch abgearbeitet, das sämtliche Regieanweisungen enthält.
Doch auch wenn mit den Akteuren alle Auftritte geprobt würden: Nicht planbar seien die Publikumseinblendungen, die Reaktionen der angesprochenen Politikerinnen und Politiker. "Da muss ich einfach superschnell sein und spontan reagieren", sagt Schneider. Das Publikum daheim vor dem Fernseher wolle schließlich sehen, wie Söder, Aiwanger und Co reagieren. "Das kann man nicht proben, das ist das Anstrengendste. Vor allem auch für die Kameraleute", sagt die Cutterin. Besonders gefragt seien da die beiden tragbaren Kameras und eine so genannte Steadicam, die trotz ihrer großen Bewegungsmöglichkeiten immer verwacklungsfreie Bilder liefert. Doch die tragbaren Kameras seien auch ganz schön schwer .
Bei den Proben notiere sie sich, welcher Künstler wann welchen Politiker anspricht. Von Anfang an stehe der Sitzplan für die Promis im Saal fest. So würden sowohl die Akteure auf der Bühne, als auch die Kameraleute genau wissen, wo wer sitzt.
Allerdings werde es dann doch nochmal schwierig: nämlich, wenn Politikerinnen oder Politiker sehr stark verkleidet und geschminkt sind oder Masken tragen. Deshalb steht sie mit einigen der Kameraleute vor der Sendung selbst am roten Teppich im Foyer - und schaut sich die eintreffenden Promis lieber genau an.
Die Eigenheit von Michl Müller und warum Heißmann und Rassau eine Herausforderung sind
Und welche Künstler sind am schwierigsten zu schneiden? Das muss Edith Schneider nicht lange überlegen: "Der Michl Müller ist ständig in Bewegung. Da müssen wir aufpassen, dass er uns nicht aus der Kamera rausläuft." Darum versuche immer eine Kamera, ihn in Nahaufnahme zu halten, und gleich zwei hätten die Bühne im Fokus.
Auch Sebastian Reich mit seiner Amanda sei eine Herausforderung, weil Amanda auch in der Bewegung immer wieder nah im Blick sein sollte, sagt Schneider. Und dann seien da noch Volker Heißmann und Martin Rassau, die zu Beginn gerne ins Publikum gehen und Politiker ansprechen würden. Dann könne man das 203-Seiten-Regiebuch vergessen. Wo die beiden stehen bleiben und ihre Witze machen - das sei einfach nicht planbar.
"Zusätzliche Aufmerksamkeit erfordert Matthias Walz", so Schneider. Die Filmeinspieler, die er seit ein paar Jahren hat, muss die Cutterin auf ein ausgemachtes Stichwort hin einspielen. Und in diesem Jahr wird's noch einen weiteren Auftritt mit solchen Kurzfilmchen geben.
Großer Fan der eigenen Sendung: Alle Orden und Artikel gesammelt
Als großer Fan der Sendung, zu der sie selbst ganz maßgeblich beiträgt, hat die 63-Jährige alle Faschingsorden von "Fastnacht in Franken" gesammelt und alle Zeitungsartikel über die Sendung.
Hat sie selbst denn überhaupt Zeit, auch mal über einen Witz zu lachen? Bei den Proben schon, sagt Edith Schneider. In Erinnerung aber werde ihr immer eine Szene bleiben, die damals selbst bei der Generalprobe noch nicht verraten worden war: Als 2019 bei Barbara Stamms Abschied aus der Politik alle Teilnehmenden zu ihren Ehren in einem blauen Kleid auf die Bühne kamen.
Nicht nur Barbara Stamm habe vor Rührung mit den Tränen gekämpft. "Da musste ich aufpassen, dass ich nicht im Ü-Wagen selbst das Weinen anfange", sagt die Cutterin. Noch heute bekomme sie Gänsehaut, wenn sie an diesen Moment denke.
Bei den anderen wo einen nicht so zusagen, kann man ja auch mal durch das Programm
knipsen und weitersurfen.