
Gewöhnlich schweigen Tatverdächtige während der Ermittlungen – und warten ab, was ihnen der Staatsanwalt beweisen kann. Christian B. aus Würzburg macht das Gegenteil: Der 44-jährige Sexualstraftäter – seit 2020 weltweit bekannt für den Verdacht, die dreijährige Maddie entführt und ermordet zu haben – geht jetzt mit einer handschriftlichen "Presseerklärung" aus der Zelle heraus an die Öffentlichkeit: Er fordert den Rücktritt der Braunschweiger Staatsanwälte wegen Vorverurteilung, wie die "Bild" berichtet.
Erste Straftaten gegen Kinder in Würzburg
Die handschriftliche Presse-Erklärung brauchte offenbar geraume Zeit, um aus dem Gefängnis an die Öffentlichkeit zu gelangen. Sie ist auf 8. Mai datiert. Es ist die erste Äußerung des Verdächtigen überhaupt zu dem mysteriösen Fall in Portugal. Die dreijährige Maddie war am 3. Mai 2007 aus einer Ferienanlage in Praia da Luz aus einem Apartment entführt worden. Der Fall erregte weltweit Aufsehen.

Der in Würzburg geborene B. war 2020 ins Visier der Ermittler geraten, weil sein Handy zur Zeit der Entführung in der Nähe des Tatorts eingeloggt gewesen sein soll. Und Freunde berichteten von wiederholten Äußerungen des verurteilten Sexualstraftäters, die nahelegen: Er weiß, was mit dem Mädchen passierte. Er wird auch mit der Vergewaltigung einer weiteren Frau und zwei Übergriffen auf Kinder in Portugal in Verbindung gebracht.
Der heute 44-Jährige stammt aus schwierigen Familienverhältnissen, kam als Jugendlicher in eine Pflegefamilie. Er war mit 17 Jahren nach Portugal geflohen, um in Würzburg einer Haftstrafe zu entgehen. Er war zuvor für zwei Übergriffe auf Kinder im Landkreis Würzburg verurteilt worden.
Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft sammelt noch immer Beweise und hat Zeit. Nach einer Verurteilung für Drogenhandel sitzt B. eine siebenjährige Haftstrafe für die Vergewaltigung einer 72-Jährigen in Portugal ab.
B. spricht von einer "Vorverurteilungskampagne"
Welche Indizien ihn im Fall Maddie verdächtig machen, hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig noch nicht offengelegt. Sie ist zuständig, weil B. dort nach der Rückkehr aus Portugal zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Staatsanwalt Hans Christian Wolters sagte auf Anfrage: B. sei bisher weder vernommen worden, noch sei bisher Anklage erhoben. Seine zeitweilige Pflegemutter im Landkreis Würzburg und seine heute in Schweinfurt lebende Ex-Freundin aus der Zeit der Entführung Maddies wollten auf Anfrage nicht über B. sprechen.

Nach zahlreichen Veröffentlichungen wendet sich der Verdächtige nun mit vollem Namen an die Öffentlichkeit: "Einen Beschuldigten anzuklagen ist das eine", schreibt er in dem Brief, den zuerst "Bild" veröffentlichte. "Ein unglaublicher Skandal ist es, wenn ein Staatsanwalt noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens eine öffentliche Vorverurteilungskampagne lostritt."
Handschriftliche Rücktritts-Forderung
B. fordert laut dem Brief die zwei leitenden Staatsanwälte auf, ihre Ämter niederzulegen. "Sie beweisen beide weltweit, durch willkürliche Verurteilungen in der Vergangenheit und durch skandalöse Vorverurteilungskampagnen in der Gegenwart, dass Sie für das Amt eines ,Anwalts für das ehrliche und der Justiz vertrauende deutsche Volk‘ nicht geeignet sind und Schande über das
deutsche Rechtssystem bringen", heißt es in dem Schriftstück, das uns vorliegt.
Dem Brief ist eine Zeichnung beigelegt. Sie zeigt die Staatsanwälte beim Essen in einem Restaurant, als sie "Filet Forensik" bestellen. Das ist wohl ein Verweis darauf, dass die Ermittler zugeben, keine forensischen Beweise (wie etwa die Leiche des Kindes) zu haben, die die Schuld von B. belegen.
Kein Kommentar von den Verteidigern
Hans Christian Wolters, Sprecher der Staatsanwaltschaft, sagte am Montag auf unsere Anfrage: Er kenne den Brief nicht. Er halte aber nichts davon "etwaige Meinungsverschiedenheiten über die Medien auszutragen". Verteidiger Friedrich Fülscher sagte auf Anfrage: "Ich gebe dazu keinen Kommentar ab." Fülscher und sein Kollege Johann Schwenn ließen die Frage zur Echtheit des Briefes unbeantwortet.
Es kann nicht sein, dass hier Leuten immer wieder eine Plattform geboten wird, die bei jeder Gelegenheit gegen Polizei, Justiz und Medien verbal schießen, nur weil sie der Meinung sind, dass ihnen in der Vergangenheit einmal Unrecht getan worden ist.
Der Verdächtige erscheint mir schon recht lange verdächtig, ohne das erkennbar was weiter geht. Vielleicht hätte man erst mal ermitteln sollen, bevor es an die Medien geht.
Man kann sein Foto googeln.
Eigentlich nicht ok.
So schlimm der Vorwurf auch ist - und trotz Vorstrafe - er ist nicht verurteilt.
Nein, Herr Schweidler, so ist das nicht!
Viele Tatverdächtige (vor allem Unschuldige) würden sich gerne und ausführlich öffentlich äußern - Ihnen wird diese Möglichkeit nur nicht gegeben!
Herr Schweidler ist jedoch nicht auf dem Laufenden.
Auch ich habe aus der „Untersuchungshaft“ heraus Strafanzeige und Entfernung des zuständigen Staatsanwalts aus dem Amt gefordert, Staatsanwaltschaft Würzburg - und fordere das bis heute!
Darüber hat nur keiner berichtet, als letztes die örtlich zuständige Mainpost! Schließlich wurden mir keine schweren Straftaten zur Last gelegt - sondern nur eine „Störung des öffentlichen Friedens“: ich hatte gegen den Staatsanwalt Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht, daraus hat der dann den „Plan“ für einen „Amoklauf“ gebastelt.
Darüber wurde im Vorfeld durchaus berichtet....
Bis heute wird von den Justizbehörden die Entschädigung für zehn Monate „Freiheitsentziehung“ verweigert, die mir in meinem Freispruch zugesprochen wurde.
M. Deeg
Polizeibeamter a.D.
Polizeibeamter a. D.
Ich muss und will Ihnen widersprechen denn Hr. Schweidler von der MP hat recht, wenn er schreibt, dass sich Verdächtige bis zur Verhandlung ruhig verhalten.
Wenn sie sich äußern, dann allerdings über ihren Verteidiger.
Somit ist der Weg, den der Verdächtige hier gewählt hat schon etwas sonderbar, aber halt auch sein gutes Recht. Veröffentlichen muss das aber wiederum niemand.
Das Sie dies hier wieder zum Anlass nehmen, um auf Ihr persönliches Dilemma hinzuweisen, war fast schon klar. Wenn Sie schreiben, dass die MP damals nicht berichtet hat, dann war es halt so. Nicht jeder der die Öffentlichkeit sucht, bekommt sie auch.
Dafür benutzen und missbrauchen Sie hier aber unentwegt eine öffentliche Kommentarfunktion für ihren persönlichen Kleinkrieg gegen die Justiz und bekommen somit ja doch durch ein Hintertürchen ihre Öffentlichkeit, merken aber gar nicht, wie Sie andere damit nerven. Irgendwann muss auch mal gut sein.