zurück
Würzburg
"Es macht keinen Sinn, überstürzt seine Heizung rauszureißen": Wie Würzburg die kommunale Wärmeplanung angeht
Es geht ums Heizen ohne fossile Brennstoffe: Die Stadt Würzburg gehört zu den Vorreitern bei der kommunalen Wärmeleitplanung, das Fernwärmenetz soll deutlich ausgebaut werden.
Wie wird in Würzburg künftig geheizt? – Blick auf das Heizkraftwerk am Alten Hafen.
Foto: Fabian Gebert (Archivbild) | Wie wird in Würzburg künftig geheizt? – Blick auf das Heizkraftwerk am Alten Hafen.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:31 Uhr

Unter anderem mit Wärme aus dem Abwasser, dem Main und dem Trinkwassernetz wollen die Stadt Würzburg und die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs GmbH (WVV) die Klimaziele erreichen. Bereits Ende dieses Monats und damit noch vor Inkrafttreten des neuen Wärmeplanungsgesetzes der Bundesregierung wird die WVV eine kommunale Wärmeleitplanung in Auftrag geben, spätestens im Herbst 2024 soll das Konzept fertig sein.

Heizungen ohne fossile Brennstoffe wie Gas und Öl sind ein zentraler Bestandteil auf dem Weg zur Klimaneutralität, die in Würzburg bis 2040 erreicht werden soll. Bei der Erstellung einer Wärmeleitplanung, die durch das neue Gesetz für größere Kommunen verpflichtend wird, gehört die Stadt deutschlandweit zu den Vorreitern: Bereits ab September des kommenden Jahres sollen die Energieberater der WVV sämtliche Heizungsfragen für jedes einzelne Gebäude im Stadtgebiet fundiert beantworten können.

Es geht auch um schnelle Planungssicherheit

"Die Heizungswende ist eine große Herausforderung und eine große Chance. Es geht auch darum, möglichst schnell Planungssicherheit und Transparenz für jeden Einzelnen zu schaffen", sagt Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU), der zusammen mit Bürgermeister und Umwelt-Referent Martin Heilig (Grüne) und WVV-Geschäftsführerin Dörte Schulte-Derne bei einer Pressekonferenz über die Pläne informierte.

Die wichtigste Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger nach der monatelangen Debatte über das neue Gebäudeenergiegesetz: "Man sollte jetzt nicht überstürzt seine alte Heizung rausreißen", betonte Martin Heilig. Es mache aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen Sinn, mittel- und langfristig nicht mehr auf fossile Heizmethoden zu setzen, weil Öl und Gas nach der Reform des EU-Emissionshandels ab 2027 spürbar teurer werden.

Die Vergabe der kommunalen Wärmeplanung wurde seit Anfang des Jahres von Stadtverwaltung und WVV in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe vorbereitet. Durch das bereits vorhandene Fernwärmenetz, das derzeit durch das Müllheizkraftwerk und die neue Gasturbine im Heizkraftwerk an der Friedensbrücke Wärme in die angeschlossenen Haushalte bringt, hat Würzburg gute Voraussetzungen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Das Fernwärmenetz soll daher deutlich ausgebaut und verdichtet werden, vor allem in den Stadtteilen, in denen es schon Fernwärmeleitungen gibt.

Wichtigster Faktor: Einsatz von Wärmequellen ohne CO2-Ausstoß

Durch die Wärmeleitplanung "werden wir genau wissen, in welchen Straßen und Quartieren wir beginnen, und das werden wir dann auch schnell tun", kündigte Dörte Schulte-Derne an. In weniger innenstadtnahen und weniger dicht besiedelten Bereichen wird über Nahwärmenetze nachgedacht.

Wichtigster Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität ist aber der Einsatz von Wärmequellen ohne CO2-Ausstoß. Mit einer Machbarkeitsstudie und einer Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde bereits der Einsatz einer großen Wärmepumpe an der Kläranlage in der Zellerau genauer untersucht: "Das geklärte Abwasser hat eine konstante Temperatur von 12 bis 13 Grad. Dort könnten wir schon die Grundlast für Sommertage erzeugen", so die WVV-Geschäftsführerin.

Untersucht wird unter anderem der Einsatz einer Wärmepumpe an der Kläranlage in der Zellerau.
Foto: Johannes Kiefer (Archivbild) | Untersucht wird unter anderem der Einsatz einer Wärmepumpe an der Kläranlage in der Zellerau.

Überprüft wird derzeit auch, wie der Main und das Trinkwassernetz mit Wärmepumpen zur Wärmeerzeugung genutzt werden kann. Eine mögliche Nutzung von Erdwärme wird im kommenden Jahr ebenfalls genauer unter die Lupe genommen, auch wenn Schulte-Derne der Geothermie in der Region nur Außenseiterchancen einräumt: "Wir wollen uns aber nicht vorwerfen lassen, dass wir es nicht versuchen." Wegen des felsigen Untergrunds hat das zum Beispiel in zwei neuen Baugebieten in Lengfeld, die eigentlich durch Wärme aus dem Erdreich klimaneutral beheizt werden sollten, nicht geklappt. Auch den Einsatz von grünem Wasserstoff in den Heizanlagen von Privatwohnungen hält die WVV-Geschäftsführerin aus aktueller Sicht für unwahrscheinlich.

Bei der Stromwende geht die WVV derzeit bereits mit gutem Beispiel voran: Die Trinkwasserversorgung soll durch Solarstrom klimaneutral werden. Erstes Projekt ist der große Hochbehälter am Galgenberg, der noch in diesem Jahr mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet wird.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Patrick Wötzel
CDU
Christian Schuchardt
Geothermie
Heizkraftwerk Würzburg
Heizungen und Öfen
Kläranlagen
Martin Heilig
Stadt Würzburg
Wasserstoff
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top