Nach fast drei Jahren hat die quälende Ungewissheit für Erlabrunn (Lkr. Würzburg) jetzt ein Ende. Überraschend gestand der angeklagte Fahrer des gemeindeeigenen Streutraktors am Donnerstag vor dem Landgericht Würzburg: Er habe die Frau versehentlich überfahren. Er habe gedacht, er sei lediglich über einen am Straßenrand liegenden gelben Sack gefahren. Erst spät sei die Überzeugung bei ihm gereift, dass er seine Mitbürgerin überrollt habe, so Günther K.
Gisela K. war am Morgen des 5. Januar 2016 an einer Engstelle vor ihrem Haus tot gefunden worden. Zunächst glaubte man an einen Sturz auf glatter Straße. Erst die Rechtsmedizin fand eine Woche später heraus: Sie war von einem Traktor mit grobstolligen Reifen mehrfach überrollt worden.
Dessen Lenker fuhr weiter, ohne sich um sie zu kümmern, fanden die Ermittler heraus. Die Nachforschungen führten zum Fahrer des Streufahrzeuges. Günther K. wurde in erster Instanz zu 22 Monaten Haft verurteilt. Dagegen gingen er und Staatsanwältin Martina Pfister-Luz in Berufung.
Am Tag davor war das Ziel noch Freispruch
Wie im ersten Prozess vor Jahresfrist hatte Günther K. auch vor dem Landgericht geschwiegen. Seine Einlassung kam jetzt völlig überraschend. Verteidiger Martin Reitmaier hatte am Tag zuvor noch betont, Ziel der Berufung sei ein Freispruch.
Aber noch klarer als im ersten Prozess sprachen die Zeugenaussagen in den ersten fünf Verhandlungstagen gegen den Angeklagten. Immer wieder animierten ihn Gericht, Anklägerin und die Anwälte der Hinterbliebenen, "dem Drama ein Ende zu machen", so Anwalt Hanjo Schrepfer. Zuletzt sei am Mittwoch "in langen Gesprächen bis tief in die Nacht" bei seinem Mandanten der Entschluss gereift, sein Schweigen zu brechen, erklärte Verteidiger Reitmaier.
Angeklagter: "Es tut mir leid"
Der Angeklagte wandte sich im Gerichtssaal erstmals direkt an den Ehemann der Getöteten: "Erich, es tut mir leid", sagte er. An die trauernden Söhnen gewandt sagte er: "Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen."
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Atemlos lauschten die Zuschauer – vorwiegend aus Erlabrunn - mit den Prozessbeteiligten den Worten. Tränen flossen, auch der Witwer musste schlucken und nickte nur stumm. Er hatte nicht nur seine Frau verloren. Seine Familie hatte sich im Winzerort auch heftigen Anfeindungen ausgesetzt gesehen, seit die Ermittlungen direkt auf den Fahrer des Streutraktors zielten. "Da wurden Opfer zu Tätern gemacht", zürnte Nebenklage-Anwalt Norman Jacob.
Im Prozess hatten sich Zeugen, die den Angeklagten mit Schweigen oder Erinnerungslücken zu schützen versuchten, in Widersprüche verwickelt.Sie wurden teils heftig in die Mangel genommen. Einige knickten ein, einige brachten sich selbst in Schwierigkeiten. Handydaten waren gelöscht, Spuren am Traktor verwischt worden.
Richterin: Weitere Beweisaufnahme könne "unappetitlich" werden
Er sei "erleichtert, aber noch nicht zufrieden", sagte Witwer Erich K. nach der Verhandlung dieser Redaktion. Der Angeklagte habe "nur die halbe Wahrheit gesagt. Wir wollen die ganze Wahrheit hören".
Staatsanwältin Martina Pfister Luz sagte: "Der Angeklagte ist über seinen Schatten gesprungen, das ist ihm gewiss nicht leicht gefallen." Doch ihr war die Erklärung ebenso zu vage wie der Vorsitzenden Susanne Krischker: Die Version, geglaubt zu haben, man sei über einen Gelben Sack gefahren, klinge nicht wie ein Geständnis, sondern eher wie ein Abstreiten. Es blende die Unfallflucht und die Mitwirkung anderer Personen völlig aus. "Ich will wissen: Wer war da und wer hat was gemacht. Es sind viele Frage offen", sagte sie. Eine weitere Beweisaufnahme mit den Bildern der Rechtsmedizin und anderen Fakten "wird unappetitlich" und belaste die Hinterbliebenen weiter, warnte sie. Ein vollständiges Geständnis könnte seine einzige Chance auf eine Bewährungsstrafe sein.
Ob sich der Angeklagte dazu durchringt, ist abzuwarten. Auf Anfrage der Redaktion äußerte er sich nicht. Das Gericht wird noch den Polizisten als Zeugen hören, der federführend die Ermittlung betrieb. Dann haben die beiden Gutachter das Wort. Mit einem Urteil wird noch vor Weihnachten gerechnet.
Vielleicht dann, wenn man zur "richtigen" Seite gehört.
Nach dem was man hier zu lesen bekommt scheint es dort quer durch die Dorfbewohnen einen mächtigen Filz zu geben.
Die Familienangehörigen werden beschuldigt einem Gemeindeprominenten (diesen Status scheint der Angeklagte dort zu haben) "etwas anhängen" zu wollen, die Täter bzw. momentan Tatverdächtigen, ihre Mitwisser und Zeugen werden durch Falschaussagen, gegenseitige Deckungen und Anfeindungen gegenüber den Opfern geschützt oder unter Druck gesetzt.
Polizei (bzw. einzelne Polizisten), Feuerwehrleute, Gemeindemitarbeiter, sie alle scheinen den Berichten nach irgendwie in irgendetwas mit drin zu hängen und irgendwie in dieses Gestrüpp verflochten zu sein.
Jeder weiss vom anderen genau so viel, das der nicht offen legt was er weiß.
Ich vermute, dass das was dort passiert viel tiefere Wurzeln hat als das was ans Tageslicht kommt.
Wer kann sich denn wohl fühlen in so einem Ort?
Ich bin 49 Jahre alt und lebe seitdem in Erlabrunn.
Bin verheiratet, habe drei Kinder und bin tief in Gemeinde und Vereinen verwurzelt.
Ich fühle mich hier echt sauwohl.
Wir sind eine aktive Gemeinde und haben einen Bürgermeister, der sich in dem Fall überragend verhalten hat.
Leider gibt es auch den Täter und seine "Lüchebeudel-Fraktion". Daneben die Freunde und Familie, die dem Täter aus gutem Glauben unterstützt haben.
Täter und "Lüchebeudel" müssen und werden hoffentlich entsprechend bestraft werden. Da verlasse ich mich einfach mal auf Staatsanwaltschaft und Gericht.
Die Anhänger bzw. Familie, die dem Täter aus gutem Glauben unterstützt haben, an denen liegt es jetzt, die offenen Gräben wieder zu schließen. Die können jetzt dafür was tun, das wieder Friede im Dorf und bei Fam. Kempf einkehrt. Dass der Angeklagte auch der Täter ist, das ist seit gestern unumstößlich geklärt. Was für Erlabrunn gestern die beste Nachricht des Tages war.
Die Ansicht, man müsse dazu "vor dem heimischen PC" sitzen, kann also folglich nicht unterwegs gewesen sein passt nicht mehr so recht ins Jahr 2016, das war vielleicht mal in den 90er Jahren so.
Wenn aber der Angeklagte, oder sein Anwalt, Zeugen beeinflusst oder gar unter Druck setzt, dann ist das durchaus strafverschärfend. Da hat das Gericht noch ein dickes Brett zu bohren.
Als Beschuldigter darf man ausdrücklich lügen und abstreiten "daß sich die Balken biegen", das darf dem Angeklagten später nicht zum Nachteil gereichen.