Wenn der Frühling kommt, beginnt in Würzburg die Flohmarkt-Saison. Dann begeben sich Jäger und Sammlerinnen wieder auf die Suche nach außergewöhnlichen Schätzen und günstigen Schnäppchen. Zu den besonders beliebten Flohmärkten zählt von April bis Oktober der Markt auf den Talavera-Mainwiesen.
Der Aufbau beginnt am früh um sechs. Eine halbe Stunde später trudeln schon die ersten Besucherinnen und Besucher ein. Beim großen Flohmarkt am vergangenen Samstag haben wir uns auf die Suche nach besonderen Dingen gemacht - und die Verkäuferinnen und Verkäufer nach der Geschichte dahinter gefragt.
Vier außergewöhnliche Objekte und was es damit auf sich hat.
1. Zigarettensammelalbum "Das Reichsheer und seine Traditionen" aus den 1930er Jahren
Volker Schulze aus Würzburg hat ein altes Sammelalbum für Zigarettenetiketten an seinem Stand, das er von seinem Großvater, der bei der Deutschen Wehrmacht war, geerbt hat. "Früher waren die Zigarettenschachteln mit Klebeetiketten versehen, die man sammeln und in solch ein Album einkleben konnte", sagt Schulze. Die kleinen bunten Bilder zeigen verschiedene Divisionen und Regimenter in Kriegsszenen und erklären, um welchen Einsatz es sich handelt, wann er stattfand und woher die abgebildete Einheit stammt.
Schulze schätzt, dass das Album "Das Reichsheer und seine Traditionen" aus den 1930er Jahren stammt. Neben der 328 eingeklebten Sammelbilder beinhaltet es Listen mit den einzelnen Einheiten der Artillerie, Kavallerie und Infanterie sowie ihre Standorte und Gründungsjahre. "Als Kind habe ich das Buch gerne durchgeblättert und mir die bunten Bilder angesehen", erinnert sich der 59-Jährige. Mittlerweile verstaube das Buch bei ihm jedoch nur, deshalb wolle er es verkaufen.
2. Zeitungsartikel über den Untergang der Titanic von 1912
Einen Zeitungsartikel vom 21. April 1912 aus dem General-Anzeiger von Hamburg-Altona hat der Trödler Thilo Trescher aus Marktbreit (Lkr. Kitzingen) dabei. Der Artikel berichtet über den Untergang der Titanic am 12. April 1912 im Nordatlantik und ist mit einer Illustration des Passagierschiffs versehen.
Den Artikel habe er bei einer Wohnungsauflösung entdeckt, bei der er noch viele weitere Zeitungen aus der Zeit zwischen 1900 und 1930 erstand: "Es ist sehr selten, auf solch alte Zeitungen zu stoßen", sagt Drescher. Weil ihn dieser Titanic-Artikel besonders faszinierte und er das alte dünne Papier schützen wollte, rahmte er ihn.
3. Briefmarkensammlung aus den 1960er Jahren
Ronja Jäger aus Geroldshausen (Lkr. Würzburg) hat die Briefmarkensammlung ihres Vaters mit auf den Flohmarkt gebracht. In dem Album sind nicht nur Briefmarken aus Japan, Kanada oder dem Kongo zu finden, sondern auch aus der Zeit des Nationalsozialismus. Was es damit auf sich hat? Die 30-Jährige kann es nicht sagen - und ruft kurzerhand ihren Vater an.
"In den 60er Jahren konnte man als Kind sehr gut Briefmarken sammeln, weil manche Tankstellen kleine Tütchen mit alten Marken ausgegeben haben", sagt Vater Martin Seeberger am Telefon. Er und seine Freundinnen und Freunde hätten sie gesammelt und untereinander getauscht. Einige seiner Briefmarken seien sogar von 1918 gewesen. Die habe er inzwischen aber verschenkt.
Wie die Briefmarken aus dem Deutschen Reich in den Umlauf gekommen sind, weiß Seeberger nicht. "Ich denke, das war einfach eine Art Rabattaktion für Briefmarken an Tankstellen und man hat sich darüber keine Gedanken gemacht." Lange Zeit habe seine Sammlung im Keller gelagert, bis sie seine Tochter entdeckte und mit auf den Flohmarkt nahm.
4. Koch- und Aufbewahrungsschale aus Afghanistan
Joe, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, sammelt leidenschaftlich gerne Kunst- und Kulturgegenstände. Weil er nicht genügend Platz für alle seine Schätze hat, trennt er sich hin und wieder von welchen und verkauft sie auf Flohmärkten. "Ich mache das vor allem, weil ich dadurch mit Menschen ins Gespräch komme und nicht vereinsame." Das Außergewöhnlichste, das er dieses Mal dabei hat, ist eine große Schale mit Verzierungen.
"Das war ein Koch- und Aufbewahrungsbehälter für Beduinen in den afghanischen Wüsten", sagt Verkäufer Joe. Er habe sie bei einem Antiquitätenhändler in Frankfurt am Main erstanden, weil ihn das Aussehen und vor allem die Herstellungskunst fasziniert habe. "Diese Schale enthält um die 100 Stahlnieten, die gleichzeitig erkalten müssen. Ich glaube nicht, dass ein hiesiger Handwerker in der Lage wäre, so etwas nachzubauen." Da er den Behälter schon sehr lange habe, sei es nun an der Zeit, dass sich jemand anderes an ihm erfreuen kann.