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Würzburg
Ein Leben in der Manege: Ein Artist über den Alltag in der Zirkusfamilie
Der Circus Krone gastiert wieder in Würzburg und mit ihm der Artist Sven Jahn-Munoz. Er lebt die Zirkustradition in der achten Generation. Was ihn antreibt.
Sven Jahn-Munoz ist sein Leben lang schon Teil des Zirkus. Gerade gastiert er mit dem Circus Krone in Würzburg.
Foto: Johannes Kiefer | Sven Jahn-Munoz ist sein Leben lang schon Teil des Zirkus. Gerade gastiert er mit dem Circus Krone in Würzburg.
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 17.12.2024 02:35 Uhr

Betritt man das Vorzelt des Circus Krone, wird man von tausenden Lichtern begrüßt, die in der winterlichen Dunkelheit funkeln. In der Mitte strahlt ein großer Weihnachtsbaum und im Hintergrund hört man leise die Musik der Proben aus der Manege. Der Zirkus ist zum dritten Mal mit seinem Weihnachtsprogramm auf der Würzburger Talavera zu Gast. In einem über hundert Jahre alten Zirkuswagen sitzt Sven Jahn-Munoz – ein Mann, der mit dem Zirkus aufgewachsen ist.

Der Artist wurde vor 33 Jahren im Zirkus geboren, inmitten der Artisten, Tiere und der vielen Reisen von einem Ort zum nächsten. "Wenn ich heute durch das Zelt gehe, fühlt es sich an wie ein Heimkommen", sagt er und blickt Richtung Manege, die für ihn längst mehr ist als ein Arbeitsplatz.

Sven Jahn-Munoz ist bereits die achte Generation seiner Familie im Zirkus

Er kommt aus einer Familie, die dem Zirkus seit acht Generationen treu ist. "Mein Großvater war ein berühmter Clown, und meine Eltern haben sich im Zirkus kennengelernt", erzählt Jahn-Munoz stolz. Diese familiäre Tradition hat ihn geprägt, und als er von seiner Kindheit erzählt, wandert ein Lächeln in sein Gesicht. "Der Zirkus war für mich wie ein großer Spielplatz. Hier hatte ich alles, hier fühlte ich mich sicher", erinnert er sich.

Dieser Wohnwagen ist das Zuhause des Artisten. 
Foto: Johannes Kiefer | Dieser Wohnwagen ist das Zuhause des Artisten. 

Früher seien wesentlich mehr Tiere mit auf Tour gewesen. Zwischen all den Ställen habe er sich am wohlsten gefühlt: "Ich war wie Mogli, der sich zwischen den Tieren versteckt hat." Heute besitzt er selbst zwei Hunde, die mit ihm und seiner Freundin – auch eine Artistin– mit in seinem Wohnwagen wohnen.

Dieser sei sein "Zuhause" – das wird auch während des Gesprächs deutlich. "Ich springe schnell nach Hause und hole sie", sagt er, als es um Kinderfotos von ihm geht. Der Wohnwagen steht dabei nur wenige Meter außerhalb des Zirkuszelts entfernt. 

Nicht nur Artist, sondern Multitalent hinter den Kulissen

Obwohl der 33-Jährige inmitten des Zirkus aufwuchs, wagte er während seiner Schulzeit auch einen Schritt in die Welt außerhalb der Manege. In München machte er das Abitur und absolvierte eine Ausbildung zum Grafikdesigner, "aber die Liebe zum Zirkus war zu groß. Ich bin zurückgekehrt, um meine Leidenschaft weiterzuverfolgen."

Genau diese Leidenschaft ist es, die ihn jeden Tag antreibt – nicht nur als Artist, der hoch in den Lüften arbeitet, sondern als Multitalent hinter den Kulissen. "Ich helfe überall, wo ich kann", sagt er. Vom Staplerfahren beim Entladen bis hin zu Aufgaben rund um die Pferde ist er ständig in Bewegung. Die Touren, die das Leben eines Zirkusmenschen bestimmen, erfordern Flexibilität und vor allem Teamarbeit – zwei Werte, die dem Artisten besonders am Herzen liegen. "Es geht nicht nur um die Show, es geht darum, dass wir uns alle gegenseitig unterstützen."

Sven Jahn-Munoz arbeitet mit seinen Eltern im Circus Krone

Ein typischer Arbeitstag im Circus Krone beginnt früh und endet spät – und das sieben Tage die Woche. "Es gibt keine freien Tage", sagt Jahn-Munoz. "Aber das stört mich nicht, ich liebe es, hier zu sein." Die Arbeit sei zwar körperlich und mental fordernd, doch für den Artisten gibt es keinen besseren Ort als das Zirkuszelt. "Wir reisen um die Welt, lernen immer neue Menschen kennen und treffen Freunde, die wir lange nicht gesehen haben. Es ist eine ganz besondere Gemeinschaft."

Kinderfotos von Sven Jahn-Munoz. Vor allem bei den vielen Tieren hat sich der heute 33-Jährige am wohlsten gefühlt. 
Foto: Johannes Kiefer | Kinderfotos von Sven Jahn-Munoz. Vor allem bei den vielen Tieren hat sich der heute 33-Jährige am wohlsten gefühlt. 

Die Zirkusfamilie umfasst nicht nur die eigenen Verwandten, sondern auch Kolleginnen und Kollegen, die über die Jahre zu Freunden geworden sind. "Im Zirkus ist jeder willkommen: egal, aus welchem Land oder welcher Religion. Das Gefühl des Zusammenhalts ist etwas, das ich sehr schätze." 

Auch heute sind seine Eltern im Circus Krone aktiv. Sein Vater ist der Chef-Elektriker und Lichtdesigner, seine Mutter verkauft Tickets oder ist am Souvenirstand zu finden. "Es ist schön, mit den Eltern zusammenzuarbeiten. Ich kann ein Auge auf sie haben und sie auf mich", sagt Sven und fügt hinzu, dass er viel von seinem Vater gelernt hat. "Er ist ein unglaublicher Mensch – sehr fleißig und intelligent. Er spricht sieben Sprachen, ich bewundere ihn sehr."

Die magischen Momente in der Manege treiben ihn an

Im Frühjahr nächsten Jahres wird der Artist selbst Vater eines Sohnes, und damit ist bereits die neunte Zirkusgeneration auf dem Weg. Ob er sein Leben auch dem Zirkus widmen wird, das möchte Sven Jahn-Munoz ihm selbst überlassen. "Ich kann mir zu hundert Prozent vorstellen, dass meine Kinder im Zirkus auswachsen. Aber am Ende ist es deren Entscheidung, was sie machen möchten, wenn sie groß sind." 

Inmitten dieser turbulenten, aber auch erfüllenden Lebensweise sei für den Artisten eines klar: Der Zirkus ist seine Welt. "Was mich antreibt, sind die magischen Momente in der Manege, da habe ich die größten Glücksgefühle. Das Schönste ist, dass ich andere Menschen mit meiner Liebe zu meinem Beruf glücklich machen kann." Diese Momente seien für ihn der wahre Zauber des Zirkus.

Circus Krone gastiert vom 12. Dezember bis 6. Januar auf der Talavera in Würzburg.

 
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