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Würzburg
"Er war immer da, wenn wir Pause gemacht haben": 43-jähriger Taxi-Fahrer in Würzburg wegen Stalkings verurteilt
Nachstellung ist kein Kavaliersdelikt. Für die Nachstellungen eines Würzburger Taxifahrers hielt das Amtsgericht eine Geldstrafe für "gerade noch ausreichend".
Nachstellung - auch Stalking genannt - nimmt in Deutschland zu. Ein Angeklagter in Würzburg wurde für seine Taten nun zu einer verhältnismäßig hohen Strafe verurteilt. (Symbolfoto)
Foto: Ajax9, Getty Images | Nachstellung - auch Stalking genannt - nimmt in Deutschland zu. Ein Angeklagter in Würzburg wurde für seine Taten nun zu einer verhältnismäßig hohen Strafe verurteilt. (Symbolfoto)
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 22.07.2024 02:31 Uhr

Mehr als 23.000 Fälle von Stalking wurden im vergangenen Jahr in Deutschland polizeilich erfasst, also zur Anzeige gebracht – Tendenz seit mehreren Jahren steigend. Einer davon stand jetzt im Mittelpunkt eines Strafverfahrens vor dem Würzburger Amtsgericht: Ein 43-jähriger Taxifahrer war wegen Nachstellung, sexueller Belästigung, Beleidigung, Körperverletzung und versuchter Nötigung seiner Ex-Frau angeklagt und kam nur knapp an einer Freiheitsstrafe vorbei.

Der Würzburger verteidigte sich vor Gericht selbst und beteuerte bis zum Schluss seine Unschuld: "Ich bin ihr nicht hinterhergerannt und habe bisher noch keiner einzigen Frau etwas Schlechtes getan." Das Opfer der angeklagten Taten nannte er in seinen wortreichen Einlassungen nur "die Dame", obwohl er mit der heute 34 Jahre alten Frau mehrere Jahre verheiratet war. Einige Zeit nach der Scheidung kam es im Juni 2023 zu einer zufälligen Begegnung der beiden, die auf einem Supermarkt-Parkplatz im Landkreis Würzburg erst in einen Streit ausartete und dann eskalierte.

Auf Supermarkt-Parkplatz in Landkreis Würzburg auf Mund geküsst

Dabei geriet der Angeklagte so in Rage, dass er seine Ex-Frau mit Gewalt durch die geöffnete Seitenscheibe aus ihrem Auto zerren wollte. Nachdem die 34-Jährige ausgestiegen war, packte er sie laut Anklage und küsste sie gegen ihren Willen auf den Mund. Das führte zur ersten Anzeige bei der Polizei, der einige weitere folgen sollten. Der Mann tauchte mit seinem Taxi danach nämlich regelmäßig in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes seiner Ex-Frau in Würzburg auf. "Er war immer da, wenn wir Pause gemacht haben", bestätigte eine Kollegin der Frau als Augenzeugin.

Abends wurde der 43-Jährige außerdem mehrmals vor der Wohnung und unter dem Balkon seiner Ex-Frau beobachtet, auch von ihrem neuen Lebensgefährten. "Sie hatte Angst vor ihm", sagte der 36-Jährige im Zeugenstand. In der Anklage wurden zwei Fälle im September 2023 aufgeführt: "Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Die Anzeigen hat sie immer nur dann gemacht, wenn es für sie nicht mehr erträglich war", sagte Staatsanwalt Ingo Krist. Aus Angst vor weiteren Nachstellungen wollte die 34-Jährige ihre aktuelle Adresse vor Gericht aber nicht öffentlich nennen, obwohl inzwischen ein gerichtliches Kontaktverbot erlassen wurde.

Taxifahrer ist täglich an Arbeitsplatz in Würzburg vorbeigefahren

Seine täglichen Vorbeifahrten am Arbeitsplatz erklärte der Angeklagte, der inzwischen arbeitslos ist, mit seiner Tätigkeit als Taxifahrer. Fahrgäste wurden in seinem Taxi von den Zeugen allerdings nicht wahrgenommen. Staatsanwalt und Richterin hatten daher nach der Beweisaufnahme keine Zweifel daran, dass der 43-Jährige sich strafbar gemacht hat, weil seine Ex-Frau durch sein Verhalten "nicht unerheblich in ihrer Lebensgestaltung beeinträchtigt" war, wie es im Paragrafen 238 des Strafgesetzbuchs gefordert wird. Die Bestrafung von Stalking wurde durch diese Formulierung vor drei Jahren erleichtert, bis dahin mussten die Beeinträchtigungen des Opfers "schwerwiegend" sein.

"Nachstellung ist kein Kavaliersdelikt, deswegen wurden die Anforderungen vom Gesetzgeber heruntergesetzt", betonte Staatsanwalt Ingo Krist, der eine empfindliche Geldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen á 25 Euro (3500 Euro) forderte. Die Richterin beließ es bei 120 Tagessätzen á 25 Euro (3000 Euro). Vor allem wegen des langen Tatzeitraums habe sie über eine Freiheitsstrafe auf Bewährung nachgedacht, halte aber eine Geldstrafe aber für "gerade noch ausreichend".

 
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  • Heribert Mennig
    Ich denke, solche Leute sind tickende Zeitbomben. Die glauben, der/die Ex sind sein/ihr Eigentum. Ich bin der Meinung, dass jede/r Stalker/in dazu verurteilt werden muss, eine Therapie in Anspruch zu nehmen. Bei Ablehnung muss eine Freiheitsstrafe folgen!
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  • Ingrid Reichelt-Schölch
    Das schlimme an solchen Sachverhalten ist, dass man - gesetzlich verständlich und richtig - natürlich nur bestraft, was vorgefallen ist. Prävention gibt es nicht.
    Doch anscheinend, sonst wäre der erste Fall ja gar nicht erst passiert, hat dieser Mann sich wohl nicht oder nicht immer unter Kontrolle.

    So etwas ist vor Jahren einer Mitarbeiterin von mir monatelang passiert, immer aufgelauert. Sowas reicht dauerhaft schon für das Bedrohtgefühl und Angst. Ich habe sie oft bis zu ihrem Auto begleitet. Sie musste danach ein Stück Autobahn bis nach Hause fahren, da hat er sogar versucht, sie auf einer Brücke von der Spur nach unten zu verdrängen, nicht gelungen. Bei anderer Gelegenheit ist er durch selbstverschuldeten Unfall, allein beteiligt, ums Leben gekommen.

    Man weiß es nie, jeder Mensch ist anders, doch dieser erscheint mir auch verrannt zu sein.
    Wie auch immer, aber da wären jetzt vielleicht wenigstens ein paar Wochen Freiheitsstrafe besser gewesen, Zeit zum nachdenken?
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