Die Nikolaus-Fey-Straße in Bergtheim wird nicht umbenannt. Sie wird jedoch an den Straßenschildern mit Informationen ergänzt. Damit will sich die Mehrheit des Bergtheimer Gemeinderats "mit unserer Geschichte auseinandersetzen" und den Anwohnerinnen und Anwohnern entgegenkommen, die sich eindeutig für die Beibehaltung ausgesprochen haben.
Den Antrag auf die Umbenennung des Straßennamens hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor einem Jahr gestellt. Carsten Volkrodt, Michael Burger und Rudolf Faatz bezogen sich dabei auf eine vom Würzburger Stadtrat eingesetzte Expertenkommission, die städtische Straßenbenennungen und Ehrungen für Personen untersuchte, deren aktive Lebensphase in die NS-Zeit fällt.
Würzburger Kommission untersuchte 90 Straßennamen
Den Vorsitz der Kommission hatte Achim Könneke, Leiter des Referats für Kultur und Tourismus der Stadt Würzburg. Er war bei der entscheidenden Gemeinderatssitzung in Bergtheim vor Ort. Zwischen 2016 und 2020 habe die Kommission in 17 Sitzungen 90 Namen genauer untersucht, berichtete er. Im Abschlussbericht im Dezember 2020 stehen neun Empfehlungen.
Für den fränkischen Mundartdichter Nikolaus Fey (1881 bis 1956) sei die Empfehlung an den Stadtrat als einzige einstimmig ausgefallen. Der Schriftsteller habe nach der Machergreifung der NSDAP seine ganze Kraft der NS-Ideologie zur Verfügung gestellt und sich bis zu seinem Tod nie kritisch gegenüber seinem Tun geäußert oder sich gar davon distanziert.
"Er war kein Opfer, der zufällig in der falschen Zeit gelebt hat. Er war aktiv und überzeugt. Das ist wissenschaftlich erwiesen", erklärte Könneke. Es gehe nicht darum, seinen Namen ausradieren oder löschen oder die Geschichte verändern zu wollen. Nikolaus Feys Schriften würden nicht verboten werden. Er bleibe ein fränkischer Mundartdichter.
Kosten und Mühen für Anwohnerinnen und Anwohner
Aber die Benennung einer Straße sei eine Ehrung. Ehrungen könnten auch zurückgenommen werden, wenn sich die Wertekonstellationen verschoben haben und die Geschichte neu beurteilt wird. In der Region gebe es 21 Straßen, die nach Fey benannt sind. In Margetshöchheim, Estenfeld und Alzenau wurden schon Beschlüsse gefasst, diese Straßen umzubenennen.
In Bergtheim wurden im Zuge eines neuen Baugebiets in den 80er Jahren Straßennamen für Dichter, Denker und Musiker vergeben. Nun setzte sich vor allem Gemeinderat Volkrodt massiv für die Umbenennung ein. Wie alle Ratsmitglieder nahm er das Votum der 63 erwachsenen Anwohnerinnen und Anwohner der Straße ernst. 56 hatten sich geäußert. Nur ein einziger sei für eine Umbenennung gewesen.
"Ja, es entstehen lästige Mühen und Kosten für die Anwohner, aber sie sind zumutbar", meinte Volkrodt und bot gemeinsam mit seinen Parteikollegen Hilfe in Form einer Checkliste oder Beratungsstunden an. Gemeinderätin Gudrun Wachholz sprang ihm zur Seite. "Es ist wirklich kein Hexenwerk, seine Adresse zu ändern", warb sie für eine Umbenennung. Ihr Grund: "Wir wissen es nun besser als die Namensgeber von damals".
Umbenennung der Nikolaus-Fey-Straße als Zeichen der Demokratie
Strikt gegen eine Umbenennung sprachen sich die Gemeinderäte Matthias Keller und Harald Hochum aus. "Wir haben in der NS-Zeit nicht gelebt und wissen nicht, wie die Umstände und der Druck waren", meinte Gemeinderat Keller. "Für mich ist er ein fränkischer Mundartdichter und das überwiegt doch viel mehr", sagte er.
"Nikolaus Fey muss etwas geleistet haben, sonst wäre er nicht 1951 Ehrenbürger seines Geburtsorts Wiesentheid geworden", argumentierte Gemeinderat Hochum. "Wir leben im Jahr 2022 und es soll aufgearbeitet werden, was 1933 gemacht wurde", äußerte er sich so: "Aber nicht, wenn die ganzen Anwohner in der Straße damit etwas auf den Deckel kriegen und zahlen müssen".
Die stellvertretende Bürgermeisterin Angelika Königer hingegen wollte ein Zeichen für die Demokratie setzen und die Straße umbenennen. "Wir dürfen dieser Person keinen Raum mehr geben", argumentierte sie. "Selbst wenn wir eine Erklärung zum Straßenschild dazu schreiben, bleibt der Name in unserem Straßenverzeichnis und in jedem Navi", war auch Volkrodt dafür, "dass dieser Mann keine Ehrung mehr erhält".
Mehrheit stimmte für Kontextualisierung des Namensgebers
"Wir ehren Nikolaus Fey nicht mehr. Er soll ein mahnendes Beispiel dafür bleiben, dass sich Menschen verführen und verblenden lassen", sah Bürgermeister Konrad Schlier die Ergänzung des Straßennamens mit erklärenden Schildern für eine bessere Alternative.
Die Mehrheit der Ratsmitglieder unterstütze den Vorschlag des Bürgermeisters als "gute Idee". "Für mich ist diese Auseinandersetzung mit unserer Geschichte ehrlicher", sagte Peter Wagner. Für Edgar Bauer war das Votum der Anwohner ausschlaggebend. Klaus Endres ging es darum, "die Geschichte zu erklären".
Von den 17 Ratsmitgliedern in Bergtheim stimmten mit Carsten Volkrodt, Michael Burger und Rudolf Faatz (Grüne), der stellvertretenden Bürgermeisterin Angelika Königer (CSU), Gudrun Wachholz (SPD) und dem parteilosen Christian Schraut sechs Personen für die Umbenennung. Damit wurde der Antrag der Grünen abgelehnt. Die zweite Abstimmung zur Kontextualisierung des Straßennamens ging mit 12:5 Stimmen aus.
Ich bin einst auch in Wiesentheid in die Nikolaus Fey Schule gegangen und habe mit dem Herren seine Zeiten als Mundartdichter in Verbindung gebracht. Diese standen damals Regelmäßig auf dem Stundenplan. Aber wenn wir jeden Straßennamen überdenken müßen, gebe es viel zu tun. Nehmen wir Opferbaum, hirr gibt es die Jahnstraße. Sieht man sich sein Lebenswerk an wird man auch wie zum Beispiel die Richard-Wagner-Straße wegen der antisemitischen Ansichten ihrer Namensgeber, diese hinterfragen müssen.
Ein Hindenburgring wie in KT wäre auch fragwürdig, wenn man dies näher durchleuchten würde. Die Meinung der Gemeinderräte Keller und Hochum bringen es auf den Punkt.