Nachdem es bisher keine Rechtsgrundlage für das Lernen von zu Hause gibt, will das Kultusministerium jetzt den Distanzunterricht fest in der bayerischen Schulordnung verankern. Doch der interne Änderungsentwurf, der den Verbänden bereits zugeschickt wurde und der dieser Redaktion vorliegt, sorgt für Kritik.
So warnt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in ihrer Stellungnahme zum Entwurf vor "Kurzschlüssen". Die Pläne des Ministeriums sehen vor, im Fall von Schulschließungen, Quarantänemaßnahmen oder extremen Wetterereignissen Unterricht aus der Ferne zu ermöglichen. Soweit sind die Verbände einverstanden. Doch ein weiterer Passus ermöglicht es laut Entwurf dem Ministerium, für die einzelnen Schularten weitere Ausnahmefälle zu definieren.
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) befürchtet, dass damit ein Schlupfloch geschaffen wird und der Distanzunterricht ausgeweitet werden könnte - auch über den Krisenfall hinaus. Der digitale Unterricht dürfe keinesfalls dafür genutzt werden, den akuten Lehrermangel an den Schulen zu kaschieren, heißt es im BLLV-Schreiben an das Ministerium. Damit würden pädagogische Grundsätze aufgegeben, betont auch die GEW. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte noch in der vergangenen Woche erklärt, dass digitale Schule "kein Ersatz für den Präsenzunterricht, sondern eine gute Ergänzung" sei.
Wer sorgt für technische Ausstattung?
Auch bei der technischen Ausstattung bleiben aus Sicht der Verbände Fragen unbeantwortet: So kann laut Entwurf Unterricht aus der Ferne nur bei "gleichwertiger Teilnahmemöglichkeit" aller Schüler stattfinden. Unter den bisherigen Voraussetzungen sei das kaum umsetzbar, warnt der BLLV.
Die Chancengleichheit scheitere schon "an nicht vorhandenen oder nicht geeigneten Endgeräten und den damit verbundenen Kosten für die Familien", heißt es auch von Seiten der GEW. Die Gewerkschaft sieht das Problem der sozialen Bildungsungerechtigkeit nicht ausreichend berücksichtigt.
In der Verordnungsnovelle heißt es ausdrücklich, dass Lehrer und Schüler keinen Anspruch darauf hätten, dass der Freistaat Laptops und Tablets zur Verfügung stellt. Dies würde bedeuten: Grundsätzlich muss sich jeder selbst um seine Ausstattung kümmern.
Zwei Milliarden Euro als "Digital-Turbo" versprochen
Die Staatsregierung hatte in der letzten Schulwoche einen "Digital-Turbo" angekündigt – auch wegen drohender sozialer Härten. Demnach will der Freistaat dafür zusätzlich 450 Millionen Euro bereit stellen. Zusammen mit den Bundesmitteln aus dem Digitalpakt stehen damit bis zum Jahr 2024 zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen für die 1,7 Millionen Schüler im Freistaat 250 000 Leihgeräte und für die rund 150 000 Lehrer 20 000 Dienst-Laptops angeschafft werden.
Es könne nicht die Aufgabe des einzelnen Lehrers sein, sich um Anschaffung und Wartung der Geräte zu kümmern, sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: "Wenn ich Distanzunterricht als Baustein der Staatsaufgabe 'Bildung' definiere, dann muss ich auch die Endgeräte besorgen."
Plan des Ministeriums: Eltern haben die Aufsichtspflicht
Größere Diskussionen könnte eine neue Regelung in Paragraph 22 der Schulordnung auslösen. Dort soll es fortan heißen: "Während der Teilnahme am Distanzunterricht verbleibt die Aufsicht bei den Erziehungsberechtigten.“ Das kann schnell zum Problem werden, wenn beide Eltern berufstätig sind.
"So wünschenswert diese Festlegung auch ist, sie geht an der gesellschaftlichen Realität und den Möglichkeiten vieler Familien vorbei", schreibt die GEW in ihrer Stellungnahme ans Ministerium. Erst müsse der Bund das Arbeitszeitgesetz anpassen, sonst drohten Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Arbeitgebern.
Die Verankerung des Online-Unterrichts im Schulrecht sei angesichts der Pandemie eine Notwendigkeit, so das Kultusministerium. "Hierin das Ziel einer generellen Abkehr vom Präsenzunterricht zu vermuten, ist abwegig", teilt ein Sprecher mit. Zu den weiteren Kritikpunkten der Verbände wollte sich das Ministerium auf Nachfrage nicht äußern.
Herr Piazolo und Frau Stolz: Note 6 setzten, Versetzung gefährdet!
Mit "Panik statt Planung" könnte man die Coronaschulpolitik der Söderregierung überschreiben.
das würden die Lehrer auch machen.