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Würzburg
Einsatz am Würzburger Mainkai: Das sagt ein Strafverteidiger zum Vorgehen der Polizei
Der Einsatz am Mainkai am Freitag wirft Fragen auf. Strafverteidiger Hanjo Schrepfer erklärt, wen die Polizei kontrollieren und wann sie dabei Gewalt anwenden darf.
Unser Archivbild zeigt Kontrollen des  Würzburger Ordnungsamts  am Mainkai. 
Foto: Heiko Becker | Unser Archivbild zeigt Kontrollen des  Würzburger Ordnungsamts  am Mainkai. 
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:44 Uhr

Ein Polizeieinsatz am Mainkai hat am Wochenende in Würzburg für Schlagzeilen gesorgt. Dabei haben rund 20 Beamte einen Schwarzen 58-Jährigen festgenommen, nachdem er sich nicht ausweisen wollte. Der Ablauf des Einsatzes am Freitag wirft einige Fragen zum Vorgehen der Polizei auf. Antworten darauf gibt der Würzburger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Hanjo Schrepfer.  

Frage: Darf die Polizei von einem Passanten auf der Straße den Ausweis verlangen?

Hanjo Schrepfer: Nein. Für eine Kontrolle muss es einen konkreten Anlass geben. Das kann zum Beispiel der Anfangsverdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit wie zum Beispiel eine Ruhestörung sein.    

So begründet die Polizei auch die Kontrolle des 58-Jährigen, der am Freitagabend laut Musik gehört hat. Der Mann hat laut Zeugenaussagen die Musik leiser gemacht, als die Polizei ihn dazu aufforderte. Seinen Ausweis wollte er jedoch nicht zeigen. Jetzt wird ihm das Begehen einer Ordnungswidrigkeit und einer Straftat vorgeworfen. Warum?

Schrepfer: Laut Musik abgespielt zu haben ist die Ordnungswidrigkeit, die er bis zum Eintreffen der Polizei begangen haben soll. Eine Straftat wäre es, wenn er zum Beispiel versucht hätte, die Polizei daran zu hindern, ihn nach seinem Ausweis zu durchsuchen. Egal ob man sich aktiv dagegen wehren würde oder sich nur passiv zum Beispiel auf die Jacke setzt, wäre das eine strafbare Widerstandshandlung.   

In einem Video ist zu sehen, wie der Mann von Beamten auf den Boden gelegt, gefesselt und zum Polizeiauto getragen wurde. Ist das okay?

Schrepfer: Wenn der Mann sich nicht ausweisen wollte, konnte die Polizei nach seinem Ausweis suchen und ihn zur Identitätsfeststellung mitnehmen. Wenn er dabei Widerstand leistet, können die Beamten dabei auch Gewalt anwenden. Wenn er aber keinen Widerstand geleistet hat, dann war das Vorgehen unverhältnismäßig. Denn die Polizei muss das mildeste der ihr zur Verfügung stehenden Mittel anwenden.

Der Würzburger Strafverteidiger Hanjo Schrepfer
Foto: Kanzlei Schrepfer | Der Würzburger Strafverteidiger Hanjo Schrepfer
Die Polizei begründet den Einsatz von 20 Beamten, die Fesselung und den Abtransport des Mannes mit der aggressiver werdenden Stimmung. Man hätte befürchtet, dass sich Umstehende einmischen könnten. Überzeugt Sie diese Erklärung? 

Schrepfer: Ob dieses Vorgehen in der Situation angemessen war, kann man nur eindeutig beurteilen, wenn man dabei war. Allerdings sollte die Polizei gerade bei drohender Eskalation eher deeskalierend vorgehen.       

Dass sich am Mainkai  - gerade während der Corona-Pandemie - Personen zum Feiern treffen, stört viele Menschen, die sich über Müll, Lautstärke oder auch das Nichteinhalten der Abstandsregeln aufregen. Sie fordern mehr Polizeipräsenz und finden, dass die Ordnungshüter ruhig ein bisschen "härter" eingreifen sollten. Dürfen sie das?       

Schrepfer: Präventiv darf die Polizei stärker in die Persönlichkeitsrechte von Bürgern eingreifen, wenn es der allgemeinen Gefahrenabwehr dient. Das geht zum Beispiel an Orten wie am Bahnhof, wo auch ohne konkreten Anlass Passanten kontrolliert werden dürfen. Allerdings sind solche "gefährlichen Orte" dadurch definiert, dass sich dort Straftaten häufen - also zum Beispiel Drogen- oder Körperverletzungsdelikte. Zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten wie Verstöße gegen Corona-Regeln oder Ruhestörungen ist ein solches präventives Vorgehen der Polizei nicht gedacht.

Schwarze Menschen berichten, dass sie an solchen Orten öfter kontrolliert werden. Kann das sein?

Schrepfer: Ja. Das entspricht auch meiner beruflichen Erfahrung.

 
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Fände ich gar keine so schlechte Idee

    akustische Umweltverschmutzung als Straftat einzustufen (damit könnte man dann auch den Autoposern an den Kragen, XD).

    Es ist (so ähnlich wie das Verbreiten eines penetranten Gestanks o. ä.) eigentlich eine Körperverletzung aus purer Rücksichtslosigkeit, gegen die man sich als Einzelne/r sonst nur schwer wehren kann (und wenn das jede/r machen würde, wäre auch der ganze Lärmschutz-Aufwand für die Katz). Von daher bin ich sehr einverstanden, wenn da tatsächlich mal Grenzen gesetzt werden.

    Wer auf Lärm bis zur Ertaubung nicht verzichten kann bzw. will, möge doch bitte ("dichte") Kopfhörer aufsetzen und entsprechend "Sicherheitsabstand" einhalten.
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  • U4564@gmx-ist-cool.de
    Großes Kompliment an die Polizei, alles richtig gemacht!
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  • ermahirsch@aol.com
    Vielleicht sollten die "Umstehenden" auch mal ihr Verhalten hinterfragen? Da will jeder vorne dran dabei sein und jeder will seinen Senf dazu geben. Dabei ist es doch ganz einfach! Wenn die Polizei da ist, Platz machen und diese ihre Arbeit machen lassen. Dann brauchen die auch nicht mit 20 Mann anzurücken, 2 Beamte die in Ruhe und Vernunft arbeiten können reichen dann. Das gilt übrigens auch bei Einsätzen von Sanitätern ....
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  • ammi187@gmail.com
    Ich denke die (unabhängigen) Aussagen der Zeugen sprechen für sich. Die Polizei ist hier zu weit gegangen.
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  • harryamend@outlook.de
    Zeugen sind nicht unabhängig sonst wären Sie keine Zeugen. Zeugen haben nur ihre Sichtweise und wenn man als Zeuge weit weg steht und das ganze nur aus der Ferne betrachtet wird es noch schwieriger.
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  • Albatros
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • Albatros
    Sehr geehrte Frau Göbel, Herrn Schrepfer zu diesem Sachverhalt zu befragen ist, als würde ich Herrn Gauland zum Rettungseinsatz der Seawatch interviewen.
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  • U4564@gmx-ist-cool.de
    Sehr guter Vergleich!
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  • fabian-koenig@t-online.de
    Im Übrigen finde ich es richtig, dass die Main-Post in diesem Fall genauer recherchiert hat, sowohl hinsichtlich des tatsächlichen Geschehens als auch hinsichtlich der einstweiligen rechtlichen Bewertung.

    Denn es wirft von Seiten eines unbeteiligten Lesers eben schon Fragen auf, warum es notwendig war, wegen einer Ruhestörung bzw. wegen einer verweigerten Identitätsfeststellung mit 20 Polizisten anzurücken. Wenn es so war, wie die Polizei gesagt hat, dass sich Umstehende in aggressiver Art eingemischt haben, ist die Argumentation der Polizei hinsichtlich der Notwendigkeit des Eigenschutzes nachvollziehbar. Das kann aber niemand beurteilen, der nicht dabei war.

    Festzustellen bleibt: Jemand hat eine Ordnungswidrigkeit begangen, das war ein Fehler. Der zweite Fehler war, dass er seine Identität nicht preisgeben/nachweisen wollte.

    Der dritte Fehler, jetzt aber von Umherstehenden, war, sich eingemischt zu haben. Mglw hat auch die Polizei einen Fehler bei der Deeskalation begangen.
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  • fabian-koenig@t-online.de
    Also anscheinend bringen hier einige Kommentatoren eine ganze Menge durcheinander.

    Selbstverständlich dürfte die Polizei jemandes Radio o.ä. leiser stellen oder auch beschlagnahmen - wenn sich derjenige weigert, das Gerät leiser zu stellen bzw. die konkrete Gefahr besteht, dass er es nach Abrücken der Polizei wieder lauter stellt. Hier ist derjenige aber gerade der Aufforderung der Polizei nachgekommen.

    Und weiter eine Frage an diejenigen, die vollkommen pauschal sagen „Ruhestörer gehören in Gewahrsam genommen“: Warum? Wenn jemand der entsprechenden Aufforderung nachkommt, gibt es dazu überhaupt keinen Grund.

    Der Grund, weswegen der Betroffene in Gewahrsam genommen wurde, ist nicht die vorangegangene Ruhestörung, sondern die Tatsache, dass er die Feststellung seiner Identität durch Nichtvorzeigen seines Personalausweises erschwert hat, die aber notwendig ist, um die vorhergehene Ruhestörung (eine Ordnungswidrigkeit) zu ahnden.

    Nichts anderes hat Hr. Schrepfer gesagt.
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  • So unschön eine unerwünschte Geräuschkulisse auch sein mag: Die Stringenz, die hier etliche Foristen im Handeln fordern und viele guttieren, hätte ich gerne 'mal gegenüber Falschparkern. Da kommt es deshalb auch häufig genug zu Gefährdungen von Personen. Das ist noch ein etwas anderes Kaliber ... Und leider ist es da viel zu regelmäßig so, daß "Helfer in Blau" an derart abgestellten KFZ ohne zu halten und 'mal ein Bußgeld zu verhängen vorbeifahren.
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Seh ich ähnlich - @ xyz12 -

    mMn liegt das daran, dass Falschparken sozusagen zu billig ist (in Dänemark z. B. haben ganz einfache Verstöße schon vor Jahren umgerechnet über 100 DM gekostet).

    Um aber Ungerechtigkeiten zu vermeiden, würde ich das System auf Stundensätze umstellen. Ein normaler Parkverstoß wäre dann 1 Stundensatz, mit Behinderung 2, dazu 1 Punkt + 1 Woche Fahrverbot; wird durch den Verstoß ein Unfall (mit) herbeigeführt 4 Stundensätze, 2 Punkte, 4 Wochen zu Fuß gehen.

    Ich frage mich, wie Leute, die eh schon ein Vielfaches an Verkehrsraum beanspruchen wie ein Fußgänger, auf die Idee kommen, sie dürften denen "einfach so" noch mehr Platz wegnehmen bzw. sie noch mehr in Gefahr bringen, und bin absolut dafür, sie das auch drastisch am eigenen Geldbeutel fühlen zu lassen.
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  • Funkenstern
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • SRieger
    Die Kontrolle ist doch völlig gefaket. So wenig Menschen wie auf dem Bild gibts ja nicht mal früh um 7 Uhr. Ausserdem sieht mans an dem Heizkraftwerk weil da nämlich noch kein Speicher aufgebaut ist. Ist immer wieder seltsam wie Stimmungen kreiert werden.
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  • silke.schmitt@mainpost.de
    Hallo SRieger,

    Das Bild ist ein Archivbild. Es wurde vor einigen Wochen aufgenommen.

    Freundliche Grüße
    Silke Albrecht
    Online Redaktion
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  • Doedi.wue
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • haba2908
    Leider hat der Hr Schrepfer nicht die leiseste Ahnung , wie ein Polizeialltag in der Praxis aussieht. Würde ihm nicht schaden, wenn er mal ein paar Schichten im Streifendienst mitfahren würde....
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  • zeitzeuge
    Ruhestörer gehören in Gewahrsam genommen. Das ist eine Ordnungswidrigkeit.

    Unsere Polizei hat vollkommen richtig gehandelt. Danke liebe Polizeibeamte 👍
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  • fabian-koenig@t-online.de
    Was hat er denn Falsches gesagt?
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  • gujank
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar. Über die Herkunft des Mannes ist nichts bekannt.
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