
Sie gehört zu den Wahrzeichen Würzburgs und dank ihrer Lage sticht sie auch Touristen sofort ins Auge: Die Steinburg. Hoch auf dem Rücken des Steinbergs thront das alte Gemäuer, das wie Sascha Genders, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt vor Kurzem beschrieb, "in perfekter Weise Tradition und Moderne über den Dächern der Stadt verbindet". Errichtet wurde sie im Jahr 1897 und wird damit heuer 125 Jahre alt.
Wenn Lothar Bezold durch das Gästebuch seines Schlosshotels blättert, bleibt er begeistert an vielen Seiten hängen. "Nein, die waren auch bei uns", sagt er immer wieder, grinst oder schüttelt mit dem Kopf. Da sind Namen wie Ingo Appelt, Peter Maffay, Thomas Gottschalk, Nina Hagen oder Jürgen Drews zu lesen.

Auch Rex Gildo, Peter Alexander, Mireille Mathieu, die Scorpions, die DDR-Band Karat und Herbert Grönemeyer waren da. Ebenso Nena, Nicki oder Verona Feldbusch. Besonders authentisch, erinnert sich Lothar Bezold, sei Comedian Otto gewesen. "Er ist einfach so wie er ist. Als er zu uns kam, war gerade noch ein Schlagzeug von einer Veranstaltung aufgebaut. Da setzte er sich direkt dran und spielte 'Da Da Da'.
Prominente auf der Steinburg: Von empathisch bis seltsam
Herbert Grönemeyer indes habe sehr empathisch gewirkt und "wir hatten ein sehr schönes Gespräch", erzählt Kerstin Bezold. Und auch Sänger Rea Garvey ist dem Ehepaar mit seiner Lockerheit im Gedächtnis geblieben, "er stellte sich unten am Empfang in die Schlange, wartete und als er dran kam, sagte er 'Ich habe Hunger'". Dann habe er sich mit seinem Teller Rührei auf die Terrasse gesetzt.

Nie vergessen wird Lothar Bezold aber auch eine bekannte Heavy-Metal-Band. Seltsame Rituale seien da im Kaminzimmer abgehalten worden, erinnert er sich. Aber auch Hollywood-Größen wie Orlando Bloom, Miranda Kerr und Christoph Waltz residierten auf der Steinburg, während für den Film "Die drei Musketiere" in Würzburg und Umgebung gedreht wurde. In ganz frühen Zeiten soll sogar Prinz Ludwig der III. von Bayern die Steinburg beehrt haben.
Exklusivität in die Wiege gelegt
Die Steinburg als ein Ort, der Exklusivität ausstrahlt? Dem es vielleicht schon in die Wiege gelegt wurde? Tatsächlich gehen die Anfänge der Steinburg ins 13. Jahrhundert zurück, an der Stelle des heutigen Hotels stand damals die hohenlohische Burg Castrum in Lapide, die schon zehn Jahre nach ihrer Entstehung durch einen Bürgeraufstand vernichtet wurde.

Mehrere hundert Jahre später - im Jahr 1897 - war ein Mann namens Peter Schneider so begeistert von der Lage oberhalb des Weinbergs am Stein und dem herrlichen Blick, dass er mit dem Bau einer Burg-Imitation im spätromantischen Stil begann. Nach nur neunmonatiger Bauzeit konnte Schneider sein „Restaurant zur Steinburg“ eröffnen, erzählt Lothar Bezold. Von Anfang an sei der Ort etwas Besonderes gewesen.
Bevor Ende der Dreißiger Jahre Lothar Bezolds Großvater das Schloss übernahm, verkaufte Peter Schneider es um 1900 an den wohlhabenden Weinhändler Meuschel. Unter dem Einfluss des Dritten Reiches kam es zur Zwangsversteigerung und die Steinburg ging für kurze Zeit in den Besitz des Bürgerspitals über.
Die Familien-Ära Bezold
Vom Bürgerspital erwarb Hans Bezold 1937 das Schloss. Die Stadt Würzburg, schildert Lothar Bezold, machte ihm aber zur Auflage, den markanten Schlossturm mit dem so genannten Luginsland-Türmchen und seinen Zinnen, abzutragen. Auch die schönen Stuckdecken fielen dem Umbau zum Opfer. "Heute wäre das eine baurechtliche Sünde, der Turm wäre ja heute ein historischer Traum", sagt Lothar Bezold. Seine Vermutung: "Die Wahrheit ist so simpel wie unerfreulich: Den nationalsozialistischen Machthabern gefiel der Turm nicht, also musste er weg."

Nur einige Monate später eröffnete Hans Bezold sein Restaurant mit Freitanzfläche und Weinstube. "Es gab damals auch einen Biergarten, der viele Würzburger gerade an den warmen Tagen anlockte", weiß Lothar Bezold aus Erzählungen. Dass die Steinburg 1945 bei dem verheerenden Bombenangriff auf Würzburg weitgehend unbeschadet blieb, sei ein großes Glück gewesen, sagt er.

Generell habe es der Großvater immer mit den Worten Heinz Rühmanns gehalten: "Erfüllte Wünsche bedeuten Stillstand. Solange wir leben, müssen wir unterwegs bleiben." Diesem Motto hatte sich wohl auch sein Sohn Franz Bezold verschrieben, denn als er nach dem frühen Tod des Vaters die Steinburg 1951 als fast 21-Jähriger übernahm, ging es steil aufwärts. Schon bald gab es die ersten sieben Fremdenzimmer, "dann die nächsten sieben". Auch die Faschingsfeiern seien legendär gewesen, "vor allem der Kinderfasching", erinnert sich Lothar Bezold. Kulinarisch entwickelten sich Franz Bezold und sein Team stetig weiter - Qualität stand dabei an oberster Stelle.
Swimmingpool mit Festungsblick
Er schaffte es, die Steinburg zum Komfort- und Tagungshotel mit eigenem Schwimmbad (erst als Freibad, 1987 wurde es als Panoramabad überdacht) inklusive Liegewiese und 52 Gästezimmern auszubauen. Dazu wurde ein zweites Stockwerk auf das Haupthaus gebaut, so Lothar Bezold, der 1992 als gelernter Hotelbetriebswirt und Koch mit ins Unternehmen seines Adoptivvaters einstieg. "Ich bin immer noch sehr beeindruckt von dem, was mein Vater da geleistet hat."

Und, sagt er lächelnd, "den Franz hat es meistens in Latzhose gegeben, er hat immer mit angepackt, hatte den Zollstock und Baupläne in der Tasche". Nicht umsonst wurde der inzwischen Verstorbene beim Gastronomiepreis Franken 2008 mit dem Sonderpreis für sein Lebenswerk geehrt. Nur einen Traum habe er nicht verwirklichen können: Den, eine Seilbahn vom Alten Hafen zur Burg zu bauen. Das sei am Veto der Bundesbahn gescheitert, so Lothar Bezold.
Seit 2001 hat Lothar Bezold die Leitung des Vier-Sterne-Hotels inne, seine Frau Kerstin kam etwas später dazu, sie sei "das Herz" der Steinburg, wie auf der Homepage beschrieben wird. Seitdem haben sie viel erlebt. Schönes, Trauriges, Kurioses und Lustiges. So erzählen sie von asiatischen Reisegruppen, die so hochtechnologisiert leben, "dass sie keinen einfachen Zimmerschlüssel bedienen konnten".
Von gestressten Gästen, die ihre Kissen aus dem Fenster warfen, weil diese mit negativen Schwingungen besetzt gewesen seien oder von einer angeblichen Künstlerin, die ihr Hotelzimmer mit schwarzem Edding aufwerten wollte.

Und von Menschen, die ihre rosa Plüschhandschellen vergaßen, ihr Gebiss oder gar den ganzen Koffer. Für Aufregung sorgte, so Kerstin Bezold, vor einigen Jahren auch der Besuch des Mr. Stone. Trotz des Pseudonyms blieb Orlando Blooms Aufenthaltsort nicht lange geheim und das Hotel wurde bald belagert von Fans, Schaulustigen und der Presse.
Refugium stieß auch auf Kritik in der Bevölkerung
Gemeinsam hat das Ehepaar Bezold immer wieder investiert, das Schlosshotel weiter ausgebaut und auch den Veranstaltungs- und Eventkalender mit exklusiven Arrangements erweitert. Das größte Projekt, so Lothar Bezold, sei 2012 das "Refugium" gewesen, ein neuer, moderner Gebäudekomplex mit Tagungsräumen auf 3000 Quadratmetern Fläche, der räumlich neben dem alten Schloss entstand. Acht Millionen Euro hatten die Bezolds da investiert, der Bau stieß aber auch auf Kritik in der Würzburger Bevölkerung und im Verschönerungsverein der Stadt.
Zuvor schon (2007) war das Kellergewölbe nach den Plänen des Würzburger Architekten Reinhard May zum stilvollen Tagungsraum umgestaltet worden. Durch große Glasplatten im Boden schaut man auf den Steinweinkeller, das "SteinReich", das die Gäste zum Genießen erlesenen Weines einlädt.
Ohne tolles Team nichts wert
"Doch ohne ein tolles Team wäre all das nichts wert", sagt Kerstin Bezold, die sich ihrer Verantwortung für über 100 Mitarbeitende durchaus bewusst zu sein scheint. Um die Unternehmenskommunikation "weiter zu stärken" und der Moderne anzupassen, führte sie mit ihrem Führungsteam 2019 sechs Werte für das alltägliche Miteinander ein: Respekt, Verantwortung, Familie, Ehrlichkeit, Qualität und Leidenschaft.

Trotz des Promifaktors des Schlosshotels ist für die Bezolds klar: "Jeder Gast bei uns soll gleich behandelt werden." Mit diesem Anspruch gehen die beiden ihrer Arbeit nach. Lothar Bezold mit seinem Markenzeichen, den "Barfußschuhen" (er zieht sie auch bei Schnee und Eis an) und Kerstin Bezold mit ihrer punkig gestylten Frisur und fetzigen Outfits. "Wir sind so wie wir sind und werden uns nicht verbiegen."
