Die Friedhöfe in den Städten und Dörfern werden in den kommenden Jahren ihr Gesicht deutlich verändern. Das liegt am Wandel in der Bestattungskultur, der schon seit geraumer Zeit zu beobachten ist. Auch die Stadt Ochsenfurt muss auf diesen Wandel reagieren und hat deshalb vom Kitzinger Planungsbüro Arc Grün ein Entwicklungskonzept machen lassen, das Möglichkeiten für die Zukunft aufzeigt. In der Stadtratssitzung wurde der Entwurf vorgestellt, auf dessen Grundlage in einer der kommenden Sitzungen ein Beschluss über die Entwicklung bis zum Jahr 2038 gefasst werden soll. Denn von jetzt auf nachher geht nur wenig bei solch einem Vorhaben.
Planer Ralph Schäffner hatte sich zunächst den aktuellen Zustand des Friedhofs an der Dr.-Martin-Luther-Straße angesehen und ist insgesamt recht zufrieden. Die vorhandenen Gehölze seien in gutem bis sehr gutem Zustand und zumeist auch anpassungsfähig an die zu erwartenden klimatischen Veränderungen. Lediglich eine große Linde an der Aussegnungshalle habe Probleme. Schäffner ist aber zuversichtlich, dass der schöne, schattenspendende Baum überleben wird.
Individualität oder Einheitlichkeit bei der Grabgestaltung?
Auch an den Umfassungs- und Einfriedungsmauern seien allenfalls stellenweise Ausbesserungsarbeiten nötig, so die weitere Bewertung der Bestandsaufnahme. Weniger erfreulich ist das Fazit für die Wege- und Platzflächen. Zu 70 Prozent seien diese schadhaft oder sanierungsbedürftig, so Schäffner. Er hat ungepflegte Kiesflächen und Stolperkanten gefunden, ungleich hohe Treppenstufen oder unebene Flächen. Für das zumeist betagte Publikum seien das Gefahrenstellen. Auch die Sitzgelegenheiten seien teils suboptimal.
Die Grabstellen selbst sind Schäffner zufolge im Allgemeinen gut gepflegt. Für seinen Geschmack etwas zu bunt und vielfältig sind jedoch die Dekorationen insbesondere bei den Urnengrabstätten. "Lieb gemeint" seien diese Gestaltungen, sagte Schäffner, dem aber eine weniger wilde Mischung wohl besser gefiele. Dagegen wandte Siegfried Scheder (CSU) ein, eine zu starke Reglementierung der Grabgestaltung führe mitunter zum Eindruck eines "Soldatenfriedhofs". Er plädierte dafür, Individualität zuzulassen, da sich in der Gestaltung oftmals auch der Geschmack des Verstorbenen widerspiegle. Die derzeit gültige Benutzungssatzung erlaube diese Individualität, sagte dazu Bürgermeister Peter Juks (UWG).
Bis 2038 werden 5000 Quadratmeter an Grabflächen frei
Der aktuell dicht belegte Friedhof werde in den kommenden 25 Jahren erhebliche Veränderungen durchmachen, prophezeite Ralph Schäffner. In den kommenden 25 Jahren, so seine Berechnung, werden nach und nach immer mehr Grabflächen frei. Und diejenigen, die neu benötigt werden, brauchen weniger Platz, da es sich zumeist um Urnengräber handeln wird, die zunehmend beliebter werden. Mit etwas mehr als 5000 Quadratmetern frei werdender Grabflächen rechnet der Planer bis 2038.
Die Stadt benötigt daher ein Konzept, wie und wo Grabflächen oder Kolumbarien, also Urnenwände, künftig angelegt werden sollen, und wie die übrige Fläche genutzt werden soll. Bei Urnenbestattungen seien die Möglichkeiten vielfältig, sagte Schäffner. Sie reichen von Urnenwahl- über Reihengräber, Kolumbarien oder Gemeinschaftsgräbern bis hin zu Baumbestattungen und anonymen Begräbnisfeldern. Nur der Vollständigkeit halber zählte Schäffner weitere Möglichkeiten wie themenbezogene Grabfelder auf, die aber fast ausschließlich in Großstädten anzutreffen sind. Hamburg etwa verfügt über eine Grabanlage für HSV-Fans.
Einzelne Maßnahmen könnten schon bald umgesetzt werden
Da in Städten Friedhöfe auch die Funktion von Grünanlagen erfüllen, regte Ralph Schäffner an, auch in Ochsenfurt über eine parkähnliche Anlage nachzudenken, die im zur Straße hin gelegenen Teil des Friedhofs entstehen könnte. Dort befindet sich ein Bereich, in dem es aufgrund der Bodenbeschaffenheit zur Bildung von Wachsleichen kommt und der daher für Erdbestattungen weniger gut geeignet ist. Unter einer Wachsleiche versteht man einen Leichnam, der innerhalb eines normalerweise ausreichenden Zeitraums nicht oder nicht vollständig verwest ist.
Als weitere langfristige Maßnahmen schlägt Schäffner unter anderem einen Plan zur Schließung einzelner Abteilungen sowie zur Neubelegung vor, die Festlegung einer einheitlichen Ausstattung etwa für Sitzbänke oder Gießkannenhalter, Maßnahmen zur Barrierefreiheit, ein Vegetationskonzept und Regelungen für den Umgang mit historischen Grabmalen.
Neben solch langfristigen Planungen sind aber auch Einzelmaßnahmen sinnvoll, die kurzfristig mit einem überschaubaren Budget Missstände beseitigen können. Sie müssen allerdings zu dem langfristigen Konzept passen. Als Beispiele nannte Schäffner die Platzgestaltung vor der Aussegnungshalle, neue Müllsammelstellen, Sitzplätze und Bäume, die Sanierung von Wegflächen oder den Bau neuer Kolumbarien. Insgesamt wären diese Einzelmaßnahmen mit einem Budget von rund 900 000 Euro über mehrere Jahre umsetzbar.
Sollen auch Tierbestattungen möglich sein?
Insgesamt stießen die Überlegungen bei den Stadtratsmitgliedern auf Zustimmung. Wolfgang Karl (CSU) fragte nach der Möglichkeit eines Ruhewaldes, für den etwa die Wilhelmshöhe in Betracht kommen könnte. Peter Juks ergänzte, dass auch überlegt werden müsse, wo muslimische Bürger bestattet werden können. Rosa Behon (CSU) äußerte Bedenken bezüglich einer Urnenwand. Damit habe die Stadt auf dem Kleinochsenfurter Friedhof schlechte Erfahrungen gemacht; die ursprünglich vorgesehene Urnenwand sei von den Bürgern überhaupt nicht angenommen worden.
Eine ganz andere Idee brachte Herbert Gransitzki (SPD) in die Diskussion ein: Er wollte wissen, ob auch an die Möglichkeit der Bestattung von Haustieren gedacht sei. Die Entscheidung, ob auf der gleichen Fläche Menschen und Tiere beigesetzt werden sollen, liegen bei den einzelnen Kommunen, sagte Ralph Schäffner.