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Würzburg
Würzburgs "Weiße Flotte": Mit der Schiffstouristik-Firma schipperte auch Henry Kissinger über den Main
Seit 70 Jahren fahren wieder Ausflugsdampfer auf dem Main. Seit 50 Jahren gibt es die Firma Kurth & Schiebe Schifftouristik. Zeit, einmal zurückzublicken.
 Ursula Kurth machte mit 22 Jahren ihr Kapitänspatent.
Foto: Archiv Schiebe/Kurth |  Ursula Kurth machte mit 22 Jahren ihr Kapitänspatent.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:17 Uhr

Jeder kennt sie: Die Schiffe der "weißen Flotte", die in den Sommermonaten täglich Touristen auf dem Main zwischen dem Alten Kranen in Würzburg und der Mainpromenade in Veitshöchheim hin und her transportieren. Was wenige wissen: Es sind eigentlich zwei Firmen, die Schiffstouristik Kurth & Schiebe und die Veitshöchheimer Personenschifffahrt. Eine der beiden, Kurth & Schiebe, kann jetzt ein zweifaches Jubiläum feiern.

Alles begann 1953 mit einem gemieteten Ausflugsboot. Daraus wurde mehr.

Denn vor 70 Jahren, im Jahr 1953, begann Paul Schiebe nach seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft mit einem gemieteten Boot, Ausflügler auf dem Main zu transportieren. Daraus wurde mehr. Am 1. Mai 1973, also vor genau 50 Jahren, gründeten seine Kinder, Tochter Ursula mit Mann Steffen Kurth und ihr Bruder Georg Schiebe mit seiner Frau Margit, die Schiffstouristik Kurth & Schiebe, die bis heute fährt. "Uns gehört das Geschäft zusammen", sagt Ursula Kurth. Ihr Bruder war beim Gespräch durch Krankheit verhindert.

"Ich war ja mit 14 bereits auf dem Wasser."
Ursula Kurth - heute 82 Jahre alt

1962, Ursula war gerade 22 Jahre jung, machte sie das Kapitänspatent für die Binnenschifffahrt, erzählt sie. Sieben Jahre hätte die Ausbildung eigentlich gedauert, drei Jahre fuhr sie als Schiffsjunge, dann als Matrosin. "Zwei Jahre hat man mir geschenkt, weil die Ausbilder mich alle kannten und wussten, was ich kann", erinnert sie sich. "Ich war ja mit 14 bereits auf dem Wasser." 40 Mark hat sie damals im Monat verdient, 20 Mark musste sie als Kostgeld zu Hause abliefern. "Das würde heute keiner mehr machen", ist sie sich sicher.

Schon 1960 hatten sich Steffen und die im Mainviertel aufgewachsene Ursula kennengelernt. "Mein Vater war Diplomingenieur in Eibelstadt auf der Werft", erklärt er, wie ein Berliner aus Köpenick zu einer Binnenschifferin aus Würzburg kam und sie heiratete. "Zum Entsetzen meiner Schwiegereltern", sagt er und lacht. In Eibelstadt nämlich wurde die "Trumpf", heute die "Alte Liebe", in den 1960er Jahren vergrößert, zuerst von 80 auf 218 Personen. Später folgten weitere Umbauten und Erweiterungen. Heute trägt die "Alte Liebe" bis zu 400 Personen, die "Stadt  Würzburg" darf 250 Personen transportieren.

Der dichte Schiffsverkehr auf dem Main erfordert viel Aufmerksamkeit: Kapitän Oliver Kurth im Steuerhaus.
Foto: Heiko Becker | Der dichte Schiffsverkehr auf dem Main erfordert viel Aufmerksamkeit: Kapitän Oliver Kurth im Steuerhaus.

"Damals haben wir aber noch nicht daran gedacht, das Geschäft einmal zu übernehmen"

1964 wurde geheiratet, 1965 machte er sein Kapitänspatent. "Damals haben wir aber noch nicht daran gedacht, das Geschäft einmal zu übernehmen", erzählt sie. Aber als 1973 der Schwiegervater dem Schwiegersohn die "Stadt Würzburg" zum Kauf anbot, griff der zu. Kurz danach kauften sie zusammen mit dem Bruder die "Alte Liebe". "Dann haben wir die Firma Kurth & Schiebe gegründet, die Firma gehört uns Vieren", erinnert sich Ursula Kurth.

Viel hat sie erlebt in den Jahren. Zweimal rettete sie Menschen vor dem Ertrinken im Main und bekam die Lebenrettungsmedaille. "Die Goldene Nadel habe ich heute noch." Auch Prominente ließen sich auf dem Main schippern. "Den Henry Kissinger und seine Nancy habe ich persönlich bedient", berichtet Ursula Kurth. Auch der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl und Sorayah , die Ex-Kaiserin von Persien, die in München begraben liegt, waren bei ihnen zu Gast.  

Oliver, Ursula und Steffen Kurth an Bord. Die Schiffstouristik Kurth & Schiebe in Würzburg wird am 1.Mai 50 Jahre alt.
Foto: Heiko Becker | Oliver, Ursula und Steffen Kurth an Bord. Die Schiffstouristik Kurth & Schiebe in Würzburg wird am 1.Mai 50 Jahre alt.

Ihre 26-jährige Nichte Anna möchte im kommenden Jahr ihr Kapitänspatent machen

Am 21. April feierten die beiden ihren 59. Hochzeitstag. Eine Tochter lebt in München. Aber die Nachfolge scheint gesichert. Derzeit führt Sohn Oliver Kurth, selbst als Kapitän am Ruder, die Geschäfte, zusammen mit seiner Frau Kerstin, die sich um das Kaufmännische kümmert. Und auch Nichte Anna Schiebe, die 26-jährige Tochter des Bruders und Schwagers, möchte im kommenden Jahr ihr Kapitänspatent machen, erzählt Ursula Kurth. "Dann höre ich auf", sagt Ehemann Steffen.

Ein Foto aus der frühen Anfangszeit der Personenschiffahrt in Würzburg.
Foto: Archiv Schiebe/Kurth | Ein Foto aus der frühen Anfangszeit der Personenschiffahrt in Würzburg.

Die Saison für die Linienfahrten nach Veitshöchheim dauert von 1. April bis 31. Oktober

Immerhin ist er bereits 82 Jahre alt, ebenso wie seine Frau. "Wir haben uns immer fit gehalten", sagen sie beide. "Wir sind immer nur dorthin in den Urlaub gefahren, wo man auch Tennis spielen konnte."  Auch heute sind sie noch aktiv. "Jeden Montagnachmittag sind wir beim Seniorentanz in Heilig Kreuz in der Zellerau, sagt er. "Seit 18 Jahren!"

Das Verhältnis zu den "Nachbarn", der Veitshöchheimer Personenschifffahrt, sei gut, sagen sie.  "Man verträgt sich und hilft sich gegenseitig." Die Saison für die Linienfahrten nach Veitshöchheim dauert von 1. April bis 31. Oktober. "Aber ein Schiff ist immer unter Dampf", erklärt Steffen Kurth. Schließlich fährt man auch im Winterhalbjahr für Firmenfeiern oder Hochzeiten. Und die alljährliche Silvesterfahrt mit dem großen, an Bord zubereiteten Buffet sei bereits wieder ausgebucht, freuen sich beide. Gefeiert wird am 1. Mai gemeinsam mit den Fahrgästen. Jeder bekommt zum Ticket ein Glas Sekt, für die kleinen Gäste gibt's ein Eis.

 
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  • L. W.
    Von meiner Studentenbude

    hatte ich in den 70ern des letzten Jahrhunderts einen direkten Ausblick auf die Anlegestelle am Kranenkai.

    Im Sommer war es wirklich schön diese Touristendampfer und das Leben drumherum zu beobachten.
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  • M. F.
    Alles Gute zum 50ten. Wie wäre es statt immer nur von WÜ nach Veitshöchheim, von Würzburg nach Aschaffenburg zu fahren? Das wäre doch ne schöne Tour. Und der Kapitän würde auch nicht immer nur das gleiche sehen!!!
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  • H. M.
    Das wäre eine sehr, sehr lange Fahrt. Alleine die vielen Schleusungen verlängern die Fahrzeit. Und zurück muss man ja auch wieder!
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  • M. R.
    Steffen, bester Mann! Alles Gute!
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  • R. T.
    Unvergessen: Mit Steffen hatten wir an Land und auf dem Wasser immer viel Spaß.
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  • H. M.
    Herzlichen Glückwunsch und immer eine handbreit Wasser unterm Kiel.
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  • D. T.
    Wo bleibt hier eigentlich der Aufschrei? Wenn ich mit meinem Auto in die Stadt fahre, bin ich für viele ein Schwerverbrecher, weil mir die Umwelt egal ist. Hier werden Unmengen an Schiffsdiesel in die Luft geblasen, um ein paar Touris nach Veits und zurück zu schippern und keiner findet das schlimm.. Also mir persönlich ist es ja egal, aber müssten sich da nicht ein paar Klimaheinis darüber echauffieren?
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  • H. M.
    Man kann sich im Wasser nicht vor ein Schiff kleben grinsen
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  • R. E.
    Da gibt es eine ganz einfache Lösung: mit Unterseebooten fahren. Dann sieht es keiner mehr.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    @coladeris: Spaßbremse!👎
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