Seit Ende April bereits wird im künftigen Baugebiet "40 Gärten" westlich von Tauberrettersheim bereits gebaggert und gebuddelt. Was auf den ersten Blick nach Erschließungsarbeiten aussah, war in Wirklichkeit eine archäologische Grabung. Nicht den künftigen Bewohner, sondern Siedlern aus der Jungsteinzeit und der späten Bronzezeit galt das Interesse des Teams. Nachdem die Archäologen monatelang Stillschweigen gewahrt hatten, um keine Raubgräber anzuziehen, präsentieren sie nun die ersten Ergebnisse ihrer Arbeit.
Aufgrund von oberflächlichen Lesefunden hatte man am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) bereits auf eine vorgeschichtliche Siedlung aus der Zeit vor Christi Geburt geschlossen. Die Fläche ist in einem Kataster für mögliche Bodendenkmäler erfasst. Laut Gesetz muss sie deshalb vor einer Baumaßnahme näher erkundet werden. Eine Voruntersuchung im Herbst 2022 bestätigte die Vermutung. 64 gesicherte Siedlungsbefunde kamen dabei zum Vorschein. Schließlich ging im Frühjahr das Grabungsbüro ADW von Archäologin Sarah Wolff im Auftrag der Gemeinde daran, dem Boden in Kleinstarbeit seine Geheimnisse zu entlocken. Mit dem Bagger wurde Sondierungsstreifen freigelegt und mit feinstem Werkzeug untersucht, wie die Archäologin berichtet.
Für den Umgang mit Funden und Befunden, gibt es genaue Richtlinien, die sich in Bayern allerdings von jenen im nahem Baden-Württemberg unterscheiden, wie Wolff berichtet. Grundlagen sind die genaue Vermessung mit einem sogenannten Tachymeter und Fotos der Fundsituation. Während die Dokumentation im Nachbarland bereits weitgehend digital geschieht, sei im Freistaat die Zeichnung auf Millimeterpapier noch immer Pflicht.
Bei Baumaßnahmen kommen immer öfter Bodendenkmäler ans Licht
Bedingt durch Baumaßnahmen kommen immer mehr Bodendenkmäler ans Tageslicht. Allein im Jahr 2018 wurden in Bayern etwa 700 archäologische Ausgrabungen vollzogen. Dabei kamen Objekte zum Vorschein, die neue und oft unerwartete Einsichten in die Vergangenheit und in die Entwicklung der Menschheit ermöglichen. Bei der Eigentumsfrage der Funde werden in Bayern laut Gesetz Finder und Grundstückseigentümer zu gleichen Teilen berücksichtigt. Das Team Fundeigentum des BLfD ermittelt die Eigentumsverhältnisse von Grabungsfunden.
Wie Grabungsleiter Michael Franz berichtet, stieß das sechsköpfige Archäologenteam auf einer untersuchten Fläche von 7000 Quadratmetern auf insgesamt 244 Befunde, die auf eine Siedlung aus der Urnenfelderkultur zwischen 1300 und 800 vor Christus hinweisen. Gefunden wurden Pfostengruben, die auf Bauwerke wie Häuser oder Zäune hinweisen, Vorratsgruben, die wie ein Erdkeller funktionieren, aber auch etliche "Siedlungsgruben", deren genaue Funktion oft nicht mehr zu erkennen ist. Dabei erstreckte sich die Siedlung über die Grenzen des künftigen Baugebiet hin, sodass bei zukünftigen Maßnahmen auf den angrenzenden Flächen mit neuen Ergebnissen zu rechnen sei.
Abfallgruben sind eine Fundgrube für die Archäologen
Nachdem sie nicht mehr gebraucht wurden, verfüllte man die meisten dieser Gruben mit Abfall, der heute des besondere Interesse der Archäologinnen und Archäologen genießt. Von Schlachtabfällen in Form von Tierknochen über Keramikscherben bis zu einzelnen Schmuckstücken, die weggeworfen oder verloren wurden, reicht die Ausbeute Tauberrettersheim. Einzelne Fundstück wie Steinbeile und eine Pfeilspitze kann Sarah Wolff sogar der Jungsteinzeit zuordnen. Zeichen, dass das Gebiet schon viele Jahrhunderte zuvor besiedelt war.
Aus dem Kontext der urnenfelderzeitlichen Siedlung stammen mehrere beinahe vollständige Gefäße, die zwar aufgrund der Erhaltungsbedingungen stark brüchig, aber gut rekonstruierbar sind. Zwei Einzelfunde sind besonders erwähnenswert – ein nahezu vollständiger Tonstempel, zu dessen Funktion es verschiedene Theorien, aber keine eindeutige Erklärung gibt, und ein Paar verzierte Trensenknebel aus Knochen, die zu einem Pferdegeschirr gehört haben und bereits durch die Restauratoren des BLfD aufgearbeitet werden.
Vorratsgrube entpuppte sich als Kindergrab
Ein besonderer Fund gelang in einer vermeintlichen Vorratsgrube am östlichen Rand der Siedlung. Auf der Grubensohle lagen Überreste zweier menschlicher Skelette – ein Kind, dessen Körper mit angezogenen Beinen auf der linken Seite liegend als sogenannte Hockerbestattung beigesetzt wurde, und der Schädel eines jungen Erwachsenen. Da die anthropologische Auswertung aktuell in Arbeit ist, können zu den genauen Umständen der beiden Bestattungen aktuell nur Spekulationen aufgestellt werden, so Archäologe Franz. Auch Fotos der Funde dürfen erst nach Freigabe durch das BLfD veröffentlicht werden, und dies sei bislang nicht erfolgt.
Bürgermeisterin Karin Fries steht nun vor der Frage, wie sie mit den Folgen der Grabung umgehen soll. Für die Gemeinde rechnet Fries mit Kosten von mehr als 200.000 Euro. Als Zuschuss seien lediglich 10.00 Euro zu erwarten. Wie diese Kosten auf die 16 Bauplätze umgelegt werden, müsse der Gemeinderat entscheiden. Die Ergebnisse der Grabung wird Grabungsleiter Michael Franz am Donnerstag, 12. Oktober, im Königinkeller des Tauberrettersheimer Rathauses öffentlich vorstellen.
Na Gott sei Dank gibt es dann die entsprechenden Beamten in den Behörden, die das gezeichnete Millimeterpapier einscannen, um es dann an die nächste Behörde als PDF zu schicken, dort auszudrucken und wieder einzuscannen ...
So funktioniert Digitalisierung in Deutschland (Bayern) ... NICHT!
Wir wissen doch, dass vor uns auch schon Menschen hier gelebt haben.
Ich sehe das sinnbefreit, jeden Stein dreimal umzudrehen…
Und mitnichten wird hier Geld „vernichtet“, denn es geht um wissenschaftliche Forschung, mithin um immer neue Erkenntnisse über unsere Vergangenheit.
Mit Ihrer Argumentation dürfte es überhaupt keine (Geschichts-)Forschung geben. Mir ist diese Forschung extrem wichtig, und ich bin bei weitem nicht der einzige. Umgekehrt könnte ich genauso gut sagen: Was rechtfertigt die Geldverschwendung beim Bau von Fußballstadien? 22 Leuten zuzusehen, die einem Ball hinterherrennen und dafür Millionen an Steuergeldern auszugeben, halte ICH für sinnlos.
Auf jeden Fall ist da eine ziemlich einmalige Bestattung entdeckt worden die der Wissenschaft kopfzerbrechen bereiten wird.
Der Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne würde wohl (den Tanz der Walküren abspielend) in einer Nacht feststellen, dass der Schädel von der im Kindbett verstorbenen Mutter des paar Jahre später verstorbenen Kindes stammt.
Schau mer mal wie lange die real existierende Archäogenetik für des Rätsels Lösung braucht.
Einige Leute leben halt im ewig gestrigen.
Macht aber auch nix, denn der aktuelle Homo Sapiens würde keine 2 Wochen in diesen Realitäten überleben.
Aber Hauptsache massregeln…
Ein Überlebenstraining würde einigen die Augen öffnen.