
Büchsenmacher – ein Beruf mit Knalleffekt, wobei der Knall erst kommt, wenn die Arbeit beendet und die Büchse, also das Gewehr (wieder) schießbereit ist. Christian Melber (57) aus Aub ist mit seinem Betrieb, einer Büchsenmacherei und Schäfterei, gerade erst von Kitzingen in seine beschauliche Heimatstadt umgezogen.
Was macht ein Büchsenmacher eigentlich? Mit Konservenbüchsen hat er überhaupt nichts zu tun. Im Grunde fertigt er Schusswaffen an – Gewehre, Handfeuerwaffen. Wobei die Herstellung kaum noch eine Rolle spielt, es sind fast ausschließlich vorhandene Waffen, mit denen sich Christian Melber und sein 29-jähriger Sohn Julius beschäftigen. Unterstützt werden sie dabei von Gabriele Melber, der Ehefrau und Mutter. Der Kundenstamm der Melbers besteht fast ausschließlich aus Jägerinnen und Jägern.
Schon immer an Schwarzpulver und Knalleffekten interessiert
Christian Melber stammt aus einem Handwerkerbetrieb. Sein Vater war Steinmetz, den Betrieb in Aub hat sein Bruder übernommen. Melber selbst hat sein altes und traditionsreiches Handwerk bei Waffen-Frankonia in Würzburg erlernt und in der Büchsenmacherschule in Ehingen bei Ulm. Schwarzpulver und alles, was mit dem Knalleffekt zu tun hat, habe ihn schon immer interessiert, erzählt er. Doch in dem vielseitigen Beruf ist das nur Nebensache. Büchsenmacherei hat mit der Bearbeitung von Metall zu tun, mit Feinmechanik, mit den filigranen und kunstvollen Gravuren der Waffen, aber auch mit der Arbeit mit Holz beim Schäften eines Gewehres.
Mit seinem Gesellenstück übrigens errang Melber beim praktischen Leistungswettbewerb der Handwerksjugend den Preis des ersten Bundessiegers. Das preisgekrönte Gewehr ziert noch heute seinen Betrieb.

Seine Wanderjahre führten Christian Melber in die Schweiz, wo er entsprechende Erfahrungen sammelt. Die Meisterprüfung legte er 1990 ab und konnte anschließend einen alteingesessenen Betrieb in Kitzingen übernehmen. Ganz so weit ist Sohn Julius noch nicht. Er hat sein Handwerk in Österreich erlernt, in einer Schule in Ferlach im südlichen Kärnten. Die Meisterprüfung hat er noch vor sich.
An einem Gewehrschaft, an dem er gerade arbeitet, zeigt Christian Melber, auf welche Genauigkeit es in seinem Handwerk ankommt. Ehe die Basküle, das Metallteil zwischen dem Lauf und dem Schaft des Gewehres, eingepasst werden kann, wird Maß genommen, Maß am künftigen Schützen, denn: „Der Lauf schießt, der Schaft trifft“ zitiert Melber einen alten Leitspruch seines Handwerkes.
Der Gewehrschaft wird für den Schützen maßgefertigt
Der gesamte Schütze wird vermessen, schließlich soll das Gewehr genau auf ihn zugeschnitten sein. Maßanfertigung ist gerade wichtig, wenn der Mensch nicht dem Standard entspricht, also besonders groß oder besonders klein ist, oder Linkshänder. Rund vierzig Stunden Arbeit liegen dann vor Melber, bevor der Schaft fertig ist.
Für den Schaft verwendet Melber das Holz des Nussbaums, wenn es besonders exklusiv sein soll auch das Holz aus dem Wurzelstock. Das Holz kommt meist von weit her, aus dem fernen Anatolien oder aus dem Kaukasus, von richtig alten Bäumen, die es hier kaum gibt. Entsprechende Rohlinge hat er vorrätig, die Preise dafür sind nach oben offen. Meist kommen Kundinnen und Kunden zu ihm, die ihr Gewehr individuell gestalten oder verzieren lassen wollen, die ihre Waffen warten lassen oder Schäden beseitigen lassen wollen.

Wenn beispielsweise ein Jäger das Gewehr des Vaters oder des Großvaters geerbt hat, und deshalb beispielsweise ein neuer Schaft erforderlich ist, dann ist das Handwerk der Melbers gefragt. Eine Waffe komplett neu herzustellen, benötigt Zeit – viel Zeit. Mehrere Aufträge pro Jahr wären neben den Reparaturarbeiten kaum zu bewerkstelligen, erzählt der Meister.
Aus seiner Waffenkammer, einem Raum, der mit einer schweren Tresortüre gegen ungewollte Eindringlinge gesichert ist, holt Melber ein ganz besonderes Gewehr: Das erste Jagdgewehr – ein Drilling mit drei Läufen für zwei Schrotpatronen und eine Gewehrkugel –, das in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg wieder zugelassen wurde. Von General Dwight David „Ike“ Eisenhower persönlich, dem späteren US-Präsidenten. Dieser war am 5. September 1947 anlässlich der Freigabe der Jagdrechte in Deutschland zu Gast in einem Revier in Bamberg, zeigte sich vom deutschen Jagdbrauchtum begeistert und war der Meinung, dieses müsse unbedingt aufrecht erhalten werden.
Dass er seinen Betrieb von Kitzingen nach Aub umgesiedelt hat – sehr zum Leidwesen der Stadt Kitzingen übrigens – liege nicht nur daran, dass er in seiner Heimatstadt eine ehemalige Gaststätte seinen Wünschen gemäß umbauen konnte, berichtet Melber. Auch dass in Kitzingen nahe seiner Werkstatt kaum noch freie Parkmöglichkeiten vorhanden waren, sei ein Grunde gewesen.

Da bis nach Frankfurt kaum noch eine entsprechende Werkstatt zu finden sei, kommen die Kunden, meist eben Jäger, von weither zu ihm, um ihre Waffen in Reparatur zu geben. "Die Jäger wollen ihre Waffe möglichst direkt aus dem Kofferraum in die Werkstatt bringen können, nicht erst lange durch die Stadt tragen", so Melber. Und den meisten Kunden sei es egal, ob sie nach Kitzingen oder nach Aub fahren, wo in nächster Nähe ausreichend viele Parkplätze vorhanden sein.
Das Gewehr im Cello-Kasten getarnt
Es wäre auch nicht mehr zeitgemäß, wenn ein bewaffneter Mensch mit dem Gewehr über der Schulter durch die Straßen der Stadt ginge – die Sicherheitsbehörden wären sicher rasch zur Stelle. Melber weiß sogar von einem Kunden zu berichten, der seine Waffe stets gut getarnt in einem Cello-Kasten zu ihm brachte; ein Bild, das an alte amerikanische Mafia-Filme erinnert.
Auch wenn er seinen Betrieb jetzt in ein eigenes Gebäude in Aub umgesiedelt hat, reich werde man als Büchsenmacher nicht, sagt Christian Melber. Dafür aber zufrieden mit einem sehr schönen, abwechslungsreichen und vielseitigen Handwerk, das Ideenreichtum und manchmal auch tüftlerisches Geschick erfordert.
Doch die Tüftelei hat für Christian Melber auch Grenzen. So hatte ein Jäger einmal den Einfall, sich statt eines Drillings einen Sechsling mit sechs kombinierten Läufen anschaffen zu wollen. Darauf wollte sich der Büchsenmacher nicht einlassen und lehnte den Auftrag ab. Im übrigen wäre das Gewehr sehr, sehr teuer geworden.
Das kleine Kitzingen ist hier noch nicht mal das negativste Beispiel.
Aber Würzburg schießt den Vogel ab. Früher war ich da mehrmals die Woche zum Einkaufen. Heute fahre ich lieber nach Ansbach, Schweinfurt, Forchheim oder Wertheim, wo es in der City-Galerie, dem Brücken-Center oder dem Village kein so ein Gezerre und Theater mit Anfahrt und Parken gibt.
Wenn es da auch noch ein Wirtshaus gäbe wo man die mit Auber Flinten erlegte Beute verspeisen könnte, dann käme ich wieder öfter nach Aub.