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WÜRZBURG
Durch neuen Gleistunnel zur Gartenschau
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:33 Uhr

Mit dem Titel „Hässlichster Bahnhof Deutschlands“, den er 2005 vom Boulevardblatt „Bild am Sonntag“ verliehen bekam, muss der Würzburger Hauptbahnhof inzwischen nicht mehr leben. Diese „Auszeichnung“ wog umso schwerer, als der Würzburger Bahnhof ein wichtiger und stark frequentierter Knotenpunkt im deutschen Bahnnetz war und ist. Es wurde viel saniert und neu geordnet in den vergangenen Jahren und jetzt folgt ein weiterer Meilenstein in Richtung Barrierefreiheit.

Denn die deutsche Bahn hat Wort gehalten und wird, wie versprochen, zum Beginn der Bayerischen Landesgartenschau am Hubland den ersten Abschnitt des neuen Gleistunnels in Betrieb nehmen. Am Montag, 9. April, drei Tage vor dem Start der Gartenschau, wird die neue Unterführung zu den Bahnsteigen offiziell eröffnet. Damit werden die Gleise eins bis sieben über Personenaufzüge erreichbar sein. Bis zur kompletten Herstellung der Barrierefreiheit im Jahr 2021 werden Bund, Freistaat und Bahn 50 Millionen Euro in das Projekt investieren.

Langer Weg zur Barrierefreiheit

Es war allerdings ein langer Weg mit zahlreichen Hindernissen zurückzulegen, bis es so weit war. Ursprünglich befand sich der 1856 eröffnete Würzburger Hauptbahnhof dort, wo heute das Mainfranken Theater steht. Dieser Kopfbahnhof konnte den zunehmenden Zugverkehr schon bald nicht mehr verkraften, weshalb eine Verlagerung und ein Neubau notwendig wurden.

Im Juni 1864 nahm dieser neue Bahnhof an seinem heutigen Standort den Betrieb auf. Dieser Bahnhof wurde am 23. Februar und am 16. März 1945 durch Luftangriffe englischer Bombenflugzeuge zerstört.1954 wurde mit dem Bau einer neuen Empfangshalle begonnen und bis 1961 war der Würzburger Bahnhof fertiggestellt. Blickfang war ein riesiges Mosaik, das eine Dampflok in Originalgröße zeigte.

In den folgenden Jahrzehnten nahm die Bedeutung des Bahnhofs kontinuierlich zu. Durch seine zentrale Lage wurde er nach der Wiedervereinigung Deutschlands zu einem wichtigen Knotenpunkt und 1992 wurde Würzburg zum ICE-Haltepunkt. Und wie die Bedeutung des Bahnhofs zunahm, umso unansehnlicher wurde er in seinem äußeren Erscheinungsbild.

Das Scheitern der Arcaden

Das Jahr 2005 schien zunächst ein Wendepunkt zu werden. Denn damals machte der Essener Immobilieninvestor mfi einen zweiten Anlauf für sein Einkaufszentrum „Würzburg Arcaden“ direkt neben dem Bahnhof. Im Juli 2005 waren auch Verbesserungen im Bahnhof und seinem Umfeld vorgesehen, die mfi, Stadt und Bahn gemeinsam finanzieren wollten. Doch das 250-Millionen-Euro-Projekt wurde bei einem Bürgerentscheid mit hauchdünner Mehrheit verhindert.

Auf der linken Seite der Empfangshalle (neben dem Drogeriemarkt) befindet sich der neue Zugang für den Tunnel zu den Bahngleisen.
Foto: Thomas Obermeier | Auf der linken Seite der Empfangshalle (neben dem Drogeriemarkt) befindet sich der neue Zugang für den Tunnel zu den Bahngleisen.

Energetische Sanierung

Da der Bahn nach dem Bürgerentscheid mit der Stadt Würzburg und mfi zwei Partner abhanden gekommen waren, begann sie 2010 alleine, den Bahnhof zunächst energetisch zu sanieren. Die alte Fassade des Empfangsgebäudes wurde durch eine neue energiesparende ersetzt und die Fenster erneuert. Auch im Gebäude wurde vieles neu geordnet. 2012 zog ein Fast-Food-Restaurant ein und bestehende Läden wurden neu angeordnet. Und vor allem: Es wurde eine neue Toilettenanlage eingebaut, da die unhygienischen Umstände in der alten häufig Anlass zu kritischen und hämischen Kommentaren gaben. Außerdem wurde ein provisorischer Zugang zur Bahngleisunterführung geschaffen und damit die Basis für einen neuen barrierefreien Zugang gelegt.

Die Bauarbeiten hierfür begannen schließlich 2015. Dass man im Würzburger Bahnhof sein Gepäck über Stiegen zu den Bahnsteigen schleppen musste (weil die Förderbänder am Treppenrand entweder nicht vorhanden oder aber oft defekt waren), soll nun in wenigen Tagen Geschichte sein. Künftig führen zu den Bahnsteigen Personenaufzüge. Und die neue Unterführung zu den Bahnsteigen ist nicht mehr eng und beklemmend, sondern mit zehn Metern doppelt so breit wie vorher und hell.

Durchbruch mit „Rundem Tisch“

Wie es die Bahn zugesagt hatte, kann mit Beginn der Landesgartenschau die neue Unterführung einschließlich der Aufzüge bis zum Bahnsteig 4 (Gleise 6 und 7) genutzt werden. Die einzelnen Bahnsteige waren ab 2015 saniert und neu ausgestattet (Behinderte- und Blindenleitsysteme, neue Lautsprecheranlagen und Wartehallen) worden. Als es im Oktober 2015 endlich losging, sprach Landtagspräsidentin Barbara Stamm beim ersten Spatenstich vielen Teilnehmern aus der Seele, als sie sagte: „Dass ich das noch erleben kann und darf“.

Dass es nach dem schleppenden Beginn des barrierefreien Umbaus dann plötzlich doch relativ flott ging, ist vor allem einem „Runden Tisch“ im Jahr 2010 zu verdanken, zu dem Barbara Stamm alle beteiligten Akteure eingeladen hatte. Denn zuvor hatte die Bahn erklärt, dass sie den barrierefreien Umbau nicht bis zur LGS 2018 bewerkstelligen könnte. Doch der politische Druck und der Zeitdruck durch die Gartenschau brachten schließlich neuen Schwung in die Angelegenheit, so dass immerhin ein Teil des Projekts realisiert werden konnte. Bis zum Jahr 2021 soll der neue Gleistunnel mit der Anbindung der Gleise acht bis elf dann komplett fertiggestellt sein.

Zukunft des Vorplatzes ungeklärt

Eine offene Baustelle bleibt nach wie vor die städtische Aufgabe der Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes. Nach dem Abriss der Pavillons im Jahr 2016 ist offen, ob sie jemals wieder, in welcher Form auch immer, aufgebaut werden. Eine bereits geplante neue Pavillon-Variante sollte bis zur Gartenschau realisiert werden, doch dann hieß es aus dem Rathaus, dass man nicht rechtzeitig fertig werde. Inzwischen mehren sich die Stimmen, dass der inzwischen provisorisch begrünte Platz auch ohne Pavillons auskommen könnte.

„Dass ich das noch erleben kann und darf.“
Landtagspräsidentin Barbara Stamm beim Spatenstich für den barrierefreien Bahnhofsumbau
Im neuen Tunnel werden die letzten Bauarbeiten durchgeführt. Im Hintergrund einer der neuen Personenaufzüge zu den Bahnsteigen.
Foto: Thomas Obermeier | Im neuen Tunnel werden die letzten Bauarbeiten durchgeführt. Im Hintergrund einer der neuen Personenaufzüge zu den Bahnsteigen.
 
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  • ba.stark@web.de
    Habe vor einigen Tagen selbst beim Warten auf einen Zug dem Treiben zugeschaut. Geht alles sehr emsig voran. Mittlerweile wurde schon beim Bahnsteig 8/9 begonnen, das Dach wegzureissen, Schienen waren da auch ausgebaut.

    Bis 2012 sind es noch 2,5 bis 3 Jahre. Angesichts des vorgelegten Tempos besteht ja vielleicht Hoffnung, dass man einige Monate früher fertig wird.

    Einzig und allein die Stadt schläft am Bahnhofsvorplatz weiter den Schlaf der Gerechten. Wieder ein Jahr vergangen und es tut sich nix. Doch halt, einen grässlichen orangenen Pavillion (anscheinend für die LGS) hat man aufgestellt. Doch selbst der ist wohl aus Altbestand, wenn man genauer hinschaut...
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  • roswitha.oehrlein@aol.com
    In ihrem zweiten Absatz macht sich große Verwirrung breit!!!
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  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Wer sich über den Zustand des Hbf. hier in Würzburg beschwert, der kennt den Hbf in Mönchengladbach nicht, geschweige denn in Rheydt ...
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