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WÜRZBURG
Drogen für Jugendliche: Polizei will verfolgen und vorbeugen
Unterfrankens Polizeipräsident Kallert (rechts) im Gespräch mit Manfred Schweidler (links)
Foto: Dita Vollmond | Unterfrankens Polizeipräsident Kallert (rechts) im Gespräch mit Manfred Schweidler (links)
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:01 Uhr

Die aktuelle Sicherheitsbilanz in Unterfranken kann sich sehen lassen: weniger gefährliche Körperverletzungen, weniger Wohnungseinbrüche, weniger Diebstahl. Doch mit der Entwicklung im Drogenbereich ist der Chef der unterfränkischen Polizei, Gerhard Kallert, nicht glücklich. Die Polizei setzt ein neues Präventionsprogramm dagegen.

Frage: In der aktuellen Sicherheitsbilanz sieht es in Unterfranken gut aus: weniger gefährliche Körperverletzungen, weniger Wohnungseinbrüche, weniger Diebstahl. Was Delikte mit Drogen angeht, sind Sie jedoch weniger zufrieden.

Gerhard Kallert: Der Bereich macht uns – wie in ganz Bayern und ganz Deutschland – Sorgen. Wir waren 2008 noch bei 3144 festgestellten Delikten, im vorigen Jahr bei rund 5400. Die Einstiegsdroge Cannabis wird deutlich häufiger konsumiert, aber auch Heroin und Kokain.

Gerade die Zahl der jugendlichen Konsumenten weicher Drogen hat sich etwa verdoppelt.

Kallert: Ich mag den Begriff weiche Drogen nicht, weil er so verharmlosend klingt. Tatsächlich lag der Anteil der Jugendlichen im Rauschgiftbereich in der Region früher bei sieben Prozent. Inzwischen sind es 14 Prozent.

Wundert Sie das? Die Diskussion um eine Legalisierung ist mitten im Gange, auch unter Polizeibeamten. Was ist denn so schlimm an einer Freigabe?

Kallert: Vor 25 Jahren hat man gesagt: Kaum ein Stoff ist so gut erforscht wie Haschisch – das ist harmlos. Aber inzwischen zeigt die sogenannte Schneider-Studie: Wer als Jugendlicher regelmäßig Cannabis konsumiert, riskiert irreversible Spätfolgen wie charakterliche Änderungen, Änderungen im Sozialverhalten und organische Folgen bis zur Schizophrenie. Das kommt aktuell in der Diskussion viel zu kurz. Die Befürworter der Legalisierung beschweren sich, dass jemand in seinen Grundrechten eingeschränkt wird, wenn ihm wegen Autofahren nach dem Cannabiskonsum der Führerschein entzogen wird. Dass man als völlig Unbeteiligter da zu Tode kommen kann, weil der Unfallgegner gekifft hat, vergessen manche.

Malen Sie da nicht zu schwarz?

Kallert: Seit 15 Jahren unternehmen wir große Anstrengungen, um die Zahl der Unfalltoten zu reduzieren, die Opfer einer Trunkenheitsfahrt wurden. Inzwischen stellen wir fest: Wir haben etwa so viele Fahrten unter Drogen wie unter Alkohol – in einigen Teilen Unterfrankens sogar schon mehr.

Ist das nicht davon abhängig, wie intensiv die Polizei kontrolliert?

Kallert: Wir haben in den vergangenen zwei, drei Jahren nicht mehr kontrolliert als vor sieben, acht Jahren. Wir haben nicht mehr Zeit und Personal – aber erheblich steigende Deliktszahlen. Was sich durchaus geändert hat, ist die Sensibilität der Kolleginnen und Kollegen für das Thema durch entsprechende Schulungsmaßnahmen. Wenn wir das nicht in den Griff kriegen, steigt – wie überall, wo die Entwicklung so ist – auch der Bereich der Beschaffungskriminalität: Wohnungseinbruch, Pkw-Aufbrüche, Handtaschenraub-Serien.

Beim Cannabis haben Sie damit zu kämpfen, dass es mitten in der Gesellschaft angekommen ist, oder?

Kallert: Wir haben zum Beispiel immer stärker auch das Problem von medizinisch eingesetztem Cannabis, nicht nur bei Schmerzpatienten. An Schulen kamen Eltern und Schüler, die ein Rezept ihres Arztes vorzeigten: Cannabis wurde ADHS-Patienten als Ersatz für Ritalin verschrieben. Da gibt es viele ungeklärte Fragen: Wo darf man das in der Schule rauchen? Wo bewahrt man das sicher vor anderen auf, in den Pausen, auf Schulveranstaltungen, im Sportunterricht in der Umkleidekabine? Da kommen auch die Schulleiter auf uns zu und sagen: Wie sollen wir das jetzt machen?

Was ist Ihre Antwort?

Kallert: Die sogenannten weichen Drogen sind auf dem Weg, gesellschaftsfähig zu werden. Dem muss man entgegenwirken. Das geht nicht nur mit Repression, wir müssen im Bereich der Prävention stärker ansetzen.

Was haben Sie vor?

Kallert: Wir schlagen vor, eine Veranstaltung für unsere Schulen anzubieten, um bei den Schülern mehr Bewusstsein zu erzeugen, mehr Lerneffekt zu bewirken. Das können wir jedoch nicht allein, wir müssen Partner finden und motivieren, dieses Programm auf- und auszubauen. Aber wir gehen in Vorleistung: Wir haben 36 Drogenpräventionsbeamte dafür ausgebildet. Wir sprechen mit Partnern wie Jugendamt, Gesundheitsamt, Schulen und Drogenberatungsstellen, ob sie mit einsteigen. Es gibt im Übrigen in Schweinfurt schon das Projekt „Flashback“, auf das man aufbauen kann.

Das heißt, Sie bieten einen kompletten Vormittag mit Aufklärungsunterricht über die Gefahren des Drogenkonsums für siebte und achte Klassen an.

Kallert: Mit vier Elementen. Ein Modul: Polizei klärt auf, ein zweites: wie geht Suchtentwicklung? Die dritte Station befasst sich mit Konsummustern, die vierte mit psychosozialen Risiko- und Schutzfaktoren.

Daneben wollen Sie mit einem zweiten Programm, gezielt auf Jugendliche zugehen, die bereits erste Drogenerfahrungen gemacht haben und dabei erwischt wurden – mit dem Programm FreD.

Kallert: Das ist ein bundesweites Programm, die Abkürzung steht für „Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“. Das gibt es bereits in Schweinfurt, Haßfurt und Lohr. Das wollen wir ausbauen und intensivieren. Drogenberatungsstellen bieten hierbei den Teilnehmern mit ersten Drogenerfahrungen vier Abende mit je zwei Stunden an.

Womit können Sie da locken?

Kallert: Die Kursteilnahme kann sich auf das Ermittlungsverfahren auswirken bis zu einer Einstellung, wenn man mitwirkt. Wir vermitteln die Probanden an die Beratungsstellen. Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen hier eingebunden werden. Diesbezüglich haben wir auch schon die ersten Gespräche geführt. Wir befürworten eine kurzfristige Interventionsmöglichkeit, damit es nicht weitergeht, mit der Drogenkarriere.

Mit wie vielen Schulen starten Sie im Frühjahr?

Kallert: Wir müssen die Schulen und die möglichen Projektpartner erst noch überzeugen, aber es wurden schon Vorgespräche mit verschiedenen Stellen geführt und es wird auch dort die Notwendigkeit zum Handeln gesehen. Einige haben schon die Bereitschaft signalisiert, mitzumachen. Wir wollen unseren Pool von 36 Mitarbeitern anbieten, der ist ausbaufähig. Je mehr Partner wir gewinnen, umso breiter ist das Projekt aufgestellt. Wir sind sehr zuversichtlich und hoffen auf breite Unterstützung.

194 weiterführende Schulen in Unterfranken sind schon eine stattliche Anzahl.

Kallert: Da gibt es viel zu tun. Wir werden nicht gleich alle erreichen, das muss wachsen. Die Landräte habe ich informiert, die Oberbürgermeister informiere ich im Oktober. Darüber hinaus, sind Besprechungen mit den Leitern der Jugend- und Gesundheitsämter bereits terminiert. Im Herbst sehen wir dann, wer mitmacht. Von dem Vorhaben sind alle begeistert, nun stellt sich die Frage, ob das erforderliche Personal zusammenkommt.

Wie sind die Erfahrungen des FreD-Programms in Schweinfurt, wo massive Fallzahlen für Drogenkonsum Jugendlicher samt steigender Kriminalität vorlagen?

Kallert: Dort war man am Anfang sehr im Zweifel, ob man zwei Kurse im Jahr voll bekommt. Meine Mitarbeiter haben erfahren: Inzwischen sind es fünf Kurse – und man könnte wahrscheinlich noch mehr machen.

 
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  • Arcus
    Wer die knallharte Droge Alkohol, vor allem in jungen Jahren konsumiert riskiert irreversible Schäden...bis hin zur . Was haben Sie dem Chef der unterfränkischen Polizei in der Jugend wohl alles an Wein, Schnaps und Bier eingeschenkt.
    Keine Frage, Drogen jeder Art sind speziell für Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 deutlich schädlicher als in höherem Lebensalter.
    Deshalb ist die einseitige Betrachtung eines Polizeibeamten, mit seiner pseudo-wissenschaftlichen Argumentation ist fast schon peinlich.
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  • pmueller55
    Dass man so einen Artikel schreibt ist eine Sache, dass man ihn dann aber auch noch veröffentlicht .......
    Wenn man die Schneider - Studie ernst nimmt, dann müssten ja Alle die in den 60 ern aufgewachsen sind an Spätfolgen des Genusses von Rauschmittel leiden,
    Obwohl wenn ich es mir genauer überlege, würde es so manche Entscheidung unsrer Damen und Herren in Berlin erklären.
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