„Getrunken wird immer – unabhängig vom Wochentag, der Bildungsschicht und dem Alter“, berichtet Stefan Scherrer, Sachbearbeiter Verkehr der Polizeiinspektion (PI) Haßfurt. Betroffen seien alle Altersschichten: vom Fahranfänger bis zum Rentner, der von seinem Heckenwirtschaftsbesuch nach Hause fährt. Doch im Visier der Polizei steht mittlerweile nicht mehr nur Alkohol am Steuer.
Scherrer bestätigt: „Drogenfahrten nehmen sehr stark zu. Jedes Jahr wird es mehr.“ Aus seiner Statistik geht hervor: Die Polizisten der PI Haßfurt haben im laufenden Jahr bei Kontrollen 43 Verkehrsteilnehmer erwischt, die Drogen genommen, doch keinen Unfall verursacht hatten. Im Vergleich dazu stehen 49 drogenbeeinflusste Fahrer, die in der kompletten Statistik für das Jahr 2017 auftauchen. „Es ist heftig“, sagt Scherrer.
Überwiegend jüngere Fahrer
Auch der Zuständigkeitsbereich der PI Ebern verzeichnet einen Anstieg an Drogenfahrten. Die Zahl der jüngeren Fahrer dominiert dabei die Statistik, bestätigt Siegbert Weinkauf, Dienststellenleiter der PI Ebern: „Bei neun festgestellten Drogenfahrten waren die Fahrer, alle ausschließlich männlich, zwischen 18 und 30 Jahre alt. Lediglich zwei Fahrer, die sich auf der Durchreise befanden, waren zwischen 40 und 50 Jahre alt.“
Folgenlose Alkoholfahrten, das heißt, Fahrten, die zu keinem Unfall führten, belaufen sich aktuell auf 97 registrierte Fälle (72 verzeichnet die PI Haßfurt, 25 die PI Ebern). Laut Scherrer befinden sich die jährlich ausgewerteten Zahlen auf einem „gleichbleibenden Level“. Die Statistik zeigt demnach: Drogen am Steuer holen stark auf – die Liste führen jedoch weiterhin Alkoholfahrten an.
Mehr Drogen- als Alkoholdelikte
Das ist in der Region Main-Rhön nicht überall so. In Bad Kissingen etwa sehen die Werte bereits anders aus: „Mittlerweile erwischen wir mehr Verkehrsteilnehmer, die durch Drogen statt durch Alkohol auffallen“, sagt Stefan Haschke, Dienststellenleiter der Kissinger Polizei gegenüber dieser Redaktion.
Die Werte liegen allerdings nicht allein an einem gestiegenen Konsum. Weinkauf bestätigt, dass „die Themen ,Bekämpfung der Drogenkriminalität‘ und ,Bekämpfung der Drogen im Straßenverkehr‘ bei der unterfränkischen Polizei einen hohen Stellenwert haben.“
Die Polizeibeamten lernen in regelmäßigen Schulungen und Fortbildungen die richtige Vorgehensweise. Weinkauf führt weiter aus: „Im Gegensatz zum Erkennen von Alkohol (sprich Alkoholfahne) bedarf es beim Erkennen von Drogenfahrten Spezialwissen hinsichtlich drogenauffälliger Ausfallerscheinungen.“
Sogenannte „Drogen-Multis“ – das Multi steht für Multiplikatoren, der Polizei – geben dann ihr erlerntes Wissen in den Dienstgruppen weiter. Sensibilisiert für die Auffälligkeiten, überführen Polizisten Drogensünder am Steuer meist in Ortschaften. Bestätigt sich ein Verdacht, und der Drogentest fällt positiv aus, dann verständigen die Beamten neben der Staatsanwaltschaft ebenfalls Fachbehörden, wie die Führerscheinstelle. Scherrer fügt an: „Wir sind nicht bestrebt, die Zahlen auf Rekordniveau zu heben.“ Jedoch sei es das Ziel die Straßensicherheit zu erhöhen und dem Anstieg an Drogenfahrten entgegenzuwirken.
Cannabis auf Platz eins
Am häufigsten konfrontiert sind die Polizeibeamten bei nachgewiesenen Drogenfahrten mit Cannabiskonsumenten – laut Weinkauf „eindeutig Platz eins“ der Drogen im Landkreis Haßberge.
Während in der Statistik der PI Ebern Hanf eindeutig an erster Stelle steht, reihen sich im Zuständigkeitsbereich der PI Haßfurt mittlerweile Amphetamine, wie das Methamphetamin Crystal Meth, nicht weit dahinter ein. Der nachgewiesene Missbrauch von Opiaten, wozu beispielsweise Heroin gehört, sei jedoch weiterhin selten.
„Die Grenze ist fließend“, betont Stefan Scherrer. Auch, wenn THC, der primäre psychoaktive Wirkstoff in Cannabis, eine andere Wirkung auf die Konsumenten hat, als beispielsweise Amphetamine, sei die Schwelle zu härteren Drogen geringer.
Laut dem Sachbearbeiter der PI Haßfurt treten diejenigen, die leichten Suchtmittel, wie Alkohol und Zigaretten, zugänglicher sind, anderen Drogen mit höherer Akzeptanz entgegen. Auch die eigenen Eltern sind hier nicht selten ein negatives Vorbild, wenn sie ihren eigenen Kindern den Konsum von Suchtmitteln vorleben.
Scherrer warnt neben den Verkehrsfolgen auch vor dem, was sich Betroffene selbst damit antun: „Der körperliche Zerfall ist erschreckend.“ Der Polizist macht auf das Angebot der psychosozialen Beratungsstelle des Caritasverbandes Main-Spessart aufmerksam: FreD (Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten). Dieses Präventionsprogramm richtet sich an 17- bis 25-Jährige, die noch nicht „ins Drogenmilieu abgerutscht“ sind.
Weitere Informationen im Internet zu FreD unter www.lwl-fred.de
Die unterfränkische Verkehrsunfallstatistik für 2017 ist unter www.polizei.bayern.de verkehr/statistik/ abrufbar.