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Würzburg
Dr. Helds Corona-Tagebuch: Patientenverfügung und Intensivtherapie
"Offenbar geraten Menschen in Sorge, dass ihre Verfügung missverstanden werden könnte", sagt Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Er berichtet.
Hält seine Erfahrungen und Erlebnisse im Klinik-Alltag während der Pandemie fest: Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte.
Foto: Fabian Gebert | Hält seine Erfahrungen und Erlebnisse im Klinik-Alltag während der Pandemie fest: Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte.
Bearbeitet von Christine Jeske
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:42 Uhr

Wir hatten aktuell am Montag 16 Patienten in Corona-Isolation, davon fünf intensiv-stationär. Drei werden im Juliusspital behandelt, zwei in der Missio-Klinik - wobei ein Patient unmittelbar vor der Verlegung auf die Normalstation steht.

Erfreulicherweise erkennen wir einen kontinuierlichen Rückgang bei den Zahlen der stationär zu behandelnden Patienten. Das geht einher mit der Tendenz, dass auch die bundesweiten Neuinfektionsszahlen sinken. Dennoch sind sie immer noch hoch! Die Pandemie ist nicht überwunden. Es ist höchstens eine Trendwende erkennbar, die darauf hoffen lässt, dass wir besseren Zeiten entgegengehen. Das stimmt uns auch deshalb positiv, weil wir einen großen Nachholbedarf bei Operationen haben, die zurückgestellt worden sind.

Was mich momentan beschäftigt, ist ein grundsätzliches Thema: "Patientenverfügung und Intensivtherapie". Konkreter Anlass ist eine Patientin, die bereits vor längerer Zeit festgelegt hat, dass sie in einer medizinisch ausweglosen Situation bestimmte Therapien nicht in Anspruch nehmen will. Und nun möchte sie, dass ihre Patientenverfügung keinesfalls so verstanden wird, dass ihr nicht geholfen wird.

"Es ist sicher nicht so, dass eine Patientenverfügung automatisch einen Patienten von Maßnahmen ausschließt, die ihm helfen."
Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am KWM

Es ist sicher nicht so, dass eine Patientenverfügung automatisch einen Patienten von Maßnahmen ausschließt, die ihm helfen. Für uns Mediziner ist es selbstverständlich, dass wir individuell genau einordnen: Was ist der Wunsch des Patienten? Was will er mit einer Patientenverfügung sagen? Für welche Situation gilt das? Wenn jemand für eine ausweglose Situation beispielsweise festlegt: "Ich möchte keine Intensivtherapie, keine Wiederbelebung." Dann ist das nicht gleichbedeutend mit: "Ich komme ins Krankenhaus mit einer Lungenentzündung. Man könnte mir mit einer invasiven Therapie helfen - aber ich habe mich womöglich vorab dagegen entschieden."

Das wird differenziert bewertet. Dazu befragen wir den Patienten oder, wenn er nicht in der Lage ist, die bevollmächtigte Person. Aber offenbar geraten Menschen in Sorge, dass ihre Verfügung missverstanden werden könnte. Deshalb meine Botschaft: Wir schauen uns immer den konkreten Fall an und wollen dem Patientenwillen gerecht werden.

Auf der anderen Seite ist man immer aber auch ärztlich verpflichtet, einen möglichen Nutzen und Schaden einer Behandlungsmaßnahme zu bewerten. Denn nicht alles was technisch möglich wäre, ist medizinisch und menschlich sinnvoll. Auch hierbei sehen wir uns in der Verantwortung dem Patienten gegenüber. In erster Linie steht für uns fest: Wir möchten helfen, jedoch nicht mit unsinnigen Mitteln.

Am Montag war auch noch die Abstimmung mit der Physiotherapie wichtig: Ein Patient wurde zuvor invasiv beatmet und befindet sich jetzt in der Mobilisation. Er tut sich noch etwas schwer. Zu beachten ist nun: Welche Messparameter wie Sauerstoffsättigung, Blutdruck, Pulsfrequenz können wir bei der Physiotherapie tolerieren? Gibt es Hindernisse? In manchen Fällen müssen wir hier vor allem motivieren, uns aber auch sehr gut abstimmen.

Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er seit vielen Wochen regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch

 
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