Über das Wochenende ist die Corona-Situation bei uns im Klinikum Würzburg Mitte stabil geblieben. Wir behandeln aktuell acht Covid-19-Erkrankte, ein Patient wird auf der Intensivstation beatmet. Dank dieser positiven Entwicklung konnten wir die Isolierstation mittlerweile verkleinern – und trotzdem herrscht gerade in diesem Bereich erhöhte Wachsamkeit. Grund sind die Virusmutationen. Es ist wichtig, dass Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Infektion mit einer Corona-Mutante besteht, gesondert isoliert werden.
Denn nach den Hygiene-Empfehlungen konnten Patienten auf dem Höhepunkt der zweiten Welle, als die Fallzahlen sehr hoch waren, in Einzelfällen auch zusammen isoliert werden. Angesichts der Mutationen aber hat sich die Risikolage verändert. Es darf zwischen Corona-Patienten mit verschiedenen Untererregern auf keinen Fall zu Übertragungen kommen – deshalb müssen Erkrankte nun immer einzeln isoliert werden. Diese Vorsichtsmaßnahme ist derzeit problemlos umsetzbar.
Gesichert ist bei uns im Klinikum auch noch kein Mutationsfall nachgewiesen – bei einem Patienten bestand aber der Verdacht. Der Mann ist aus dem südlichen Afrika eingereist und wurde entsprechend streng isoliert. Die Gesundheitsbehörden hatten den Fall registriert und die Kontaktermittlungen eingeleitet. Heute kam das Ergebnis, dass es sich nicht um eine der neuen Mutanten handelt.
Worüber ich am Wochenende mit verschiedenen Mitarbeitern gesprochen habe, sind die Veränderungen, die die Pandemie im ganzen Klinikum bewirkt hat. Die leitende medizinische Fachangestellte unseres Schlaflabors, die ja direkt nichts mit Corona zu tun hatte, erzählte beispielsweise, sie habe den Eindruck, die Pandemie habe viele Bereiche der Klinik näher zusammen gebracht. Früher habe sie etwa die Strukturen und Kollegen auf nicht-internistischen Stationen kaum gekannt – jetzt wisse sie mehr über fachfremde Abläufe. Das ist ein positiver Nebeneffekt.
Generell muss man sagen: Nur durch dieses Zusammenrücken vieler Fachabteilungen war die Versorgung der Covid-Patienten überhaupt so möglich. Mitarbeiter mussten enorm flexibel sein und plötzlich ihren Einsatzort wechseln. Dafür kann man den Menschen nicht genug danken.
Ebenfalls bewegt hat mich das Gespräch mit einer Patientin, die an einem schweren Lungenemphysem mit Überblähung leidet und bei uns eine Lungen-Volumen-Reduktions-Operation erhalten hat. Sie ist Hochrisikopatientin und hat große Angst vor einer Corona-Infektion. Bislang hat sie sich nicht angesteckt und ist dafür wahnsinnig dankbar. Jeden Tag fiebert sie nun der Impfung entgegen – wie viele andere jüngere Risikopatienten.
Immer wieder wird uns in diesem Zusammenhang die Frage nach der Effektivität des Astrazeneca-Impfstoffs gestellt. Dazu haben wir uns intern und deutschlandweit mit Lungenexperten ausgetauscht: Wir sind der Auffassung, dass der Impfstoff Astrazeneca einen schweren Covid-Verlauf verhindern kann. Ja, es wird über mehr Nebenwirkungen als bei anderen Präparaten berichtet – aber die stehen nicht in Relation zu einem möglichen schweren Corona-Verlauf. Unser Rat ist daher: Patienten sollten auch diesen Impfstoff akzeptieren.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er seit vielen Wochen regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch