Am Wochenende befanden sich 23 Patienten in Isolation - deutlich mehr als vor einer Woche. Am Montag waren es 19 Patienten. Im Moment liegen drei Patienten auf der Intensivstation, ein Patient ist beatmet.
Dr. Held: Wenn ein Patient stirbt, dann nimmt das das ganze Team mit
Bedauerlicherweise haben wir Patienten verloren. Etwa zwei Hochbetagte, die sehr viele Begleiterkrankungen hatten. Uns war klar, dass bei ihnen die medizinischen Möglichkeiten begrenzt sind und sie die Coronainfektion wahrscheinlich nicht überstehen. Bei einem Patienten gingen wir jedoch davon aus, dass er es schafft. Er wurde lange von uns behandelt - mit allen technischen und medikamentösen Möglichkeiten. Dennoch ist er der Erkrankung erlegen. Das nimmt das ganze Team auf der Intensivstation mit.
Sicher: Wir kennen die Zahlen - bundesweit und international. Wir wissen, dass Covid-19 eine lebensbedrohliche Erkrankung ist, die trotz medizinischen Fortschritts unter Umständen auch schwer behandelbar sein kann. Dennoch ist es nicht leicht zu verkraften, wenn ein Patient stirbt. Trotz aller Professionalität müssen wir das verarbeiten. Jeder Verlust an Menschenleben zählt!
Dr. Held: Gespräche mit dem Team sind sehr wichtig
Am Vormittag habe ich viel Zeit bei der Visite verbracht, ebenso danach bei den Absprachen mit dem Ärzte- und Pflegeteam. Passt die Organisation, die Zuordnung von Personal zu den zu betreuenden Patienten? Dabei reflektieren wir auch, wie es den Mitarbeitern geht. Diese Gespräche sind sehr wichtig.
Darüber hinaus sprechen wir mit den Angehörigen von Betroffenen. Zu Beginn der Corona-Pandemie war es mir möglich, selbst täglich mit ihnen zu telefonieren. Bei der großen Zahl von Patienten, geht das nicht mehr. Mein Team kann aber durch den Umgang mit der Corona-Erkrankung routiniert diese wichtigen Kontakte übernehmen. Wir stimmen uns vorher über die Inhalte ab.
Abstimmungsbedarf gibt es auch in anderen Bereichen. Am Montag habe ich mit unserer Chefapothekerin Gabriele Heller die Verfügbarkeit von Medikamenten abgeklärt. Das ist unabhängig von Corona ein großes Thema. Obwohl wir gute Umgebungsbedingungen haben und in einer hoch entwickelten Welt leben, ist die Verfügbarkeit von Medikamenten generell - etwa von Antibiotika - nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Es gab bereits Phasen, in denen die Marktsituation schwierig war. Deshalb bin ich froh, dass wir in der Apotheke einen Partner haben, der das sehr gut im Auge behält und auch auf Neuerungen hinweist. Das gibt Sicherheit.
In Zeiten wie diesen ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie wichtig es generell ist, im Team nicht nur die Erfolge, sondern auch die schwierigen Erlebnisse miteinander zu besprechen: Ihr hab viel investiert in persönlichem Engagement, trotzdem war es kein erfreulicher Verlauf - wie geht ihr damit um? Niemand muss Versagensängste haben, weder die jungen noch die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen. Der Tod ist eine Konsequenz der Erkrankung.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er dienstags, donnerstags und samstags Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch