
Wir haben nach sechs Neuaufnahmen und sechs Entlassungen von Patienten mit Covid-19 am Freitag nun weiter 21 Patienten mit dieser Erkrankung im Klinikum Würzburg Mitte. Die Gesamt-Covid-Belegung erscheint bei dennoch wieder höherer Dynamik stabil. Wir hoffen, dass sich die stärkere Dynamik der vergangenen Tage jedoch nicht verstetigt, denn derzeit wird die Lage dadurch verschärft, dass eine Weiterverlegung älterer Patienten, die vorübergehend oder auf Dauer nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu versorgen, mangels ausreichender Kapazitäten in den Pflegeeinrichtungen erschwert ist.
Auch bei uns ist die Aussetzung der berufsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitswesen in Bayern ein Diskussionsthema. Angesichts der immer noch nicht überwundenen Pandemie und auch aufgrund der nun wieder stärkeren Dynamik besteht die Überzeugung, dass eine flächendeckende Impfung nach wie vor notwendig ist. In vielen Einrichtungen würde man eine allgemeine Impflicht als letztes Mittel gegenüber einer Impfpflicht, die nur auf das Gesundheitswesen bezogen ist, bevorzugen.
Die Impfung verhindert einen schweren Covid-Verlauf
Die Entscheidung zur Aussetzung lässt bei der aktuell dürren Argumentationslage viele Fragen offen. Insbesondere das inhomogene Stimmungsbild bei den Entscheidungsträgern trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.
Wie wichtig die Impfung ist, zeigt die Praxis: Die Patienten, die wir im letzten Vierteljahr auf der Intensivstation versorgen, sind ganz überwiegend ungeimpft. Geimpfte waren die Ausnahme, und wenn, dann waren es Patienten, die eine Lungen-Vorerkrankung hatten. Man weiß, dass die meisten Verschlechterungen bei Asthma, bei COPD - also dauerhaft entzündeten und verengten Atemwegen - und bei strukturellen Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose von Viren ausgelöst werden. Aber diese Patienten konnten ganz schnell wieder aus der Intensiv-Versorgung entlassen werden, weil sie aufgrund der Impfung keinen schweren Covid-Verlauf entwickelt haben.
Viele werden positiv getestet, aber vor allem die Ungeimpften erkranken schwer
Allgemein haben wir jetzt eine ganz andere Situation als noch vor einem Jahr: Weil die Durchseuchung mit Omikron derzeit so hoch ist, kommen häufig auch Patienten mit ganz anderen Indikationen – einem Magengeschwür, einem gebrochenen Knöchel, oder Herzbeschwerden –, werden aber positiv auf Corona getestet.
Sie erkranken nicht schwer, weil sie geimpft sind, und weil Omikron eben nicht so schwer krank macht. Aber sie müssen natürlich auch isoliert werden, um eine Ausbreitung zu verhindern. Für Abläufe und Personal ist das eine ganz große Herausforderung. Man stelle sich vor: Da kommt ein Patient mit Herzinfarkt, ist Corona-positiv und muss ins Katheter-Labor. Unter Isolationsbedingungen ist das mit sehr viel mehr Personal und Logistik verbunden.
Man kann es so zusammenfassen: Corona-positiv sind viele quer durch die Altersstruktur, da kommt es bei Geimpften gelegentlich zu leichten Erkrankungen. Zu schweren Erkrankungen kommt es entweder aufgrund hohen Alters, wegen einer Risiko-Konstellation, vor allem aber wegen fehlender Impfung.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (51) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. In seinem Tagebuch gibt er regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag. Alle Folgen finden Sie unter www.mainpost.de/corona-tagebuch