Gastgeber und Veranstalterin könnten am Donnerstagnachmittag im Vogel Convention Center (VCC) nicht unterschiedlicher sein: Während Uni-Präsident Alfred Forchel weder WhatsApp hat, noch in den sozialen Medien aktiv ist, nimmt Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, ihre Follower auf Instagram und Co. in ihrem Alltag mit. Dennoch betonten beide, bei der von Bär und der Uni Würzburg organisierten Veranstaltung zum Auftakt der neu gegründeten Bundeszentrale für Digitale Aufklärung, wie wichtig diese für die Gesellschaft sei.
Zwar gab es die Pläne dazu schon vor der Pandemie, jedoch habe die Corona-Krise gezeigt, wie dringend die neue Zentrale gebraucht werde, so Bär. Das Thema "Fake News (manipulativ verbreitete Falschmeldungen) – Desinformation und digitale Aufklärung in der Corona-Krise", um das es zum Auftakt gehen sollte, stehe hier ganz oben auf der Agenda, erklärte sie: "Weil Fake News eben auch die Axt an unsere Demokratie ansetzen möchten."
Online-Podiumsdiskussion
Es war eine besondere Runde im VCC, die ohne Publikum, dafür vor einer Wand von Kameras und Bildschirmen, diskutierte. "Dem Thema angemessen und aber auch coronabedingt", kommentierte Bär die Kulisse. Ganz im Sinne der Digitalisierung wurde die Veranstaltung live auf den Internetseiten der Regierung und der Universität übertragen.
Auf die außergewöhnlichste Art hatte sich wohl die 15-jährige Emma Bartelsheim ihren Platz in der Expertenrunde gesichert: durch einen Schulaufsatz. Für den Englischunterricht am Deutschhaus-Gymnasium hatte sich die Neuntklässlerin mit dem Thema, ob sie die Schule auf das Leben in der digitalen Welt vorbereite, befasst – den ihr Vater kurzerhand über Twitter an die Digitalministerin schickte. Keine 24 Stunden später hatte die Schülerin die Einladung zur Podiumsdiskussion.
Neben Digital Native (Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist) Bartelsheim, diskutierten die zwei Würzburger Professoren Andreas Hotho (Data Science) und Markus Appel (Kommunikationspsychologie), die österreichische Journalistin Ingrid Brodnig und aus Jerusalem zugeschaltet Gisela Dachs (Sozialwissenschaftlerin) sowie aus Brüssel zugeschaltet Renate Nikolay (Sprecherin der EU-Vizepräsidentin) mit.
Schadet Ibuprofen bei Corona und kommt das Virus von Bill Gates? Mit diesen Fragen leitete Moderatorin Jasmina Neudecker (ZDF) die Runde ein – und verdeutlichte, wie wichtig es ist, sich gerade während der Pandemie mit dem Thema "Fake News" zu befassen. Denn während sich die Menschen nach klaren Fakten sehnen, werden sie gleichzeitig von einer Welle von Informationen überrollt. Das kann nicht nur verunsichern, sondern schnell lebensgefährlich werden, erklärte Brodnig, als es um den Mythos ging, dass das Trinken von Industriebleiche immun gegen das Virus mache.
Dabei sind "Fake News" kein neues Phänomen, sagte Dachs und erinnerte an die Hexenverbrennungen im Mittelalter. Doch können sie heute durch die rasante Verbreitung über die sozialen Medien eine Wirkung entfalten, wie sie früher eben nicht möglich gewesen wäre.
Einmal in sich selbst hinein horchen
Die meisten Menschen würden sich nicht als Anhänger von Verschwörungstheorien bezeichnen, aber warum finden "Fake News" dann so schnell Verbreitung? "Wir mögen Erklärungen in einer komplexen Welt", erläuterte Kommunikationspsychologe Appel und "vor allem die Informationen, die unserem Weltbild entsprechen." Der Experte rät jedem, "einmal in sich selbst hinein zu horchen, ob das alles so gut recherchierte Dinge waren, die man bisher geteilt hat. Jeder muss das eigene Verhalten hinterfragen."
Emma Bartelsheim erzählte von Freunden, die mit aufregenden Nachrichten zu ihr kämen – dann aber oft nicht wüssten, welche Quellen dahinter stecken würden. "Das ist ein Thema, das in der Schule viel zu kurz kommt", erklärte die 15-Jährige. Sie findet es wichtig, dass Schüler wissen, welchen Quellen sie vertrauen können. Denn, dass auch sie beim Teilen von Nachrichten eine Verantwortung haben, dieses Bewusstsein fehle noch bei vielen.
Das Mädchen liest keine Zeitung. "Ich bekomme aber viel von meinen Eltern mit. Es kommt immer darauf an, aus welchem Haushalt man kommt oder wie sich die Lehrer engagieren. Man muss Glück haben", zeigte sie auf. Dabei sei die Fähigkeit kritisch Quellen zu hinterfragen ein wichtiges Ziel in Sachen Medienkompetenz, erinnerte Appel: "Es muss sich in den nächsten Jahren etwas tun, dass das nicht nur vom Lehrer abhängt, der außerhalb des Lehrplans Dinge einordnet. Das ist doch eine Schlüsselkompetenz."
Mathematiker und Informatiker Hotho erläuterte, wie Algorithmen auf den großen Plattformen persönliche Daten nutzen, um automatisiert gezielt Menschen mit für sie passenden Nachrichten zu versorgen. "Aus all den Informationen, die ich preisgebe oder auch welche Freundesnetzwerke ich habe, lernt der Algorithmus mich anzusprechen", so Hotho. Dies könne dann beispielsweise zu Wahlmanipulationen führen.
Zugang zu Daten sichern
Er plädierte dafür, Wissenschaftlern den Zugang zu Daten zu ermöglichen - nur so könne die Forschung in diesem Gebiet aktiv werden. Renate Nikolay erklärte, dass sich die EU im Umgang mit den großen Plattformen gerade noch im "Wilden Westen" befinde, dies sich aber in Zukunft ändere. So solle mehr Transparenz entstehen und Zugang zu den Daten ermöglicht werden.
Sie erzählte, dass das Thema auch auf europäischer Ebene durch die Corona-Krise noch einmal eine viel größere Sensibilisierung erfahren hat. "Es gilt aber, die Balance zwischen einer wehrhaften Demokratie und der Meinungsfreiheit zu bewahren. Wir müssen Zensur im Netz unbedingt vermeiden."
"Emotion frisst Hirn", erinnerte Brodnig in der Diskussion. Denn gerade der emotionale Aspekt mache Fake News so erfolgreich. Und gefährlich. "Es hat eben reale Auswirkungen, wenn Menschen falsche Dinge glauben", sagte sie. So zum Beispiel die Diskussion um das Tragen von Masken, erinnerte Appel.
Wichtige Rolle der Medien
"Die Rolle von Massenmedien ist ungemein wichtig", erklärte Brodnig. Und gab gleich Tipps mit an die Hand, wie man sich vor "Fake News" schützen könne. Zum einen müsse man genau hinsehen, bevor man etwas teile und auf die Quelle achten. Auch könne man das Thema mit dem Wort "Faktencheck" im Internet suchen – und so auf eine Reihe "hervorragender Nachrichtenseiten" stoßen.
"Das sind simple Sachen. Meist scheitert man daran, dass man in der entscheidenden Sekunde einfach teilt und nicht mitdenkt." Es gibt jedoch gute Nachrichten, laut Brodnig: "Die meisten Menschen sind für Fakten erreichbar. Viele wollen das gar nicht teilen und lernen danach etwas dazu."
Doch was tun, wenn Familie oder Freunde "Fake News" verbreiten? "Respektvoll miteinander umgehen und Argumente kommunizieren", rät Kommunikationspsychologe Appel. Denn Kommunikation finde immer in einer kleinen Öffentlichkeit statt, in der man auch andere überzeugen könne - sei es nur die WhatsApp-Gruppe. "Das kostet manchmal Freundschaften oder auch Nerven, aber bei vielen Dingen ist die Sache einfach zu wichtig."
Wie sieht es mit der Personalausstattung aus? Wie hoch ist der Etat?
Eine erste Beschreibung ist auf der Seite der Bundesregierung zu finden. Eine eigene Online-Präsenz hat die Bundeszentrale nach meinen Recherchen jedoch (noch) nicht.
Hoffentlich ist die Ministerin nicht so vorschnell, wie bei Ihrer Empfehlung von Wirecard im Bundeskanzleramt oder gar wie bei Ihrem Tweet nach dieser unsäglichen Ministerpräsidentenwahl in Thüringen ("Herzlichen Glückwunsch, lieber Thomas Kemmerich!"). Da wäre Schaden programmiert.
Der Erwartungen sind hoch und werden durch solche Veranstaltungen und Ankündigungen gesteigert!
Das Projekt ist zu wichtig, gerade für nicht technikaffine, wie der Digitalisierung gegenüber skeptische oder mit der Digitaliserung nicht vertraute Bevölkerunggruppen!
Ich möchte Fakten. Dafür gibt es eine ganz einfache Regel: „Was-wer-wie-wo-tut“. Und das möchte ich ungefiltert und nicht vorsortiert.
Denken kann ich selbst.
Dass Sie „denken“ können kann man glauben. Aber liegt ihnen an Fakten für Aussagen der SZ? Gehts um Israel? Angriffe?
Oder gehts hier um etwas anderes?
Denken sie halt mal daran!
Abgesehen davon, daß Frau Bär mal wieder wie so oft über Dinge redet, von denen Sie nichts versteht:
Wo ist die Grenze?
EIne dreiste Lüge in der Berichterstattung? Sicher, keine Frage.
Was ist wenn Medien (sagen wir mal zum Beispiel eine regionale Tageszeitung) in einem Bericht Teile von Informationen einfach weglässt, um eine bestimmte Wirkung zu erreichen?
Wenn Sie beispielsweise Zahlen veröffentlicht, aber dabei "vergisst" die Basis die zu deren Erhebung verwendet wurde anzugeben, oder die Vergleichsgrößen "vergisst"?
Läuft das dann auch schon unter dem Begriff "Fake news"?
Ich denke Frau Bär versteht mehr von dem Thema als viele andere, Sie eingeschlossen, sonst würden Sie die nicht diffamieren!
Leider lässt zeigt aber die momentane Lage, dass gerade die Staatsmedien (ÖR) und eine ganze Reihe von Zeitungen keine andere Meinung zulassen und nur ihre eigene als die einzig richtige vom Bürger akzeptiert haben wollen. Vielfalt ist aber die Lösung.
Die Erde ist keine Scheibe und Bill Gates hat das Virus nicht erfunden. Absurde Theorien aus der rechten Ecke muss man nicht haben. Wenn ich aber dreimal in der Woche diesen unsäglichen Herrn Lauterbach bei Lanz sehen muss, kann von Vielfalt keine Rede mehr sein. Wer garantiert mir, dass nicht gerade dieser Mann Fake News verbreitet??
Nun, die Mainpost z.B. könnte aufhören von einem (zweiten) Lockdown zu sprechen, wenn es gar keinen (ersten) Lockdown gab. ¯_(ツ)_/¯
Sie schreiben nämlich fakenews!