Würzburg macht es vor und ganz Bayern soll es künftig nachmachen. Mithilfe der virtuellen Realität (VR) sollen Feuerwehrleute ihre Ausbildung zur Strahlrohrführerin oder -führer eines Atemschutztrupps künftig gefahrlos und digitalisiert absolvieren können.
Vorgemacht haben das am vergangenen Montag Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und die Bayerische Digitalministerin Judith Gerlach. Mit der etwas klobig wirkenden Brille auf dem Kopf betraten sie ein virtuelles Wohngebäude, in dem sich ein Wohnungsbrand entwickelt hatte. Ihr digitaler Trainingspartner öffnete die Tür zur Brandwohnung und innerhalb von Sekunden mussten sie entscheiden, mit welcher Löschtaktik sie den Wohnungsbrand schnellstmöglich und mit geringem Wassereinsatz bekämpfen können.
Virtuelle Ausbildung, ohne sich körperlich in Gefahr zu begeben
Gar nicht so einfach, wie die beiden feststellen mussten. "Ich habe großen Respekt vor den Feuerwehren, weil sie sich bei ihrer Arbeit täglich in Gefahr begeben", erklärt Judith Gerlach, nachdem sie die virtuelle Übung ausgetestet hatte. Und auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann zeigte sich begeistert von der neuen Technologie: "Ich fand, es war eine sehr realistische Darstellung."
Gerade bei einer Ausbildung gehören Fehler dazu. Umso besser, dass den Feuerwehrleuten in der digitalen Welt keine echten Verletzungen drohen. Die Technologie eröffne somit ganz neue Möglichkeiten "ohne die eigene Haut zu riskieren", sagte Herrmann. Auch könnten immer wieder verschiedene Übungsszenarien geprobt und unendlich häufig wiederholt werden. Anschließend können die Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner ihren Einsatz von einer außenstehenden Perspektive Revue passieren lassen und die eigenen Fehler analysieren.
Feuerwehrleute müssen im Ernstfall innerhalb von Sekunden die richtigen Entscheidungen treffen, erklärt Michael Bräuer, stellvertretender Leiter der Feuerwehrschule Würzburg. Daher sei es umso wichtiger, dass man diese Entscheidungen häufig trainiere. Dank der VR-Technologie ist dies möglich. "Kompetentes Handeln, wie wir es in der Feuerwehr brauchen, kann nur an möglichst praktischen Situationen erlernt werden", sagt er. Dazu nehme die Feuerwehrschule Würzburg das Motto "Learning by Doing" ernst und überträgt es in die virtuelle Welt.
260.000 Euro für die virtuelle Übungswelt
Dass das Training in der VR-Welt zusätzlich auch noch die Umwelt schone, da schädliche Dämpfe und Rauch vermieden werden und auch kein Wasser verbraucht werde, mache die Übungssimulation zukunftsträchtig, wie Herrmann sagte. Und das lässt sich der Bayerische Staat einiges kosten. Ganze 260.000 Euro hat das Digitalministerium für das Projekt zur Verfügung gestellt.
Ziel soll es sein, das in Würzburg gestartete Projekt an weitere Feuerwehren in den Landkreisen und Städten in Bayern auszuweiten, sagt Herrmann. "Dafür stellt der Freistaat nochmals 650.000 Euro zusätzlich zur Verfügung." Auf die Frage, warum das Ministerium so viel Geld in die VR-Technologie investiere, verwies Herrmann auf die Zukunftsträchtigkeit der virtuellen Welt und erklärt: "Ich glaube, dass diese Technologie die Ausbildung verbessern und erweitern wird."
Doch die VR-Feuerwehrwelt hat auch ihre Grenzen, wie Jürgen Schemmel, Brandoberrat der Feuerwehrschule Würzburg, erklärt. Beispielsweise könne bei dem Einsatz der Rückstoß des Wasserstrahls aus dem Rohr noch nicht simuliert werden. Auch die Wärmeentwicklung, die bei einem echten Brand vom Feuer ausgeht, ist aktuell nicht simulierbar. Dafür gäbe es aber die Feuerwehrhallen an der Würzburger Schule, die für diese Art von Übungen auch weiter zur Verfügung stünden.
Doch der Brandoberrat blickt optimistisch in die Zukunft und freut sich auf den weiteren Ausbau der Technologie. Er könne sich beispielsweise vorstellen, dass irgendwann mehr als nur eine Person an dem Training teilnehmen kann. "Dann kann sich eine Löschpartnerin oder ein Löschpartner von einem beliebigen Ort miteinwählen und die Übung kann zusammen durchgeführt werden", sagt Schemmel. Damit könne dann auch der gesamte Truppeneinsatz geübt werden.