
Seit einigen Wochen ist der Ochsenfurter Wander- und Kulturverein endgültig Geschichte. Sein Vermögen hat die Stadt geerbt. Und auch fürs historische Bollwerk, das der Verein rund 50 Jahre lang als sein Domizil bezogen hatte, gibt es bereits eine neue Verwendung.
26 Jahre lang hat Helga Hofmann-Schmittner den Verein geführt, der den meisten Ochsenfurtern noch als "Naturfreunde" bekannt ist. 1972 hatte ihn Hofmann-Schmittner gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann Otto Schmittner mitgegründet, der vor ihr 15 Jahre lang den Vorsitz innehatte. Vor einigen Jahren folgte die Umbenennung zum Ochsenfurter Wander- und Kulturverein, auch damals schon aus Altersgründen, weil sich der Verein den Ansprüchen der Naturfreunde-Bewegung nicht mehr gewachsen sah. Nach der Auflösung vor zwei Jahren wurde Helga Hofmann-Schmittner von den Mitgliedern als Liquidatorin bestimmt.
Das Vereinsvermögen fällt an die Stadt für einen gemeinnützigen Zweck
Es ist ein großer Batzen Geld, den die ehemalige Vorsitzende an Bürgermeister Peter Juks übergeben kann - 18.165 Euro. Gemäß der Satzung fällt das Vereinsvermögen der Stadt zu und muss einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden. Auf einen bestimmten Zweck wollte sich der Verein nicht festlegen. "Der Bürgermeister weiß besser, wo gerade Geld gebraucht wird", sagt Hofmann-Schmittner.

Den Grundstock für den Wohlstand des Vereins lieferten die Volkswandertage und Bockbierfeste, die die Naturfreunde in den 1970er Jahren veranstalteten, sagt Helga Hofmann-Schmittner. Über die Jahre hatte der Verein im gesamten Maindreieck ein Wanderwegenetz mit über 250 Kilometern Gesamtlänge aufgebaut, das vielen Gemeinden bis heute als Basis für ihr Freizeitangebot dient. "Das war Pionierarbeit und der Beginn des Tourismus im Maintal", so Bürgermeister Juks.
Viele Jahre lang bot das Bollwerk auch günstige Übernachtungen
Das Bollwerk hatte die Stadt dem Verein verpachtet. Mit großem Engagement bauten die Mitglieder den ältesten Torbau der Stadtbefestigung aus dem späten 14. Jahrhundert zu ihrem Domizil aus. Viele Jahre lang diente es sogar als offizielles Naturfreundehaus und bot bis zu acht Übernachtungsgästen eine preiswerte Bleibe. Wenn die inzwischen 86-Jährige davon erzählt, kommt kein bisschen Wehmut auf. "Es hatte doch keinen Zweck, den Verein länger aufrechtzuerhalten", sagt Helga Hofmann-Schmittner. "Die meisten Mitglieder sind zu alt, und junge kamen keine nach."
Bürgermeister Peter Juks bedauert die Auflösung. Inzwischen hatte man sich im Rathaus aber bereits viele Gedanken gemacht, wie es nun mit dem Bollwerk weitergehen soll. "Das Flair soll auf jeden Fall erhalten bleiben", so Juks. Vor zwei Jahren schon hatte er den Vorschlag gemacht, das Baudenkmal mit seinem großen Schankraum nicht mehr nur einem Verein zu übergeben, sondern als Treffpunkt für verschiedene Vereine und Gruppen zu nutzen. Vor allem sollte der Teil des alten Stadtgrabens, der bisher hinter einem großen Holztor verborgen war, eine öffentliche Verwendung finden.
Klimaresilienter Schaugarten soll Hobbygärtner Anregungen geben
Seit die "Smarte Region Würzburg", ein gemeinsames Projekt von Stadt und Landkreis, auf das Bollwerk aufmerksam geworden ist, haben diese Überlegungen deutlich Fahrt aufgenommen. Im ehemaligen Stadtgraben will das Aktionsbündnis einen klimaresilienten Schaugarten errichten. Die ersten Vorarbeiten dazu sind bereits abgeschlossen. Mitte des Jahres soll der Schaugarten eröffnen.

Interessierte Hobbygärtner sollen dort unter anderem Anregungen und praktische Beispiele zu einem klimaangepassten und nachhaltigen Gartenbau erhalten. Ein erstes Vorzeichen ist eine digitale Info-Stele, die vor kurzem auf der Stadtpromenade installiert wurde. Neben Veranstaltungshinweisen werden dort auch aktuelle Klimadaten zu Temperatur und Bodenfeuchte angezeigt.
Das Bollwerk möchte Bürgermeister Peter Juks ebenfalls in das Projekt der "Smarten Region" einbinden. So könnte der Gastraum beispielsweise für Veranstaltungen und Kurse im Zusammenhang mit dem Schaugarten genutzt werden, sagt er.
Fluchttreppe macht eine öffentliche Nutzung möglich
Dem stehen gegenwärtig allerdings noch bauliche Hürden entgegen. Weil das Bollwerk keinen zweiten Rettungsweg besitzt, schied eine öffentliche Nutzung bislang aus. Doch auch für dieses Problem steht eine Lösung bereits parat: Im südlichen Teil des Bollwerks war bis vor wenigen Jahren eine Trafostation untergebracht. Der zweigeschossige Raum bietet ausreichend Platz für den Einbau einer kostengünstigen und von außen nicht sichtbaren Fluchttreppe. Einen entsprechenden Bauantrag hat die Stadt bereits ans Landratsamt gestellt.