
Der Ochsenfurter Wander- und Kulturverein hat sich aufgelöst. Bekannter als Naturfreunde-Ortsgruppe hat der Verein in seiner 50-jährigen Geschichte zur touristischen Erschließung der Region beigetragen. Die spannende Frage bleibt, was nun mit dem Bollwerk geschieht, das der Stadt Ochsenfurt gehört und in dem die Naturfreunde seit ihrer Gründung ihr Domizil hatten.
Wehmut begleitet Helga Hofmann-Schmittner nicht, wenn sie die steilen Stufen zum Bollwerk hinaufsteigt. 26 Jahre lang hat sie den Verein geführt, in der Nachfolge ihres 1995 verstorbenen Mannes Otto Schmittner. "Es hat doch keinen Zweck, den Verein noch länger aufrecht zu erhalten", sagt die 84-Jährige. "Die meisten Mitglieder sind zu alt und junge kommen keine nach."
Niemand war mehr bereit, im Verein den Vorsitz zu übernehmen
Als sich Hofmann-Schmittner bei den letzten Neuwahlen nicht mehr als Vorsitzende zur Verfügung stellte und auch niemand sonst bereit war, die Verantwortung zu übernehmen, war das Schicksal des Vereins besiegelt. Zu Spitzenzeiten zählte der Verein bis zu 150 Mitglieder, unterhielt eine Wassersportgruppe und eine eigene Jugendgruppe. Am Schluss sind davon 75 Mitglieder übrig geblieben, die Zahl der Aktiven jedoch beschränkte sich auf ein gute Hand voll.
In der holzvertäfelten Stube des Bollwerks hängt ein Brett mit den Medaillen der Volkswandertage. 1972 hat das damals äußerst beliebte Volkswandern zur Gründung der Naturfreunde-Ortsgruppe geführt. Initiator war der damalige Stadtrat Helmut Krapf. Der Verein schloss sich damit einer internationalen Freizeit-Bewegung an, die einst aus der Arbeiterbewegung hervorgegangen war. Zehnmal haben die Naturfreunde die Ochsenfurter Volkswandertage veranstaltet, begleitet von einem Bockbierfest.

Auf der Karte an der Wand sind die Wanderwege gekennzeichnet, die die Naturfreunde rund um Ochsenfurt angelegt haben. Auf insgesamt 250 Kilometer erstreckte sich das Wegenetz, das früher einmal das südliche Maindreieck zwischen Kitzingen und Würzburg überspannte, einschließlich eines Trimm-Dich-Pfads im Bärental. Einige der Wege waren vor Jahren schon aufgegeben worden, weil den Mitgliedern die regelmäßige Pflege zu viel geworden war.
Unter dem Vorsitz von Helga Hofmann-Schmittner machten die Mitglieder den alten Steinhauerweg in Goßmannsdorf wieder gangbar und stellten, unterstützt vom städtischen Bauhof, zahlreiche Ruhebänke in der Stadt und ihren Ortteilen auf. Besonders hat sich dabei Helga Hofmann-Schmittners zweiter Ehemann Otto Hofmann engagiert. Das rege Vereinsleben war geprägt von regelmäßigen Wanderungen, Städtetouren und der alljährlichen Mehrtagesfahrt ins Südtiroler Etschtal.
Das Bollwerk bot Wanderern ein günstiges Nachtquartier
Zentraler Treffpunkt blieb das Bollwerk, in dem die Naturfreunde neben ihren regelmäßigen Treffs zu öffentlichen Lesungen, Diaschauen oder Filmabenden einluden. Mit acht Schlafplätzen bot das Naturfreundehaus überdies Reisenden ein einfaches und günstiges Quartier.
Weil aus Altersgründen auch die Zusammenarbeit mit der Naturfreunde-Bewegung schwierig geworden war, trennte sich die Ortsgruppe 2008 vom Dachverband und firmierte fortan als eigenständiger Ochsenfurter Wander- und Kulturverein. Um weiter ihrem Hobby nachgehen zu können, fand die Wassersportgruppe Anschluss an die Naturfreunde-Ortsgruppe in Wolfratshausen. Das übrige Vereinsleben lief weiter bis zur Auflösung in der jüngsten Jahreshauptversammlung.

Inzwischen ist der Verein auch notariell aufgelöst. Als Liquidatorin verwaltet die frühere Vorsitzende nun das Vereinsvermögen von rund 17.000 Euro, das satzungsgemäß der Stadt Ochsenfurt für gemeinnützige Zwecke zufällt. Wofür genau das Geld verwendet werden soll, wollen die Mitglieder noch entscheiden, so Hofmann-Schmittner.
Ideen für das Bollwerk, den ältesten Teil der Stadtbefestigung, hat Bürgermeister Peter Juks bereits. Wie Juks im Gespräch mit der Redaktion sagt, könne er sich eine Nutzung der Gaststube durch mehrere Vereine und Gruppen vorstellen, auch zu öffentlichen Veranstaltungen. Den bisher verschlossenen Garten hinter dem Bollwerk würde er ebenfalls gerne öffentlich nutzen, etwa für Wein- oder Bierproben im Rahmen von Stadtführungen.
Jugendherberge im Klingentorturm könnte wieder reaktiviert werden
Die drei Gästezimmer mit acht Schlafplätzen, Sanitäranlagen und kleiner Küche würde der Bürgermeister gerne reaktivieren. Die Nachfrage von Radtouristen und Wanderern nach einfachen Unterkünften sei groß, sagt er. Deshalb schlägt er vor, im Bollwerk und in der ehemaligen Jugendherberge im Klingentorturm ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Der fehlende Notausgang, der zur Schließung der Jugendherberge geführt hat, lasse sich mit einfachen Mitteln und im Einklang mit dem Denkmalschutz schaffen, ist Juks überzeugt. Dem Stadtrat habe er diese Vorschläge bislang aber noch nicht vorgetragen.
Die Existenz war mir nicht. Al bekannt.
Gi t es heute noch Wandervereine oder ähnliches?