In Würzburg gehen besonders viele stiften. In keiner anderen größeren Stadt in dieser Republik, die Heimat von über 21.000 Stiftungen ist, gibt es im Verhältnis zur Einwohnerzahl so viele: Die Angaben schwanken zwischen 91 und 92 pro 100.000 Würzburger, darunter natürlich so traditionsreiche und jahrhundertealte wie die von Julius- und Bürgerspital, aber auch modernere wie die Dirk-Nowitzki-Stiftung – und wie die Zukunftsstiftung Würzburg, die erst im März diesen Jahres aus der Taufe gehoben worden ist. Und die nun dafür sorgen will, dass die Domstadt endlich eine Multifunktionsarena bekommt. Die Chancen, dass es nach einigen vergeblichen Anläufen diesmal klappt, sind augenscheinlich so gut wie nie.
Anschub durch Bernd Freier und Michael Reizel
„In den letzten drei Jahrzehnten gab es mehrere Anläufe zum Bau einer Arena in Würzburg. Jedes Mal gab es nachvollziehbare Gründe, warum aus dem Ziel, hier eine großartige Multifunktionshalle zu errichten, nichts wurde. Diesmal soll es anders sein. Deshalb leisten wir nun einen ordentlichen Anschub für die Realisierung dieser Multifunktionsarena in Würzburg“, sagt Bernd Freier, Eigentümer des Modeherstellers s.Oliver und erster Vorsitzender des Kuratoriums der Zukunftsstiftung. Gemeinsam mit Michael Reizel, Eigentümer der BVUK.-Gruppe und zweiter Vorsitzender, hat Freier die Stiftung mit einem zweistelligen Millionenbetrag ausstaffiert – Grundstock und kräftiger Anschub für den Bau der Halle in Deutschlands Stiftungshauptstadt.
- Eine riesige Chance, die Würzburg nutzen sollte – Ein Kommentar von Thomas Brandstetter
Weil die gemeinnützige öffentliche Stiftung kein elitärer Kreis erfolgreicher, millionen-, teils auch milliardenschwerer Geschäftsleute sein will, fordern die Stifter und alle weiter an dem Projekt Beteiligten nach diesem Impuls Stadt und Wirtschaft dazu auf, sich zu beteiligen und zu engagieren. „Für so ein besonderes Vorhaben musste ein besonderer Impuls gesetzt werden. Wir Stifter handeln dabei ohne Eigeninteresse und sind dem Gemeinwohl verpflichtet“, sagt Reizel, der auch betont, dass „wir in die Planungen zum Arena-Projekt bereits viel investiert haben, weshalb wir nicht am Anfang stehen und um die Größe der Aufgabe wissen. Deshalb ist klar, dass ab sofort alle gemeinsam gefragt sind, damit die Würzburger ihre Arena bekommen.“
Baukosten sollen 30 Millionen Euro betragen
Die bei Sportveranstaltungen rund 6000, bei Konzerten gut 7500 Menschen Platz bietende Arena, deren Baukosten auf rund 30 Millionen Euro geschätzt werden dürfen, soll nahe des Hauptbahnhofs hinter dem Hotelturm in der Schweinfurter Straße entstehen. Seit der Würzburger Unternehmer Gerold Bader das 21.000 Quadratmeter große Grundstück am Berliner Ring, östlich der Grombühlbrücke, sein Eigen nennt, also seit Ende 2012, gilt der Standort als erste Adresse für eine neue Multifunktionsarena in der Domstadt. Geplant ist nach Recherchen dieser Redaktion, dass Bader das Grundstück der Stiftung in Erbpacht zur Verfügung stellt und sich auch in der Stiftung engagiert. „Ich bin schon seit längerem detailliert in die Projektstruktur eingebunden und komme daher zu dem Schluss, dass die Chance zur Realisierung – auch bauseitig – mittlerweile so hoch ist, wie nie“, sagt Bader, der verspricht: „Gemeinsam mit den anderen werde ich auch weiterhin meinen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung leisten.“
Würzburgs Bundesliga-Basketballer galten stets als das Zugpferd, das Hallenpläne befeuerte, vor allem nach dem Aufstieg in die Bundesliga 2011. Sportlicher Erfolg aber ist selten bis ins letzte Detail plan- und prognostizierbar (wie der Abstieg 2014 mit einhergehender Fast-Pleite den Würzburgern schmerzhaft zeigte). Schwindet der sportliche Erfolg, verschwinden oft auch Euphorie und Risikobereitschaft mit ihm. Anfang des Jahres hat s.Oliver Würzburg das Ziel ausgegeben, in den nächsten zwei, drei Jahren in die deutsche Spitze vorstoßen zu wollen. Bis dahin könnte (und vermutlich auch sollte) die neue Arena stehen. Eine mit der in Würzburg geplanten Halle vergleichbare Arena in Neu-Ulm, die innerhalb von etwa drei Jahren realisiert und nach nur 19-monatiger Bauzeit 2011 eröffnet wurde, kostete rund 28 Millionen Euro. Erst durch diese Arena mit mehr Platz und mehr Vermarktungsmöglichkeiten war der sportliche Höhenflug der Ulmer in den vergangenen Jahren möglich.
Neue Hallen in Bamberg und München geplant
In Bamberg – mit neun deutschen Meistertiteln seit 2005 absoluter Dominator der jüngeren Vergangenheit in der Basketball-Bundesliga – wünschen sie sich eine neue, mindestens 10.000 Menschen fassende und 50 Millionen Euro teure Halle, um ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Und in München hat Uli Hoeneß angekündigt, gemeinsam mit Red Bull nur für die Basketballer und den Münchner Eishockey-Bundesligisten für 100 Millionen Euro eine neue Arena neben der Olympiahalle aus dem Boden stampfen zu wollen.
Vielleicht auch deshalb heben die Macher, die nun einen weiteren Anlauf einer Arena in Würzburg in Angriff nehmen, vor allem deren Multifunktionalität hervor, die weit über den Sport hinausgehen soll. Neben den Basketballern spielen sicherlich auch die Zweitliga-Handballer der DJK Rimpar Wölfe eine Rolle in den Überlegungen als künftige Mieter. Sicher sind auch Boxkämpfe oder Ähnliches denkbar – aber noch viel häufiger sollen sich Musikanten aller Genres die Klinke in die Hand geben. Viele populäre Bands und Solisten machen seit Jahren einen großen Bogen um Würzburg und gastieren lieber in Bamberg oder Nürnberg, weil es in Unterfranken an einem vernünftigen, genügend Menschen Platz bietenden Auftrittsort mangelt.
Messen, Kongresse, Tagungen, Verkaufsbörsen – all dies soll die Wirtschaftlichkeit des noch genau auszulotenden Betreiberkonzepts der neuen Würzburger Arena garantieren.
Ex-Regierungssprecher Anda ist mit im Boot
Wie ernst und zielstrebig es die Macher mit dem Projekt nehmen, zeigt sich auch daran, wen sie mit ins Boot geholt haben. Etwa Béla Anda. Der 54-jährige Kommunikationsmanager und Journalist mit eigener Agentur war von 2002 bis 2005 Regierungssprecher der rot-grünen Koalition unter Kanzler Gerhard Schröder, hatte davor lange Jahre bei der „Bild“-Zeitung gearbeitet und wurde danach stellvertretender Chefredakteur des noch immer größten Boulevard-Blattes Europas (2012 bis 2015). Anda hält das Projekt in Würzburg für „erfolgversprechend“, weshalb er auch als Berater mitwirkt.
Durch den deutschlandweit wohl ziemlich einzigartigen Hintergrund mit der Stiftung, „ist das Projekt etwas ganz Besonderes, da nicht die Profitmaximierung einiger Investoren im Vordergrund steht, sondern die Gemeinnützigkeit, die Würzburg und der Region sicherlich guttun werden“. Ein weiterer fundamentaler Pluspunkt ist laut Anda: „Die Stifter sind ganz eng mit Würzburg verbunden und wollen die Stadt auch voranbringen.“ Deshalb glaubt er: Die Stifter seien „nicht heute hier und morgen wieder weg“. Dieses Risiko besteht eher bei Investoren, wenn sie ihre Renditewünsche nicht erfüllt sehen. Bei einer gemeinnützigen Stiftung ist diese Gefahr im Grunde obsolet. Überschüsse, die eine noch zu gründende Betreibergesellschaft der Halle erwirtschaftet, sollen über die Stiftung der Allgemeinheit, vor allem sozial orientierten und aktiv helfenden Organisationen zugutekommen. „Das ist ein entscheidender Unterschied zu früheren Anläufen, der deutlich macht, dass wir bereit sind, Verantwortung für die Zukunft unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen“, erklärt Freier.
Die Erfahrungen der Profis
„Es beeindruckt mich, wie zielorientiert und engagiert alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Rund um die Zukunftsstiftung haben sich bereits Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zu diesem Projekt versammelt, die allesamt bereits bewiesen haben, dass sie solche Projekte erfolgreich realisieren können“, sagt Thomas Oehler. Der 35-jährige Oberbayer, der in den letzten Jahren Würzburgs Basketballern beratend zur Seite stand, ist Geschäftsführer der Projektgesellschaft, die die Stiftung für den Bau der Halle ins Leben gerufen und mit einem jetzt schon siebenstelligen Betrag ausstaffiert hat.
Oehler war beteiligt an der Restrukturierung der Würzburger Basketballer nach deren Fast-Pleite 2014, und ihm wird ein sehr enges Vertrauensverhältnis zu Bernd Freier nachgesagt. Als Geschäftsführer des von Präsident Uli Hoeneß ausgerufenen Basketball-Projektes des FC Bayern München begleitete Oehler den Klub von der Regional- bis in die Bundesliga. Zudem betreute er den Umzug der Basketballer von der Olympiaeishalle in die Rudi-Sedlmayer-Halle, die seit dem Umbau Audi Dome heißt.
„Verliebt ins Gelingen“
„Die Arena in Würzburg ist das erste große Projekt unserer Stiftung“, sagt Bernd Freier, „dem aber sollen natürlich noch viele weitere folgen.“ Béla Anda, der Reizel und vor allem Freier länger kennt, glaubt, dass die Hallen-Initiatoren nicht zuletzt mit einem sehr wichtigen Pfund wuchern können: „Solch erfolgreiche Menschen beschäftigen sich nicht mit dem Scheitern. Sie möchten, dass es läuft. Und sie sind verliebt ins Gelingen.“
Die Präambel der Satzung der Zukunftsstiftung Würzburg
Gegründet wurde die Zukunftsstiftung Würzburg im März 2017. Die Präambel der Satzung: „Die Zukunftsstiftung Würzburg soll der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Entwicklung der Stadt und der Region Unterfranken dienen.
Die Zukunftsstiftung Würzburg will erreichen, dass Bürger und Wirtschaftsunternehmen zusammen mehr Verantwortung für die Gestaltung ihrer Stadt und Region übernehmen. Sie führt Menschen zusammen, die sich – insbesondere aufgrund der aus dem eigenen wirtschaftlichen Erfolg erwachsenden sozialen Verantwortung – aktiv als Stifter, Spender und ehrenamtliche Mitarbeiter für die Projekte der Stiftung engagieren.
Durch Zustiftungen und Zuschüsse zu Einzelprojekten soll die finanzielle Basis der Stiftung erweitert und somit deren Wirkkraft nachhaltig erhöht werden. Die Zukunftsstiftung Würzburg versteht sich als Impulsgeber und dauerhafter Partner für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bei der gemeinsamen Aufgabe, die Stadt Würzburg und die Region Unterfranken auf zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen vorzubereiten und diese Zukunft aktiv zu gestalten. Dies betrifft insbesondere die Herausforderungen, welche Würzburg und der Region Unterfranken infolge des demografischen Wandels und der Anziehungskraft von Metropolregionen für junge, gut ausgebildete Menschen erwachsen.
Die Zukunftsstiftung Würzburg will durch die von ihr verfolgten Projekte und Fördermaßnahmen das gesellschaftliche Leben, die Bildungs- und Ausbildungssituation sowie die Lebensqualität in der Stadt Würzburg und der Region Unterfranken gestalten und nachhaltig verbessern.“