
Poetry Slam ist eine zeitgenössische Form des Dichterwettstreits. Autoren lesen performativ eigene, meist sehr frische, noch nie vorgestellte Texte, und das Publikum entscheidet, wer gewinnt. Höchstens sechs Minuten lang durfte eine einzelne Performance am Samstagabend in Kitzingen dauern. Requisiten, Verkleidung oder Masken waren nicht erlaubt. Die Jury des Publikums bestand aus fünf Personen, die Punktwerte vergaben.
Über die Reihenfolge der Auftritte entschied das Los. In der Vorrunde traten sechs Autoren hintereinander auf und die besten drei – Elena Illing, Hannah Conrady und Hank M. Flemming – durften ins Finale.
Schenkelklopfer und derbe Wortkunstwerke
Poetry Slam lebt von der Interaktion mit dem Publikum. Es geht stets darum, dieses zu überzeugen und zu unterhalten. Dabei ist das Genre egal und erlaubt eine große Bandbreite: ob eher nachdenkliche oder traurige Texte, kabarettistische Schenkelklopfer, schnelle rhythmische Reim- und Assoziationsfeuerwerke oder derbe Wortkunstwerke.

In einem Aufruf, doch Wut zuzulassen, nicht ständig nur konform zu reagieren, startete die erste Wettkampfteilnehmerin. Zynisch jonglierte sie mit Zungenbrechern wie "scharfe Spitzen schlitzen die Raufasertapete entzwei". An zweiter Stelle folgte Oliver Walter, der bayerische Vizemeister im Poetry Slam, mit einer Gender-Analyse von Kinderbüchern. Er stellte fest, dass die Tätigkeiten, Vorlieben und Berufe in ihrer Gendertypisierung zwar aufgeweicht werden, dass eine Mama Wissenschaftlerin sein könne, aber eben niemals Cheflobbyistin der Waffenindustrie.
Als Dritte trat die Würzburger Logopädie-Studentin Hannah Conrady an. Sie setzte sich mit dem Druck auseinander, dem alleinerziehende Frauen ausgesetzt sind. Im Mittelpunkt ihres erzählerischen Textes stand Sonia als "Meisterin des Alltags" und Komplizin von Sisyphos.

Elena Illing gewann die Sympathie des Publikums im Handumdrehen, als sie sagte, dass ihre Großmutter aus Kitzingen stamme. Dieser widmete sie das Gedicht, in dem sie sich einfühlte in die Erfahrungswelt zwischen zerstreuter Erinnerung und Heimzimmer einer Demenzerkrankten: "Dann ist in jedem kleinen Raum noch Platz für einen rosa Baum". Auf diesen eher nachdenklichen Text folgte eine sehr schnelle Performance von Ezgi Zengin. Ausgehend von einem Eintrag und den Kommentaren auf einer Social Media Internet-Plattform versetzte sie sich in den dort artikulierten Männlichkeitswahn und kommt zu der rhetorischen Frage: "Was bringen 300 Millionen Spermien, wenn sie im Taschentuch landen?"

Schneller Ritt durch die Weltpolitik
Als knapper Sieger ging Hank M. Flemming hervor. In seinen äußerst witzigen Texten kitzelte er voller Selbstironie die Absurditäten der Realität heraus, zum Beispiel mit Fragen wie "Warum bist du trotz Globuli schwanger?". Im Finale legte er mit einem noch schnelleren Ritt durch Weltpolitik und Befindlichkeiten nach. Auch vor den Texten der anderen Slammer machte er nicht halt, sondern baute sie spontan in seinen, wie er sagte, kurz vor dem Auftritt verfassten Text ein.
Gestaltet wurde der Abend von dem Moderator Manfred Manger und DJ Benni Warmuth aus Schweinfurt. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Kitzinger Sprachwochen statt, der Eintritt war frei.


