
Pappmaché an der Decke imitiert ein grottenähnliches Gewölbe, blaues Licht durchleuchtet den kleinen Raum im Keller – der Name des Restaurants "Capri Blaue Grotte" in Würzburg ist Programm. Das Lokal in der Elefantengasse gilt als die älteste Pizzeria Deutschlands - und feiert an diesem Donnerstag, 24. März, 70. Geburtstag.
Man schrieb das Jahr 1952, als Nicolino "Nick" di Camillo mit seiner späteren Ehefrau Janine, genannt "Janina", das "Capri" im noch kriegszerstörten Würzburg eröffnete und damit die Erfolgsgeschichte einer italienischen Spezialität im Nachkriegsdeutschland begründete. Auch den Pizzakarton soll der 2015 verstorbene Abruzze erfunden haben, verlässliche Quellen gibt es dazu jedoch nicht.
Janina di Camillo: Von der Bühne in die Küche

"Kein Mensch hat damals gewusst, was Pizza eigentlich ist - inklusive mir", sagt die gebürtige Würzburgerin Janina di Camillo heute. Die Balletttänzerin hatte ihren "Nick" im Nürnberger Opernhaus kennengelernt. Nicolino di Camillo war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit einer amerikanischen Einheit nach Fürth gekommen, um dort als Küchenhelfer zu arbeiten. Seinen Traum, die Pizza nach Deutschland zu bringen, konnte in Würzburg wahr werden: Mithilfe der Schwiegereltern eröffnete der Italiener 1952 die erste Pizzeria Deutschlands, damals noch unter dem bereits bestehenden Namen "Uffenheimer Braustüble" mit dem Zusatznamen "Capri".

In Anlehnung an die nahe Sanderstraße erweiterten die di Camillos den Namen des Restaurants um "Sabbie di Capri", also "Sand von Capri". "Mein Mann hat immer tolle Ideen gehabt und ich habe immer mitgemacht", erinnert sich die 90-jährige Janina di Camillo. "Ich habe damals in der Küche gearbeitet und Nick hat den Laden geschmissen."
Wie der Namen "Blaue Grotte" nach Würzburg kam
Durch Visitenkarten, "Free-Pizza-Partys" in den Clubs der US-Kasernen und das Zurschaustellen von riesigen Parmesanrädern, die effektvoll durch die Elefantengasse gerollt wurden, gewannen die Gastronomen schnell Aufmerksamkeit in der Stadt - vor allem bei amerikanischen Soldaten. Das Lokal habe schnell geboomt, erzählt Janina di Camillo. Und auf einmal hätten die Menschen Pizza auch zum Mitnehmen gewollt. "Aber wie? Wir hatten nur Butterbrotpapier - Butterbrotpapier und dann in Zeitung eingewickelt."
So ließ "Nick" di Camillo spezielle Kartons anfertigen - möglicherweise die Erfindung des Pizzakartons?

Bald reichte der Platz nicht mehr aus. Doch nicht nur ein räumlicher Ausbau veränderte das Lokal nachhaltig: Zwei Jahre nach Eröffnung wurde aus dem ehemaligen Braustüble die "Blaue Grotte", wie das Lokal heute noch heißt. Nach einem Besuch der gleichnamigen Sehenswürdigkeit auf Capri war der Restaurantbesitzer auf die Idee gekommen, das Kellergewölbe seiner Pizzeria der Grotte nachzuempfinden. Mit leeren Kartons, Pappmaché und besprüht mit feuerfester Farbe schuf man ein Stück Süditalien im zerstörten Würzburg.
Mehr als Pizza: Die kulinarische Ausrichtung hat sich mittlerweile geändert
70 Jahre nach der Eröffnung hat sich die kulinarische Ausrichtung des Restaurants geändert. Die Ursprungsidee von "Nick" ist zwar noch zu erkennen, eine reine Pizzeria ist die "Blaue Grotte" aber nicht mehr. Die heutigen Betreiber heißen Ruth Lopez und Dominik Schraut, der zuvor Koch im Würzburger Stachel war. "Pizza spielt hier immer noch eine große Rolle", sagt Schraut. "Die klassische Pizza mit klassischen Zutaten bieten wir aber nicht mehr an."

Es gehe ihnen um Individualität bei der Zubereitung und Zusammensetzung in einer wöchentlich wechselnden Karte, sagen die beiden Gastronomen. In ihrer Küche seien sie offen für vieles: "Wir verbinden gerne verschiedene kulinarische Richtungen mit hochwertigen Zutaten aus der Region", sagt der Koch. "Die Blutwurstravioli bei uns ist beispielsweise ein echter Renner."
An diesem Donnerstag: Kleine Party und Gerichte von der ersten Speisekarte von 1952
Eine Feier zum 70-jährigen Bestehen wird es natürlich geben: "Das gehört gefeiert, trotz Corona", sagt Schraut, der das Capri seit September betreibt. Mit Janina di Camillo und geladenen Gästen, die zum Teil lange Wegbegleiter des Restaurants sind, "dürfen wir eine kleine Privatparty geben", sagt Schraut.
So werden unter anderem Gerichte von der ersten Speisekarte von 1952 serviert. Und auch für die Öffentlichkeit ist das Lokal an diesem Donnerstag geöffnet. Unter anderem werden dann Spaghetti a la abruzzese mit Fleischklößen in Erinnerung an die Tradition des Restaurants und seinen Gründer Nicolino di Camillo auf der Karte stehen.
Schade ist nur, dass es keine Art "Denkmalschutz" für das kulinarische Angebot gibt. Zitat: "Die klassische Pizza mit klassischen Zutaten bieten wir aber nicht mehr an."
Glücklicherweise hat man in WÜ eine große und gute Auswahl wenn man Pizza genießen möchte...