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Würzburg
Der Geschichtenerzähler vom Africa Festival Würzburg: Ibu, ist die Bezeichnung "Mohrenkopf" rassistisch?
Seit 25 Jahren tritt Ibrahima Ndiaye beim Africa Festival auf. Was bedeutet dem Senegalesen Heimat? Im Interview spricht er über Hautfarbe, sprachliche Unsicherheit - und Dialekt.
Seit 25 Jahren Star der Kinder beim Würzburger Africa Festival: Geschichtenerzähler Ibrahima Ngiaye, genannt Ibu. Hier bei einem Auftritt beim Festival 2021.
Foto: Ulises Ruiz | Seit 25 Jahren Star der Kinder beim Würzburger Africa Festival: Geschichtenerzähler Ibrahima Ngiaye, genannt Ibu. Hier bei einem Auftritt beim Festival 2021.
Folker Quack
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:25 Uhr

Ibrahima Ndiaye ist das "Gesicht" des Würzburger Africa Festivals. Seit 25 Jahren ist er dabei, moderiert und tritt als Geschichtenerzähler Ibu im Kinderprogramm auf. Seit 1987 lebt und arbeitet der gebürtige Senegalese als Schauspieler, Kabarettist und Musiker in Saarbrücken. Für sein kulturelles Engagement wird der 61-Jährige an diesem Donnerstag beim "Panafest" in Esslingen mit dem "The Africa we want-Award" 2023 ausgezeichnet. Von Freitag bis Pfingstmontag ist er mit seinen Geschichten und musikalischen Einlagen dann wieder auf den Mainwiesen beim Würzburger Africa Festival zu erleben: täglich um 13.30 Uhr.

Vor dem ersten Auftritt ein Gespräch über Heimat, das gerollte R, Sprache - und die Offenheit von Kindern.  

Sie lachen einen derzeit an fast jeder Straßenecke in Würzburg von den Plakaten des 34. Africa Festivals an. Was bedeutet Ihnen dieses Festival?

Ibrahima Ndiaye: Dieses Festival ist für mich ein Paradebeispiel für einen Schmelztiegel der Kulturen. Mich erinnert der ganze Platz immer an einen Palaverbaum. Das ist in der afrikanischen Tradition ein Baum mitten im Ort, unter dem man sich trifft, austauscht und friedlich und respektvoll miteinander umgeht. Wo jede Stimme gehört und respektiert wird.  

Gibt es einen Unterschied zwischen den Menschen beim Africa Festival und denen, auf die Sie sonst in Deutschland treffen?

Ndiaye: Nein, da sehe ich keinen Unterschied. Aber zum Africa Festival kommen viele Menschen, die ein wahres Interesse an Afrika haben. Sie interessieren sich für die Kulturen, die Zivilisationen und für die Musik. Wobei Musik die Sitten mildet. 

Die Sitten mildet?

Ndiaye: Ja, meines Erachtens ist Musik das beste Mittel, um miteinander zu kommunizieren. Mit Musik kann man am besten in einen Dialog der Kulturen treten.

Beim Africa Festival sind Sie als Geschichtenerzähler Ibu Höhepunkt im täglichen Kinderprogramm. Was macht bei der Arbeit mit Kindern am meisten Spaß?

Ndiaye: Kinder sind unvoreingenommen, offen und sagen direkt, was sie von einem halten: "Du bist aber ganz schön schwarz" oder "Du bist aber lustig". Ich habe auch mal gehört, wie ein Kind zu seiner Mama gesagt hat: "Mama, warum heiratest Du eigentlich nicht den Ibu?" Ich unterhalte mich gerne mit Kindern und gebe ihnen etwas von meinem Zuhause, von meiner Identität mit. Mit meinen Geschichten möchte ich geographische, historische und Alltagsrealitäten vermitteln und damit auch Werte. Ich möchte ihnen eine bessere Vorstellung von Afrika geben.

"Ich möchte ihnen eine bessere Vorstellung von Afrika geben."
Ibrahima Ndiaye über seine Arbeit mit Kindern
Bleibt auch etwas Zeit, sich mal in Würzburg umzuschauen?

Ndiaye: Wenig, ich bin meistens auf dem Gelände. Ich treffe dort viele Menschen, die ich oft ein ganzes Jahr nicht gesehen habe, da sind wahre Freundschaften entstanden. Denn es kommen Menschen aus ganz Europa zu diesem Festival, darunter auch Leute aus dem Senegal, die jetzt in Europa leben.

Sie leben im Saarland, haben sich mit der dortigen Mentalität, dem Dialekt arrangiert. Was fällt Ihnen an den Franken auf?

Ndiaya: Die Aussprache des R, das die Franken genau wir in Afrika sehr stark rollen. Das fiel mir als erstes auf. Ansonsten erlebe ich die Menschen hier als offen und sehr angenehm.

Senegal war französische Kolonie, Französisch ist Amtssprache. Wie kommt ein junger Senegalese auf die Idee, Deutsch zu lernen und zu studieren? 

Ndiaye: Das war reiner Zufall. Ich war auf einer Kadettenschule und da wurde mir Deutsch als Fremdsprache zugeteilt. Meine Deutschlehrerin war eine Saarländerin. Schon die ersten deutschen Worte haben in mir etwas entfesselt und ich begann für die deutsche Sprache zu atmen. So habe ich Deutsch in Dakar und später in Saarbrücken studiert. 

Sie sind aus Liebe zur deutschen Sprache in das Land Goethes gezogen . . .

Ndiaye: (lacht) . . . ursprünglich wollte ich Goethe toppen . . .

Wie beurteilen Sie die sprachlichen Debatten um Begriffe und die Unsicherheit, wie man schwarze Mitmenschen nennen darf und wie nicht?

Ndiaye: Da muss man sehr vorsichtig sein. Jeder reagiert da etwas anders. Wichtig ist doch erst mal, wie man die Menschen anspricht. Nicht jeder Schwarze kommt aus Afrika. Aber ich kann fragen, woher er kommt. Es wäre doch gut, wenn die Menschen mehr auf uns zukommen würden. Zum Beispiel bei solchen Festivals wie dem Africa Festival. Dort kann man viele Afrikaner treffen und vor allem auch kennen lernen. 

Spielt Ihre Hautfarbe im Alltag eine Rolle?

Ndiaye: Ehrlich gesagt, nein. Ich hatte da noch nie Probleme. Das liegt vielleicht auch ein wenig daran, dass man mich im Saarland inzwischen kennt. Weil ich dort auftrete, in der Kulturszene aktiv bin und auch schon am Staatstheater oder beim "Tatort Saarbrücken" eine Rolle gespielt habe. Es liegt aber auch an den Saarländern, die im Umgang mit anderen Kulturen sehr offen und angenehm sind.  Toi, toi, toi, Rassismus oder unangenehme Situationen wegen meiner Hautfarbe habe ich noch nie erleben müssen.

Ist die Bezeichnung "Mohrenkopf" schon rassistisch oder der "Negerkönig" in Pipi Langstrumpf, der  jetzt "Südseekönig" heißt? 

Ndiaye: Man muss diese Begriffe immer in ihrem Kontext betrachten. Mohren wurden zunächst Menschen aus Mauretanien bezeichnet, die von Handelsreisenden fast wie Trophäen mit nach Europa gebracht wurden.  Das lateinische "maurus" steht schlicht für schwarz oder afrikanisch. Das altgriechische "moros" hingegen für töricht und dumm.  Diese Ambivalenz macht es problematisch. Und in der Kolonialzeit wurden diese Begriffe abwertend genutzt. Und weil es eben so zweischneidig ist, lässt man es besser und verzichtet auf diese Begriffe.

Ibrahima Ndiaye  erzählt die Geschichten aus seiner senegalesischen Heimat stets mit vollem Körpereinsatz. 
Foto: Patty Varasano | Ibrahima Ndiaye  erzählt die Geschichten aus seiner senegalesischen Heimat stets mit vollem Körpereinsatz. 
Sie sind im Saarland schon in einer Fernseh-Faschingssitzung aufgetreten - das Maximum an Integration, das man in Deutschland schaffen kann? 

Ndiaye: (lacht) Fasching ist urdeutsch. Dort eingeladen zu werden, sagt mir, dass ich mich integriert habe. Integration kommt für mich vom Wollen, die Menschen zu verstehen und dazu muss ich ihre Sprache sprechen, auch ihren Dialekt. Sie werden lachen, ich bin im Saarland angefragt worden, ob ich das Land beim Welttag der Mundart vertreten kann. Ich als maximal pigmentierter Senegalese. Natürlich habe ich zugesagt und war stolz wie Oskar. Ich sage immer, ich habe Deutschland gebucht und bin im Saarland gelandet. Und das ist besser als Goethe toppen zu wollen.

Was ist heute Ihre Heimat, der Senegal oder Deutschland? 

Ndiaye: Der Senegal ist meine Quelle, die mich inspiriert. Ich brauche diese Wurzeln. Ich besuche den Senegal regelmäßig wegen meiner Familie, aber auch um neue Ideen für meine Arbeit zu bekommen. Deutschland wurde zur zweiten Heimat oder besser: Senegal ist meine Seele, Deutschland mein Herz. 

 
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  • Albatros
    Herr Quack, schade dass sich die Hälfte Ihres Interviews mit Herrn Ndiaye mit der krampfhaften Suche nach rassistischen Erfahrungen beschäftigt. Ich hoffe Sie sind nicht allzu sehr enttäuscht, dass Ihre „Erwartungen“ seitens Herrn Ndiaye nicht erfüllt wurden; Hauptsache Sie haben wieder einmal das klassische MP-Genre bedient. @fleischmo hat es richtig beschrieben, es ist die gegenseitige Rücksicht und der Respekt der Menschen voreinander, welche Hautfarbe, Herkunft oder Religion völlig unwichtig macht.
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  • fquack
    Lieber Herr Albatros, wenn eine, großzügig interpretiert zwei von 13 Fragen sich um evt. negative Erfahrungen wegen seiner Hautfarbe, bzw. Rassismus drehen, frage ich mich schon, wo sie eine krampfhafte Suche nach einem „klassischen MP-Genre“ entdecken konnten. Vielleicht noch einmal genau und ohne Vorurteil lesen. Beste Grüße und ein schönes Pfingsten!
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  • Max Mustermann
    Der wichtigste Satz in diesem Interview: "Integration kommt vom Wollen, die Menschen zu verstehen. Dazu muss ich ihre Sprache sprechen.

    Dazu gehört auch sich mit den Werten und der Kultur auseinander zu setzen.

    Herr Ndiaye hat jegliche Hochachtung verdient und jeder, der hier leben möchte, sollte sich diesen Mann zum Vorbild nehmen.
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