Ibrahima Ndiaye ist das "Gesicht" des Würzburger Africa Festivals. Seit 25 Jahren ist er dabei, moderiert und tritt als Geschichtenerzähler Ibu im Kinderprogramm auf. Seit 1987 lebt und arbeitet der gebürtige Senegalese als Schauspieler, Kabarettist und Musiker in Saarbrücken. Für sein kulturelles Engagement wird der 61-Jährige an diesem Donnerstag beim "Panafest" in Esslingen mit dem "The Africa we want-Award" 2023 ausgezeichnet. Von Freitag bis Pfingstmontag ist er mit seinen Geschichten und musikalischen Einlagen dann wieder auf den Mainwiesen beim Würzburger Africa Festival zu erleben: täglich um 13.30 Uhr.
Vor dem ersten Auftritt ein Gespräch über Heimat, das gerollte R, Sprache - und die Offenheit von Kindern.
Ibrahima Ndiaye: Dieses Festival ist für mich ein Paradebeispiel für einen Schmelztiegel der Kulturen. Mich erinnert der ganze Platz immer an einen Palaverbaum. Das ist in der afrikanischen Tradition ein Baum mitten im Ort, unter dem man sich trifft, austauscht und friedlich und respektvoll miteinander umgeht. Wo jede Stimme gehört und respektiert wird.
Ndiaye: Nein, da sehe ich keinen Unterschied. Aber zum Africa Festival kommen viele Menschen, die ein wahres Interesse an Afrika haben. Sie interessieren sich für die Kulturen, die Zivilisationen und für die Musik. Wobei Musik die Sitten mildet.
Ndiaye: Ja, meines Erachtens ist Musik das beste Mittel, um miteinander zu kommunizieren. Mit Musik kann man am besten in einen Dialog der Kulturen treten.
Ndiaye: Kinder sind unvoreingenommen, offen und sagen direkt, was sie von einem halten: "Du bist aber ganz schön schwarz" oder "Du bist aber lustig". Ich habe auch mal gehört, wie ein Kind zu seiner Mama gesagt hat: "Mama, warum heiratest Du eigentlich nicht den Ibu?" Ich unterhalte mich gerne mit Kindern und gebe ihnen etwas von meinem Zuhause, von meiner Identität mit. Mit meinen Geschichten möchte ich geographische, historische und Alltagsrealitäten vermitteln und damit auch Werte. Ich möchte ihnen eine bessere Vorstellung von Afrika geben.
Ndiaye: Wenig, ich bin meistens auf dem Gelände. Ich treffe dort viele Menschen, die ich oft ein ganzes Jahr nicht gesehen habe, da sind wahre Freundschaften entstanden. Denn es kommen Menschen aus ganz Europa zu diesem Festival, darunter auch Leute aus dem Senegal, die jetzt in Europa leben.
Ndiaya: Die Aussprache des R, das die Franken genau wir in Afrika sehr stark rollen. Das fiel mir als erstes auf. Ansonsten erlebe ich die Menschen hier als offen und sehr angenehm.
Ndiaye: Das war reiner Zufall. Ich war auf einer Kadettenschule und da wurde mir Deutsch als Fremdsprache zugeteilt. Meine Deutschlehrerin war eine Saarländerin. Schon die ersten deutschen Worte haben in mir etwas entfesselt und ich begann für die deutsche Sprache zu atmen. So habe ich Deutsch in Dakar und später in Saarbrücken studiert.
Ndiaye: (lacht) . . . ursprünglich wollte ich Goethe toppen . . .
Ndiaye: Da muss man sehr vorsichtig sein. Jeder reagiert da etwas anders. Wichtig ist doch erst mal, wie man die Menschen anspricht. Nicht jeder Schwarze kommt aus Afrika. Aber ich kann fragen, woher er kommt. Es wäre doch gut, wenn die Menschen mehr auf uns zukommen würden. Zum Beispiel bei solchen Festivals wie dem Africa Festival. Dort kann man viele Afrikaner treffen und vor allem auch kennen lernen.
Ndiaye: Ehrlich gesagt, nein. Ich hatte da noch nie Probleme. Das liegt vielleicht auch ein wenig daran, dass man mich im Saarland inzwischen kennt. Weil ich dort auftrete, in der Kulturszene aktiv bin und auch schon am Staatstheater oder beim "Tatort Saarbrücken" eine Rolle gespielt habe. Es liegt aber auch an den Saarländern, die im Umgang mit anderen Kulturen sehr offen und angenehm sind. Toi, toi, toi, Rassismus oder unangenehme Situationen wegen meiner Hautfarbe habe ich noch nie erleben müssen.
Ndiaye: Man muss diese Begriffe immer in ihrem Kontext betrachten. Mohren wurden zunächst Menschen aus Mauretanien bezeichnet, die von Handelsreisenden fast wie Trophäen mit nach Europa gebracht wurden. Das lateinische "maurus" steht schlicht für schwarz oder afrikanisch. Das altgriechische "moros" hingegen für töricht und dumm. Diese Ambivalenz macht es problematisch. Und in der Kolonialzeit wurden diese Begriffe abwertend genutzt. Und weil es eben so zweischneidig ist, lässt man es besser und verzichtet auf diese Begriffe.
Ndiaye: (lacht) Fasching ist urdeutsch. Dort eingeladen zu werden, sagt mir, dass ich mich integriert habe. Integration kommt für mich vom Wollen, die Menschen zu verstehen und dazu muss ich ihre Sprache sprechen, auch ihren Dialekt. Sie werden lachen, ich bin im Saarland angefragt worden, ob ich das Land beim Welttag der Mundart vertreten kann. Ich als maximal pigmentierter Senegalese. Natürlich habe ich zugesagt und war stolz wie Oskar. Ich sage immer, ich habe Deutschland gebucht und bin im Saarland gelandet. Und das ist besser als Goethe toppen zu wollen.
Ndiaye: Der Senegal ist meine Quelle, die mich inspiriert. Ich brauche diese Wurzeln. Ich besuche den Senegal regelmäßig wegen meiner Familie, aber auch um neue Ideen für meine Arbeit zu bekommen. Deutschland wurde zur zweiten Heimat oder besser: Senegal ist meine Seele, Deutschland mein Herz.
Dazu gehört auch sich mit den Werten und der Kultur auseinander zu setzen.
Herr Ndiaye hat jegliche Hochachtung verdient und jeder, der hier leben möchte, sollte sich diesen Mann zum Vorbild nehmen.