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Würzburg
Das Duo Carolin No im Interview: "Es ist okay, wenn wir zueinander mal sagen: Das ist jetzt aber echter Scheiß!"
Ein Gespräch über das richtige Einräumen der Spülmaschine, das Leben als Ehe- und Künstlerpaar und den Mut, Musik zu machen, die Zeit zum Anhören braucht.
'Es würde uns als Band wahrscheinlich schon lange nicht mehr geben, wenn wir nicht verheiratet wären.' Carolin und Andi Obieglo im Gespräch.
Foto: Thomas Obermeier | "Es würde uns als Band wahrscheinlich schon lange nicht mehr geben, wenn wir nicht verheiratet wären." Carolin und Andi Obieglo im Gespräch.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 12.12.2024 02:34 Uhr

Das Singer-Songwriter-Duo Carolin No ist Würzburgs erfolgreichster Popact. Das Ehepaar Carolin und Andi Obieglo hat den Corona-Schock abgeschüttelt und ist nun mit neuem Album und neuer Tour wieder da. Der Titel "On On" ist entstanden, weil das Cover des Vorgängeralbums "No No", dessen Tour wegen der Pandemie ins Wasser fiel, zufällig verkehrt herum auf dem Tisch lag. So wurde aus einer Verneinung ein Aufbruch - musikalisch bunter und textlich tiefer als alles Bisherige. Die CD ist raus, die Tour läuft, am 24. Januar erscheint die LP. Anfang Februar spielen die beiden vier Konzerte an zwei Tagen in der Würzburger Theaterhalle am Dom: am 1. Februar um 16 und 20 Uhr, am 2. Februar um 15 und 19 Uhr.

Carolin No auf der Bühne - hier beim Schweinfurter Kultursommer 2021.
Foto: Martina Müller | Carolin No auf der Bühne - hier beim Schweinfurter Kultursommer 2021.
Frage: Erstmal eine private Frage: Ich kenne Paare, die halten es noch nicht mal zusammen in der Küche aus. Ihr seid privat wie künstlerisch ein Paar und macht praktisch alles zusammen. Wie geht das?

Carolin Obieglo: Genau über den Punkt habe ich vorher beim Ausräumen der Spülmaschine nachgedacht. Und habe überlegt, dass es uns als Band wahrscheinlich schon lange nicht mehr geben würde, wenn wir nicht verheiratet wären. Wenn es nicht so stark unser gemeinsamer Traum wäre, genau so unser Leben zu leben und unser Geld zu verdienen. Uns gibt's jetzt seit bald 20 Jahren als Band, und es war kein einfacher Weg bis hierher. Wir kennen viele, die viel schneller erfolgreich waren als wir, die es aber schon nicht mehr gibt.

Andi Obieglo: Wahrscheinlich gäbe es wirklich Schwierigkeiten, wenn wir zu lange zusammen in der Küche stehen würden. Wir haben allerdings auch keine so große Küche.

"Die meisten Songs hätten wir vor zehn oder 15 Jahren nicht schreiben können."
Andi Obieglo
Es heißt ja, in jeder Ehe gibt es einen, der die Spülmaschine einräumt wie ein schwedischer Architekt, und der andere wie ein Eichhörnchen auf Speed.

Andi Obieglo: Niemand kann das besser als Caro. Die nutzt auch noch den kleinsten Winkel.

Carolin Obieglo: Die Motivation ist klar - wenn ich nicht alles unterbringe, muss ich's mit der Hand spülen. Aber zurück zur Eingangsfrage: Es ist eigentlich genau umgekehrt. Wir tauschen uns jeden Tag permanent über alles aus, was passiert. Und wenn das nicht möglich ist, weil wir uns wegen irgendwelcher Erledigungen aufteilen müssen, dann fehlt uns das sofort. Schließlich haben wir ja auch eine Firma.

Andi Obieglo: Ich sehe es als Glücksfall, dass wir uns gefunden haben. 

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Wie habt ihr euch denn gefunden?

Andi Obieglo: Ganz unspektakulär. Wir haben gemeinsam hier in Würzburg in der Jazzabteilung der Musikhochschule studiert. Und die ist ziemlich überschaubar. Ich war jedenfalls sofort begeistert, als ich Caro gesehen habe. Und dann erst recht, als ich sie singen hörte.

In 20 Jahren könnte es ja durchaus sein, dass sich künstlerische Wege trennen. Müsst ihr euch da immer wieder zusammenraufen?

Andi Obieglo: Wir sind ja Grenzgänger - zwischen Liedermacher, Pop und manchmal vielleicht fast Klassik. Was das Ganze frisch hält, ist unser gemeinsames Interesse für neue Instrumente und Stilistiken. Das hat nie aufgehört. Aber grundsätzlich gilt: Wir müssen beide immer hundertprozentig einverstanden sein. Wenn einer eine Idee vorstellt, und der andere reagiert skeptisch, dann merkt man selbst, irgendwas stimmt noch nicht ganz.

Carolin Obieglo: Wenn ich mit jemand anders arbeiten würde, den ich weniger gut kenne, dann müsste ich Kritik ganz anders formulieren. So aber ist es okay, wenn wir zueinander mal sagen: "Das ist jetzt aber echter Scheiß!"

'Man muss erst gewisse Dinge im Leben durchmachen, bevor man darüber schreiben kann.' Carolin und Andi Obieglo im Gespräch.
Foto: Thomas Obermeier | "Man muss erst gewisse Dinge im Leben durchmachen, bevor man darüber schreiben kann." Carolin und Andi Obieglo im Gespräch.
Das neue Album beschäftigt sich mit existenziellen Fragen bis hin zu der, was nach dem Tod kommt. Euer nachdenklichstes Album bisher?

Carolin Obieglo: Der Andi benennt es anders. Bei Konzerten sagt er immer, es sei ein Album, bei dem es ganz viel um die Reise geht. Die Reise nach Italien oder eben die Reise durchs Leben. Und dann auch die Reise nach dem irdischen Dasein.

Andi Obieglo: Die meisten Songs hätten wir vor zehn oder 15 Jahren nicht schreiben können. Nicht so sehr fachlich, sondern emotional und wegen der Lebenserfahrung. Man muss erst gewisse Dinge im Leben durchmachen, bevor man darüber schreiben kann. Und je älter man wird, desto mehr setzt man sich mit den existenziellen Dingen auseinander. Aber ein Silberstreif soll trotzdem immer noch durchscheinen.

"Ich finde, man kann durch alles gehen, wenn am Ende noch Hoffnung da ist."
Carolin Obieglo
Mein Eindruck ist, dass das Album viel Trost spendet - allein schon durch die Schönheit der Musik.

Carolin Obieglo: Ich finde es schön, dass du das sagst. Wir machen ja viele Konzertlesungen mit dem Autor Rainer Oberthür. Bei ihm kommt der wichtige Satz vor: "Der Mensch braucht die Hoffnung zum Leben." Ich finde, man kann durch alles gehen, wenn am Ende noch Hoffnung da ist. Und wenn du das Album hörst, und es bleibt eine Art Trost zurück, dann freut mich das.

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"On On" wirkt wie durchkomponiert. Mutig in Zeiten, in denen sich die Leute Playlists von Algorithmen zusammenstellen lassen, und Musiker nur ein paar Sekunden haben, um Aufmerksamkeit für einen Song zu bekommen.

Andi Obieglo: Das stimmt, kein Mensch macht heute mehr ein Album. Die meisten machen eine Single nach der anderen. Es ist einfach nicht richtig, dass man sich auf die Schnelle durch alles durchklicken kann. Das wäre, als würde man sich bei einem Film immer nur die Lieblingsszenen anschauen und nie das Ganze erfassen. Wir aber wollen eine Geschichte erzählen, ein bisschen wie in einem kleinen Roman. Das ist doch viel reizvoller. Das Album ist musikalisch und konzeptionell durchdacht, und die beste Erfahrung würde man bekommen, wenn man es von vorne bis hinten durchhört.

Aber dass ihr das so machen könnt, ist ja auch ein Zeichen von Freiheit.

Andi Obieglo: Absolut. Andere müssen auf ihre Produzenten hören. Unsere Produzenten sind wir selbst. Und wahrscheinlich die Zeit: Wir können ein neues Stück mal zwei Monate liegenlassen und dann relativ frisch neu anhören. Das klärt einiges.

Karten für die Konzerte und Bestellungen von CD und LP unter www.carolin.no - Vorverkauf auch direkt in der Theaterhalle am Dom,  Fr. bis So. 14-15.30 Uhr (nur Barzahlung).

 
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