
Anfang des Jahres grätschte eine bis dato weithin unbekannte Regelung in die städtebaulichen Planungen der Stadt Ochsenfurt: Die Seveso-III-Richtlinie des Europäischen Parlaments brachte alle Pläne zur Entwicklung der Ochsenfurter Weststadt von jetzt auf nachher zum Stehen. Denn in diesem Areal, in dem auch Investor Joachim Beck sein Hotel mit Stadthalle errichten will, arbeitet seit vielen Jahren unbeanstandet ein chemischer Betrieb. Allein das Vorhandensein des Betriebes vereitelt in dessen unmittelbarer Umgebung die Ansiedelung von Wohnbebauung oder auch die Genehmigung von Festivitäten. Da der Festplatz der Stadt im gleichen Gebiet liegt, sind auch alle dort stattfindenden Veranstaltungen von der Richtlinie betroffen.
Dazu zählt das traditionsreiche Bratwurstfest, das alljährlich um die Pfingstzeit auf dem Festplatz stattfindet. Ab 2019 allerdings nicht mehr. "In diesem Jahr habe ich es noch auf meine Kappe genommen, weil alles schon geplant war", erklärt Bürgermeister Peter Juks, warum sowohl das Bratwurstfest als auch die erste Ochsenfurter Hundemesse 2018 auf dem Festplatz noch genehmigt worden waren. Ein weiteres Mal will der Bürgermeister seine Unterschrift aber auf keinen Fall unter eine solche Genehmigung setzen. Für den Volkstrachtenverein, der das Bratwurstfest veranstaltet, heißt das, sich mit einer völlig neuen Situation auseinandersetzen zu müssen. Denn das Fest soll 2019 auf dem Parkplatz am Mainufer stattfinden.
Der Verein wartet auf schriftliche Bestätigung
Rosi Brauner, die Vorsitzende des Volkstrachtenvereins, war zunächst verunsichert. "Seit August wissen wir, dass wir auf dem Festplatz nicht mehr sein dürfen", sagt sie. Die Stadt habe dem Verein aber mitgeteilt, dass der Parkplatz als Veranstaltungsort in Frage komme. Mehrere Gespräche zwischen Stadt und Verein hätten inzwischen stattgefunden und seien positiv verlaufen, sagt Juks. Grundsätzlich sieht Rosi Brauner das ganz ähnlich, wartet aber ungeduldig auf eine schriftliche Bestätigung. "Letztes Jahr um die gleiche Zeit hatte ich schon alles unter Dach und Fach und die Musik gebucht, heuer hänge ich noch in der Luft", sagt sie. Sie möchte keine Kapelle verpflichten, wenn theoretisch die Gefahr besteht, dass aus dem Fest doch nichts wird.

Peter Juks ist überzeugt davon, dass dem 57. Bratwurstfest am neuen Standort nichts mehr im Wege steht. "Technisch klappt alles", sagt er. "Wasser, Strom und Kanal sind vorhanden, die Stadt würde da auch helfen. Ich selbst sowie die Verwaltung und der Bauhof stehen komplett dahinter." Auch die Sperrung des Parkplatzes und der Mainuferstraße für etwa zwei Wochen sei kein Problem. Abgesehen von der technischen Hilfe durch den Bauhof möchte der Bürgermeister dem Verein künftig einen regelmäßigen finanziellen Zuschuss zukommen lassen, wie ihn auch andere Vereine für ihre Veranstaltungen erhalten. Dieses will er dem Finanzausschuss vorschlagen, der das nächste Mal am 8. November tagt. Der Ausschuss soll das Thema Bratwurstfest als Gesamtpaket behandeln, so dass Rosi Brauner dann auch die von ihr gewünschte schriftliche Bestätigung erhielte.
300 Sitzplätze weniger im Festzelt
Komplett neu ist der Standort auf dem Parkplatz übrigens nicht. Schon vor rund 40 Jahren habe das Bratwurstfest dort stattgefunden, sagt Rosi Brauner. Die alten Löcher für die Verankerung des Zeltes seien dort noch immer zu sehen. Und Juks sagt: "Das Bratwurstfest kehrt zu seinen Wurzeln zurück." A propos Löcher: Die Verankerungen von vor 40 Jahren sind noch immer zu sehen. Dennoch müssen neue gemacht werden, denn die Nägel, die das Zelt halten, sind laut Rosi Brauner 60 Zentimeter lang. Das Zelt selbst, sagt Brauner, muss am neuen Standort etwas kleiner werden. "Es sind rund 300 Sitzplätze weniger", so die Vorsitzende, die das aber nicht dramatisch findet. Die Schausteller mit ihren Geschäften würden auf dem zum Main hin gelegenen Teil des Parkplatzes unterkommen.
Die Autofahrer müssten für die Zeit des Bratwurstfestes plus Auf- und Abbau mit dem Zelt den Platz tauschen: Sie können den eigentlichen Festplatz zum Parken nutzen. Ob das Bratwurstfest auf Dauer umzieht, hängt von der Entwicklung in der Weststadt ab. Die Stadt Ochsenfurt bemüht sich, eine Umsiedelung des Betriebes ins Industriegebiet St. Wolfgang zu ermöglichen. Dazu bedarf es freilich der Zustimmung des Bestandsschutz genießenden Betriebes. Und erheblicher finanzieller Unterstützung, die nach Vorstellung des Bürgermeisters von staatlicher Seite kommen soll. Juks ist nach wie vor zuversichtlich, dass sich die Situation in der Weststadt entschärfen wird.